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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Titel. Und womit anfangen? Sieh mal: Die da hieß Elementa, aber das waren, darauf hätte sie gewettet, ganz sicher nicht Euklids
»Elemente« der Geometrie … Also tat sie die anderen Rollen in den Behälter
zurück und band den wieder an seinen Platz: Diese Anlage war ja voll mit
Sklaven, ihren eigenen wie denen von Ptolemäus – Augen und Ohren überall. Wenn
sie erst ihre Bleibe hätten, näher an der Bibliothek und weiter vom Palast weg,
konnte sie ja eine passende »Fehlgeburt« haben.
     
    Archimedes ging am Abend zur Tafel in
der Halle des Königs. Seine Gefährten blieben im Gästehaus und aßen einfachere
Kost, aber auch ohne besondere Zeremonien.
    »Das solltest
du wohl besser nicht lesen«, sagte Demetrios, als er den Schlegel einer
gebratenen Ente abnagte.
    »Und warum
nicht?«, versetzte Cynthia. »Hör, hier wird es mir ausdrücklich gestattet:
›Feuer machen. Dieser Zauber ist so einfach, dass auch Frauen ihn erlernen
können.‹ Danke dir, du alter Magier, dass du solches Vertrauen in mich hast.
Aber er hat Recht: Es sind nur drei Wörter.« Sie sprach sie und wies auf den
Docht einer auf dem Tisch stehenden Lampe. Und der entzündete sich ganz gehorsam.
Da sprang Demetrios auf und trank schnell einen Schluck Wein, um nicht an
seinem Entenfleisch zu ersticken.
    »Hier ist ein
anderer: Zwei Wörter, über einem Getränk oder Gericht gesprochen, machen jedes
Gift darin wirkungslos. Den sollten wir Archimedes lehren, wo er jetzt die Nähe
von Königen und Prinzen sucht!«, fuhr Cynthia fort, trank von dem Wein in ihrem
Glas, sprach den Spruch, nippte wieder daran – offenbar kein Unterschied. Auch
gut. Oder umso besser …
    Am Morgen
darauf wählte sie für den Wickel gedörrte Kräuter aus, beauftragte jemanden,
sich um Palamedes zu kümmern, und verstaute die Schriftrollen wieder in dem
Schildpattpanzer. Als sie nun aus ihrem Zimmer trat, traf sie auf Archimedes,
der, nach einer langen Nacht drüben in der Königshalle, eben erst aufgestanden
war.
    »Guten Morgen!
Du gehst aus? Zum Isistempel, vielleicht?«
    »Oh, hast du
den auch schon bemerkt?«
    »Was bemerkt?«
Da drehte er sich gähnend zum Frühstückstisch um. Cynthia öffnete den Mund,
schloss ihn gleich wieder, warf sich ihre Stola über Kopf und Schultern und
machte sich auf den Weg: durch Garten und Gänge, Treppen hinab, durch Tore, zum
Palast hinaus.
    Der Wächter am
äußersten Tor beschrieb ihr dann den Weg zum Judenviertel, das »Delta« hieß,
und da beschrieb man ihr den zu Ezras Haus in der Webergasse: das fünfte vom
Brunnen … das mit dem bronzenen Türklopfer …
    Es war ein
angenehmes Viertel, nicht prunkend vor Reichtum, aber gepflegt, sauber. Bis auf
die Türpfosten. Diese Flecken da, an dem, und dem und dem. Auch hier an Ezras Tür,
wo sie mit dem Bronzeklopfer anschlug – Pfosten und Türsturz waren mit
dunkelbraunen Spritzern übersät …
    Zeus! Das war
getrocknetes Blut!
    Aber in diesem
Moment ging die Tür auf, und feiner von Ezras Söhnen führte sie an sein Lager.
Sie legte an der Prellung einen neuen Verband an. Die Verletzung war nicht
schlimmer und nicht besser, als man erwarten konnte. Ezra befragte sie über
ihre Reisen und sie ihn über die Bräuche seines Volkes, und bald unterhielten
sie sich schon wie alte Freunde.
    »… es ist das
Blut des Passahlammes, mit dem wir im Frühjahr unsere Häuser kennzeichnen … Es
hat seither nicht sehr viel geregnet, nicht wahr. Vor langer Zeit, als wir
Sklaven in Ägypten waren, da sandte Gott einen Fluch über die Erstgeborenen in
jedem ägyptischen Haus, ausgenommen die unsrigen, wo wir das Passahmahl aßen
und die Türen markierten, und so tun wir bis auf den heutigen Tag.«
    »Und doch seid
ihr wieder in Ägypten!«
    »Ja …« –
beredtes Achselzucken – »aber zu unserem Vorteil.«
    »… der Ring
der Arethusa schützte mich vor Tinnits Fluch. Meinen Mann aber traf er, dass er
im Meer ertrank …«
    »Oh, ja. Nein,
weine nur, deine Tränen bezeugen seinen Wert. Höre: Die Seelen der Gerechten
sind in Gottes Hand, die Qualen des Todes berühren sie nicht mehr. Sie sind
scheinbar gestorben, in den Augen derer, die es nicht besser wussten, und als
sie aus der Welt schieden, schienen sie vernichtet und vergangen. Doch sie
ruhen jetzt in Frieden.«
    »Aber gilt das
für alle? Oder nur für die aus deinem Volk?«
    »Ich bin
überzeugt«, sagte er, »dass Gott all seine Gerechten kennt und nicht einen von
ihnen untergehen lässt.« Eine kurze Pause. »Aber ich weiß

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