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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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das meine Sache, deshalb sagte ich nur: »Nein.«
    Es klang grob, selbst für meine Verhältnisse, also ließ ich mich zu einer Erläuterung herab: »Meine Nichte.« Marcia war das Kind, von dem mein Bruder Festus nie erfahren hatte.
    »Sie ist so schwierig, weil Sie sie verwöhnen«, meinte Helena.
    Ich erwiderte, irgend jemand müsse es schließlich tun; damit war sie anscheinend einverstanden.
    Marcia begann, Helenas Ohrringe zu untersuchen, die aus blauen Glasperlen an goldenen Kettengliedern bestanden. Wenn sie die Perlen abriß, würde sie sie verspeist haben, bevor ich über den Tisch langen und sie ihr abnehmen konnte. Aber zum Glück waren die Ohrringe anscheinend gut verlötet und an Helenas zierlichen Ohren befestigt. Ich hätte mich selbst gern diesen Ohren gewidmet, die offensichtlich vor allem eines wollten: angeknabbert werden. Helena sah mich an, als hätte sie meinen Gedanken erraten. »Was kann ich für sie tun?« fragte ich steif.
    »Falco, meine Eltern speisen heute abend im Palast; auch Sie werden dort erwartet.«
    »An einem Tisch mit Vespasian?« Ich war entrüstet. »Auf keinen Fall! Ich bin Republikaner!«
    »Ach, Didius Falco, stellen Sie sich doch nicht so an!«
    Marcia hörte auf, Spuckeblasen zu fabrizieren.
    »Sitz still!« befahl ich, als sie ausgelassen herumzuzappeln begann; dieses Kind war so schwer und plump wie ein Kalb. »Hören Sie, geben Sie sie mir bitte zurück; ich kann nicht mit Ihnen reden, wenn ich die ganze Zeit befürchten muß –«
    Helena nahm sie, setzte sie aufrecht hin, wischte ihr noch einmal den Mund ab (wobei sie wortlos das richtige Tuch benutzte, das ich für diesen Zweck bereithielt), brachte ihre Ohrringe in Ordnung und beschäftigte sich weiter mit mir. »Marcia stört mich nicht. Außerdem gibt es nichts zu reden; Sie reden viel zuviel, Falco.«
    »Mein Vater ist Auktionator.«
    »Das glaube ich! Hören Sie doch einfach auf, sich Sorgen zu machen.« Ich schloß meine Lippen zu einem erbitterten Strich. Einen Moment lang schien es, als hätte sie tatsächlich alles gesagt. Doch dann gestand sie: »Falco, ich habe versucht, Pertinax zu treffen.« Ich sagte nichts, denn wenn ich etwas gesagt hätte, wäre es für ihre ehrbaren, muschelgleichen Ohren nicht geeignet gewesen. Mich quälte das Schreckbild eines anderen Mädchens in Weiß, das regungslos vor mir auf der Erde lag.
    »Ich bin zu ihm gegangen. Ich wollte ihn zur Rede stellen. Er war nicht zu Hause –«
    »Helena –«, protestierte ich.
    »Ich weiß; ich hätte es nicht tun sollen«, murmelte sie.
    »Verehrteste, gehen Sie niemals allein zu einem Mann, um ihm mitzuteilen, er sei ein Verbrecher! Er weiß, daß er einer ist. Und Ihnen beweist er es vielleicht, indem er mit der erstbesten Waffe auf Sie losgeht. Haben Sie jemandem gesagt, wohin Sie gehen wollten?«
    »Er war doch mein Mann; ich hatte keine Angst –«
    »Die hätten Sie aber haben sollen!«
    Plötzlich verlor Helenas Stimme ihre Härte: »Und jetzt haben Sie Angst um mich! Wirklich, es tut mir leid.« Ein Schauer durchfuhr mich. »Eigentlich wollte ich Sie mitnehmen –«, setzte sie hinzu.
    »Ich wäre gekommen.«
    »Aber ich hätte erst fragen müssen, wie?« stichelte sie.
    »Wenn ich Sie in dieser Art von Ärger sehe, brauchen Sie nicht erst zu fragen.«
    Sie machte große Augen und sah mich bestürzt an.
    Ich trank meine Milch.
    Langsam beruhigte ich mich wieder. Marcia schmiegte ihren Wuschelkopf an Helenas hübschen Busen und beobachtete uns. Ich beobachtete das Kind – oder tat jedenfalls so –, während Helena mit schmeichelnder Stimme fragte: »Kommen Sie heute abend? Ein kostenloses Abendessen, Falco! Einer Ihrer Auftraggeber ist aus dem Ausland angereist, um Sie kennenzulernen. Sie sind doch viel zu neugierig, diese Gelegenheit verstreichen zu lassen.«
    »Wieso der Plural bei Auftraggeber?«
    Sie sagte, es seien zwei – möglicherweise auch drei, aber das sei unwahrscheinlich. Ich wollte andeuten, daß zwei Auftraggeber ja auch doppeltes Honorar bedeuten könnte, aber sie entgegnete: »Ihr Honorar haben Sie mit meinem Vater vereinbart! Ziehen Sie eine Toga an, und bringen Sie Ihre Serviette mit. Vielleicht überlegen Sie auch mal, ob Sie sich vorher noch eine Rasur leisten. Und bitte, Falco, versuchen Sie nicht, mich in Verlegenheit zu bringen …«
    »Nicht nötig, Verehrteste – dafür sorgen Sie schon selbst. Und jetzt geben Sie mir meine Nichte zurück!« zischte ich und bekam sie endlich.
    Als sie gegangen war,

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