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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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erschienen,
einfach aus dem Nichts, wie auf den Fleck gezaubert.
    »Arggg«,
keuchte er nun.
    Hoffentlich
ist das Trollunterhaltungston, dachte Shale. Ihr Schwert wäre gegen seine harte
Trollschwarte ja nutzlos. Sie machte kurz eine Bestandsaufnahme ihrer sonstigen
Ausrüstung – ein Paar abgewetzte Stiefel, lederne Reithosen, Lederwams,
bronzene Armschützer …
    Hmm. Sie warf
einen Blick auf ihre dicken erzenen Armbänder. Trolle waren ja bekanntlich ganz
wild auf goldenen Tand. Und sie waren bekanntlich auch recht dumm, und das
Mondlicht war –Vollmond hin, Vollmond her – nicht eben blendend hell! Sie
streifte einen ihrer Armschützer ab, schwenkte ihn einladend vor ihm. »Troll
mag schönes Gold? Wunderschön. Siehst du?«
    Und er nahm
sich mit einem Prankenhieb das dargebotene Band, hielt es über seinen Kopf,
musterte, begutachtete es kurz, schniefte dann verächtlich und schleuderte das
Ding in hohem Bogen den Hang hinab in Richtung Wald. Nicht misszuverstehen,
das, dachte sie, und gar nicht so dumm, der Kerl, wenigstens in puncto Bronze
oder Gold.
    Eher Instinkt
als Schläue lenkte nun ihren nächsten Zug: Sie ließ sich fallen, den Hang
hinabrollen. Der war nicht steil, doch steil genug für ihre Zwecke. Drunten
angelangt, sprang sie auf und rannte los und versuchte, die polternden Schritt
in ihrem Rücken zu ignorieren. Zuvor, bei der Erkundung der Örtlichkeit, hatte
sie eine schmale Spalte entdeckt, die in den Felsen genau unter der hohen
glatten Burgmauer führte … Mit etwas Glück passte sie nun in diese Öffnung.
Sonst endete sie wohl als Mitternachtshappen des Trolls.
    So schnell ihre
Beine sie tragen wollten, lief sie die Mauer entlang. Der üble Atem des Trolls
schlug ihr heiß und feucht gegen die bloßen Oberarme, und der Luftzug seiner
rudernden mächtigen Arme ließ ihr kurzes Haar flattern … Mutter eines
Moorbrenners, das wird knapp, dachte sie, als sie sich so hastig in das enge
Loch zwängte, dass sie sich die Arme schrammte. Bloß gut, dass sie und Karl auf
so knappen Rationen gewesen waren, seit dem Aufbruch von Noria, sechs Wochen
zuvor … Mit ihrer Normalfigur hätte sie da vielleicht nicht hineingepasst!
    Als sie sich
seitlich in den Spalt gequetscht hatte, drehte sie behutsam den Kopf, um nach
dem Kerl zu sehen. Vielleicht geht er ja nach Hause, dachte sie. Was immer für
jenes Wesen »zu Hause« heißen mochte. In diesem Teil Askuriens sollte es doch
eigentlich überhaupt keine Trolle geben!
    Aber nein … der
Troll kauerte sich hin und glotzte sie mit seinen scheußlichen gelben Lichtern
an. Bis zum Morgengrauen waren es noch Stunden. Sie hatte also eine lange,
grässliche Nacht vor sich. Jetzt legte er den Kopf zurück, stieß ein langes,
trauriges Geheul aus und kam dann etwas näher herangekrochen, so nahe, dass ihr
sein ekliger, stinkender Atem ins Gesicht schlug. Und in eben diesem Moment
wurde ihr schmerzlich bewusst, dass ihre Blase übervoll war. Eine lange Nacht,
in der Tat!
     
    Kurz nach Tagesanbruch stieß Shale die
Tür des Gasthauses in der Straße der Narren auf, wo sie und ihr Partner Karl –
für Kost und Logis – in den betriebsamen Nachtstunden für Ruhe und Ordnung
sorgten. Die Muskeln pochten ihr von der langen Hockerei im Felsspalt, und die
tiefen Schrammen in den Armen brannten wie Feuer.
    Karl lag unter
seiner Decke auf den Dielen und schlief. Als Shale näher kam, erwachte er mit
einem lauten Schnarcher und setzte sich schwerfällig auf. Seine langen roten
Haare waren in seinen Bart verheddert und seine Augen so umschattet, als ob er
auch nicht viel mehr Schlaf gehabt hätte als sie.
    »Du siehst ja
schlimmer aus als der Troll!«, sagte Shale.
    »Welcher
Troll?«, brummte er und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen.
    »Der, der mich
die ganze verdammte Nacht in einer Felsspalte festgehalten hat!«, knurrte sie,
legte ihr Schwertgehenk ab und warf es zu Boden, dass es dröhnte.
    Karl
schüttelte den Kopf und streckte sich. »So weit westlich der Eisenhundberge
gibt es keine Trolle.«
    »Geh, sag das
dem Troll! Bei Frams Stirn, Karl, ist dir denn gar nicht aufgefallen, dass ich
nicht zurückkam?«
    »Ich dachte
mir eben, du hättest es wohl vorgezogen, im Wald zu übernachten. Der Boden dort
ist sicher weicher als das!« Damit erhob er sich, in allen Gelenken knackend.
Er hatte in Hose, Hemd und Wams geschlafen. Aber wo waren seine Stiefel? Sie
erspähte sie auf der anderen Seite der Stube, bei einem der Tische: wie
betrunken an ihre Packen

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