Silberschweine
traten Marcia und ich Hand in Hand auf den Balkon. Wir machten einen großen Schritt über den Glühweinkellner, der in einem Lendenschurz auf einer Strohmatte schnarchte, und warteten in seinem Mief, bis Helena Justina unten auf der Straße erschien. Wir schauten zu, wie sie in ihre Sänfte stieg. Sie sah nicht hinauf. Das fand ich schade.
»So eine liebe Dame!« erklärte Marcia, die sonst eher eine Vorliebe für Männer hatte. (Ich bestärkte sie darin, denn wenn sie mit drei Jahren Männer mochte, würde sie mit dreizehn wahrscheinlich darüber hinweg sein, und ich brauchte mir dann weniger Sorgen zu machen.)
»Zu mir war diese Dame noch nie lieb!« brummte ich.
Marcia sah mich von der Seite an und wirkte merkwürdig erwachsen, als sie sagte: » Ach, Didius Falco, stell dich doch nicht so an! «
Anschließend machte auch ich Pertinax einen Besuch. Alles, was ich Helena gesagt hatte, stimmte; es war dumm, hinzugehen. Zum Glück war dieser Flegel noch immer nicht zu Hause.
XLI
Wie es der Zufall wollte, traf ich gegen Abend Petro. Er stieß einen Pfiff aus und musterte mich freundlich.
»He! Wohin des Wegs, Blender?«
Anläßlich des Essens mit dem Beherrscher der zivilisierten Welt hatte ich meine beste Tunika angezogen, die die Wäscherin so kräftig durchgewalkt hatte, daß die alten Weinflecken fast verschwunden waren. Ich trug Sandalen (gewichst), einen neuen Gürtel (übelriechend) und den Siegelring aus Obsidian meines Großonkels Scaro. Den Nachmittag hatte ich im Bad und beim Barbier verbracht, und zwar nicht nur, um Neuigkeiten auszutauschen (wenngleich ich auch das getan hatte, und zwar so lange, bis mir der Schädel brummte). Ich hatte mir das Haar schneiden lassen und fühlte mich nun unbeschwert wie ein Lamm. Petronius sog die ungewohnten Gerüche von Badeöl, Rasierwasser, Hautcreme und Haarpomade ein, von denen umgeben ich meine duftende Bahn zog, schob dann mit spitzen Fingern zwei Falten der Toga an meiner linken Schulter einen halben Zentimeter weiter hinauf, als wollte er die modische Wirkung verbessern. Diese Toga hatte früher einmal meinem Bruder gehört, der sich als guter Soldat immer nur das Beste gönnte, gleichgültig, ob er es brauchen konnte oder nicht. Ich schwitzte unter der Last der Wolle und meiner Verlegenheit.
Damit mein skeptischer Kumpel nur ja keine falschen Schlüsse zog, sagte ich: »Ich verfrachte nachher eine runzlige alte Essiggurke zu einer Party in den Palast.«
Er machte ein bestürztes Gesicht. »Nachtarbeit? Paß bloß auf, mein Lieber! Ein gutaussehender Junge wie du kann da leicht in Schwierigkeiten kommen!«
Ich hatte keine Zeit für Debatten. Ich hatte mich lange beim Barbier aufgehalten, ich war schon zu spät.
Der Türsteher im Haus von Camillus weigerte sich, mich zu erkennen; ich mußte fast handgreiflich werden und dabei meine gute Laune ebenso aufs Spiel setzen wie meinen schicken Anzug. Der Senator und Julia Justa waren schon vorausgegangen. Aber Helena hatte zum Glück im Vestibül auf mich gewartet und kam nun, als sie den Lärm an der Tür hörte, nach draußen. Sie saß bereits in ihrer Sänfte, sah aus dem Fenster und musterte mich von oben bis unten. Ich hingegen hatte erst, als wir den Palatin erreichten, wirklich Gelegenheit, sie in Augenschein zu nehmen – und war einigermaßen schockiert.
Irgendwie kommt Geld immer zum Vorschein. Sobald ich ihr – in ihrem damenhaften Überwurf, den züchtigen Schleier von Ohr zu Ohr gespannt – aus der Sänfte geholfen hatte, stieg in mir jenes unbehagliche Gefühl hoch, das einen befällt, wenn sich jemand, den man gut kennt, so schick angezogen hat, daß er wie ein Fremder wirkt. Als sie dann ihre Umhüllung abgelegt hatte, stellte ich fest, daß die schändlichen Dienstmädchen ihrer Mutter mit der Tochter des Hauses so ungefähr alles angestellt hatten, was Dienstmädchen anstellen können. Zuerst waren sie ihr mit Schabern und Augenbrauenpinzetten, Brennschere und Ohrenstäbchen zu Leibe gerückt, anschließend hatten sie sie den ganzen Nachmittag unter einer mehligen Gesichtsmaske gären lassen, aber erst, nachdem sie ihr mit fein auf die Wangenknochen getupftem rotem Ocker und einem glimmernden Anflug von Antimon über den Augen den Rest gegeben hatten, war Helena Justina ihrer Meinung nach einigermaßen vorzeigbar. Ich teilte diese Meinung. Sie wirkte sogar glanzvoll – von dem golden schimmernden Filigrandiadem auf dem aufwendig frisierten Haar bis hinab zu den mit Glasperlen besetzten
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