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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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–«
    Ich griff nach ihrem Handgelenk. »Ach, wissen Sie, es ist doch egal!«
    »Das ist es nicht!«
    Ich schüttelte bloß den Kopf.
    Sie hatten das Armband aus Gagat mitgenommen, das Helena Sosia geschenkt hatte und Sosia mir.

XXXIX
    Der Senator beschloß, am Abend in den Palast zu gehen. Er wollte berichten, was wir in Erfahrung gebracht hatten, nicht zuletzt auch, daß wir Domitian verdächtigten, an der Sache beteiligt zu sein. Für mich gab es nichts zu tun, bis weitere Anweisungen kamen; aber dagegen hatte ich nichts.
    Sie boten mir ein Abendessen und eine Nacht in einem Federbett an, aber ich ging lieber nach Hause. Aus mehreren Gründen wollte ich allein sein.
    Die Wäscherei war geschlossen, also verschob ich die Begrüßung Lenias auf den nächsten Tag. Sechs Treppen sind ein unerfreuliches Hindernis für jemanden, der von einer langen Reise erschöpft nach Hause kommt. Während ich mich nach oben schleppte, beschloß ich, umzuziehen. Als ich meine Wohnung erreicht hatte, packte mich der Eigensinn, und ich beschloß, zu bleiben.
    Nichts hatte sich verändert. Das auf den Balkon hinausgehende Zimmer war so groß, daß sich ein Hund noch gerade darin umdrehen konnte, wenn er ein kleiner Hund war und den Schwanz einzog. Ein wackliger Tisch, eine schiefe Bank, ein Wandbrett mit Töpfen, die Feuerstelle aus Ziegelsteinen, der Bratrost, die Weinkrüge (schmutzig), der Müllkorb (überquellend) …
    Aber mein Tisch stand an der falschen Stelle. Die Ziegel der Kochstelle waren rußgeschwärzt. Irgendein herzloser Mistkerl ließ in einem Käfig einen Spatzen verhungern: jemand hatte sich in meiner Wohnung einquartiert.
    Zuerst roch ich ihn. In der Luft waberte der saure Geruch von getragenen und seit einem Monat nicht gewaschenen Wolltuniken. Drüben lag ein schmuddeliges scharlachrotes Gewand, das ich nicht wiedererkannte, und die Pantoffeln begrüßten mich mit ihrer Duftwolke schon, als ich noch auf der anderen Seite des Zimmers stand. Obwohl Decimus ihm alles bezahlte, hatte der geschäftstüchtige Smaractus während meiner Abwesenheit einen Glühweinkellner, dem die verschiedensten Körpergerüche anhafteten, als Untermieter in mein Büro einziehen lassen.
    Er war nicht da. Das freute mich für ihn.
    Ich schaffte seinen Krempel auf den Balkon, beförderte die Pantoffel mit einem Fußtritt auf den Treppenabsatz vor der Wohnungstür, fütterte den Spatzen und rückte meinen Kram wieder so zurecht, wie es mir paßte. Ich aß die Anchovis-Eier, die er in meiner Lieblingsschüssel zurückgelassen hatte; sie schmeckten, als wären sie drei Tage alt. Als er dann aufkreuzte, stellte sich heraus, daß er fettiges Haar, schlechte Zähne und die Angewohnheit hatte, jedesmal einen fahren zu lassen, wenn er sich erschreckte, das heißt, jedesmal, wenn ich ihm einen Blick zuwarf, also ziemlich oft. Er gehörte nämlich zu jener Sorte, die man besser nicht aus den Augen läßt.
    Ich erklärte diesem anrüchigen Burschen, alles, was er Smaractus zahle, habe er in Zukunft bei mir abzuliefern, dann könnte er draußen unter den Sternen schlafen, bis er ein anderes Zimmer gefunden hatte – anderenfalls würde ich ihn sofort hinauswerfen. Er entschied sich für den Balkon.
    »Sie haben meine Eier gegessen!«
    »So ein Pech!« sagte ich mit finsterer Miene. Er brauchte nicht zu wissen, daß ich nur deshalb so finster dreinblickte, weil mich dieser Ausdruck an jemand anderen erinnerte.
    Ich will nicht sagen, daß sie mir fehlte. Schlecht gelaunte Frauen, die ihr Leben für eine Tragödie halten, bekommt man dort, wo ich wohne, im Dutzend billiger. Was mir fehlte, war das solide Gefühl, Geld zu verdienen, indem ich ihr einfach Gesellschaft leistete. Mir fehlte die Verantwortung für einen anderen Menschen. Mir fehlte sogar die Aufregung, die mich jedesmal packte, wenn ich mir überlegte, womit mich dieses aufsässige Mädchen als nächstes ärgern würde.
     
    Neuigkeiten sprachen sich auf dem Aventin noch immer schnell herum. Petronius Longus polterte schon eine gute Stunde früher als erwartet herein; seine massive Erscheinung und sein verhaltenes Grinsen waren mir angenehm vertraut. Aber er hatte sich einen Bart stehenlassen, und das sah scheußlich aus. Ich sagte es ihm; er sagte nichts. Aber ich wußte, wenn ich ihn das nächste Mal sah, würde er rasiert sein.
    Der Glühweinkellner hatte meinen Weinkeller entdeckt und leergetrunken (obwohl er das selbstverständlich abstritt, Lügen ist nämlich das, was Glühweinkellner

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