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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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bedeckte. Wie ich das
schreckgeweiteten Auges verfolgte, schlug mir jemand ins Kreuz, dass ich, meine
Armbrust unter mir begrabend, schwer vornüber fiel.
    In solchen
Momenten vergeht die Zeit seltsam … Wie Honig im Winter, so zäh schien sie zu
fließen! Doch hatte ich, als der Todeslöwe seinen Kopf zum zweiten Biss hob,
schon meine Armbrust wieder geladen und gespannt. Dann schoss ich, ohne zu
zielen, seitlich auf dem Boden liegend und einhändig – ein Schuss auf
allerkürzeste Distanz, fast aufgesetzt. Nicht sehr elegant, zugegeben, aber
effektiv: Der Bolzen drang knapp hinter dem Brustkorb ein, fuhr schräg nach
oben.
    Und traf das
Rückgrat, oder was immer das Biest dort hatte. Da bäumte es sich im
Todeskrampf, riss das Maul weit auf und stieß ein Röcheln und Fauchen aus. So
vage hörte ich andere Bolzen einschlagen … dann stach mir der Gestank der dabei
explodierenden Zauberladungen in die Nase. Es ist schon ein seltsamer Geruch,
fast wie nach einem Blitzeinschlag.
    Jetzt zerrte
Cheila mich wieder auf die Beine. Aber ich weiß noch, dass ich da alle
anbrüllte, doch um Himmels willen die Todeskatze von dem Mann zu ziehen … Das
dauerte seine Zeit, aber endlich war sie weg, und da sahen wir einen
schrecklich zugerichteten, übel zerfleischten Karran vor uns. Ich dachte nicht
einmal daran, Tanil zu bitten, ihn sich anzusehen. Er war tot, für immer von
uns gegangen.
    »Hol die
Pferde«, befahl ich einem der Lehrlinge. Das Mädchen schoss im Laufschritt los
… Ich sah die beiden anderen an. »Macht schon, schneidet Äste für eine
Schleppe! Cheila«, der Klang ihres Namens ließ sie aufblicken, »du kümmerst
dich besser um die Gäste. Bring sie zum Lager zurück.« Sie nickte grimmig und
winkte Arslan und Ronelli, ihr zu folgen; was die denn auch taten. Mir fiel
auf, dass sie nicht sehr betroffen wirkten. Irgendwie überraschte mich das
nicht.
    Es brauchte
dann etliche Zeit, den Leichnam von Karran und den Kadaver des Todeslöwen auf
die beiden Schleppen zu laden, die inzwischen angefertigt worden waren. Tanil
fixierte die beiden provisorisch, damit sie ja den Transport zum Lager
überstanden. Verstehen Sie mich nicht falsch. In jenem Moment hegte ich
keinerlei Gedanken an irgendwelche Trophäen. Aber als Oberführerin war ich,
nach dem Gesetz Diennis wie nach den Regeln der Zunft, zur Untersuchung des
Vorfalls und baldiger Berichterstattung verpflichtet. Als vereidigte und
bestallte Führerin war ich zugleich staatliche Beamtin sowie Offizierin der
Königlichen Garde, eine Art unorganisierte Reservistin, und das Zivil- wie das
Militärrecht gaben mir, als Führerin einer Jagdgruppe, im Jagdgebiet
gesetzliche Vollmacht und Autorität.
    Ich hieß
Tanil, ein Pferd zum Lager zurückzureiten, und gab ihr einen Lehrling als
Bedeckung mit. Wir anderen gingen zu Fuß neben unseren Reittieren her, die ja
genug damit zu tun hatten, ihre Lasten zu ziehen. Es wurde ein langer Rückweg,
und als wir endlich das Lager erreichten, war es schon ganz dunkel.
    Cheila
kümmerte sich um die Pferde und ihre Lasten, und ich ging Tanil sprechen. Sie
war in ihrem Zelt und dabei, einen vorläufigen Bericht abzufassen. Als ich
eintrat, sah sie mit einer Miene, die mich erschrocken innehalten ließ, von
ihrem Pergament auf.
    »Du hast die
Todeskatze mitgebracht?«, sagte sie und fuhr, da ich nickte, leise fort: »Beim
Fixieren sah ich, dass ihr ein Bolzen durchs Maul eingedrungen und hinten im
Rachen stecken geblieben war. Ich ließ ihn, wo er war. Nach der Befiederung
stammt er von Karran.«
    »Ein guter
Schuss«, meinte ich anerkennend. »Aber selbst die besten Treffer töten nicht
immer auf der Stelle …«
    »Sicher«,
räumte sie ein. »Aber es machte mich neugierig. Da schien etwas nicht zu
stimmen. So gingen Cheila und ich ins Waffenzelt und inspizierten die
Ausrüstungen.« Damit bückte sie sich und hob einen wohl vollen Hartköcher vom
Boden auf.
    »Diese
Zauberbolzen waren in den zur Jagd beiseite gelegten Köchern«, sagte sie. »Das
hier sind die Bolzen, die sie zum Üben benutzten. Sieh!« Sie zog den obersten
heraus, horchte kurz auf das leise Schnappgeräusch, mit dem die übrigen per
Federdruck so nachrückten, dass nun der zweitoberste von der Ausgabeklammer
erfasst wurde – und legte besagten Bolzen auf den Feldtisch, hielt die Hand
dicht darüber, murmelte etwas dazu, leider eine Spur zu leise für meine Ohren.
Schon einen Augenblick später erglühte das Geschoss in einem schwachen
bläulichen Licht. Es

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