Silberschwester - 14
Karran Taillan, Bürger von
Dienni und Offizier der Königlichen Garde von Dienni, ein.« Darauf blickte ich
prüfend in die Runde. Cheila war, so wie ich, mit einem Kurzschwert und einer
geschulterten Armbrust bewaffnet. Do’Sateno trug auch ein Kurzschwert – aber
nicht etwa, wie man es bei so einem Herrn hätte erwarten können, eine
Galawaffe, sondern eine alte, altgediente Gardeklinge. Die drei Lehrlinge waren
wie Cheila und ich gewappnet. Dazu kamen zwei Bediente Do’Satenos, die
gleichfalls Schwert und Armbrust trugen – diese in Präsentierhaltung. Sie sahen
wie Soldaten aus und waren es wahrscheinlich auch.
»Nach besagten
Gesetzen und Statuten«, fuhr ich sodann fort, »berufe ich, MaCallan Arish,
Oberführerin aus der Gilde der Führer und Jäger, dieses hohe Gericht. Die edle
Frau Tanil Alana, geprüfte, vereidigte und zugelassene Hexe, vertritt die
Akademie des Obskuren und die Hexengilde. Der edle Herr Armand Do’Sateno,
Offizier der Königlichen Garde, wird das Militär vertreten.« Und als man in der
unteren Lichtung ein paar Feldstühle und ein Tischchen aufgestellt hatte,
fingen wir mit unserem improvisierten Gerichtshof an.
Es ging alles
wie am Schnürchen. Wir ließen jeden unter Eid aussagen. Ich, Tanil und
Do’Sateno sagten unter Großem Eid aus. Es zeigte sich, dass jeder zu dem
Rüstzelt Zugang hatte und die Vertauschung, die wir bloß als »wohl
versehentlich« bezeichneten, vorgenommen haben konnte … Bis Mittag hatten wir
die grundlegenden Vorarbeiten erledigt, und so zog sich das Gericht denn zum
Essen zurück.
Über am Spieß
gebratenem Säbelhorn, was recht gut schmeckt, besprachen Armand, Tanil und ich
dann die Strategie für das weitere Vorgehen.
»Die drei zu
bewegen, der Zauberprobe zuzustimmen, das kann schwierig werden«, meinte Tanil.
»Wir können
sie anordnen«, versetzte Do’Sateno.
»Richtig«,
stimmte ich ihm zu. »Aber versuchen wir es zuerst mit Raffinesse.« Ich umriss
ihnen meinen Plan und bekam zwei zustimmende Lächeln als Antwort.
Nach dem Essen
trat das Gericht nun erneut zusammen. Cheila hatte die improvisierte
Gerichtswache, die aus unseren drei Lehrlingen und den Bedienten Do’Satenos
bestand und auf ihr Kommando hörte, strategisch klug beidseits des versammelten
Lagers aufgestellt. Ich eröffnete also die Sitzung.
»Herr Arslan
Ashailli«, rief ich laut. »Frau Salia Taillan, Herr Ronelli Amandor. Tretet
bitte vor …« Sie saßen in der vordersten Reihe, erhoben sich jetzt und traten
vor uns hin.
»Es besteht
die entfernte Möglichkeit, dass Herr Karran Taillan seinen Zauberbolzen aus
Versehen, ja, Absicht durch einen normalen ersetzt haben könnte.« Sicherlich
eine recht entfernte Möglichkeit, aber ich räumte das ja ein. Und fuhr dann
fort: »Das Gericht will nun euch drei, als dem Verstorbenen Nahestehende,
betreffs seines geistigen Zustandes und aller persönlichen oder geschäftlichen
Angelegenheiten, die sein Denken oder Verhalten beeinflusst haben könnten,
befragen.« Ich hielt kurz ein, um die Wirkung dieser Eröffnung auf sie
abschätzen zu können. Wohl keine, bis dahin. Weiter denn!
»Ihrer
möglicherweise heiklen Natur wegen werdet ihr eure Aussagen unter Ausschluss
der Öffentlichkeit vor der diesem Gericht angehörenden vereidigten Hexe machen,
und das unter Eidzauber. Sie wird dem Gericht nur eure, den vorliegenden Fall
betreffenden Einlassungen, so gegeben, mitteilen.«
Damit schloss
ich – und es war nicht schwer zu erkennen, was jetzt in den Köpfen dieser drei
da vorging: Jeder von ihnen würde nur zu gern über Herrn Karran auspacken … vor
allem unter Eidzauber – und umso besser, wenn der Unflat und die Anwürfe in das
Gerichtsprotokoll eingingen! Und wenn einer, oder eine, von ihnen schuldig war,
würde er, oder sie, doch nicht durch die Weigerung, sich verhören zu lassen,
Verdacht erregen wollen. Und … ich hatte ja nicht gesagt, dass Tanil nach der
eventuellen Vertauschung fragen würde. Ebenso wenig aber, dass nicht! Nach
kurzem Zögern nickte denn auch Ronelli Amandor und verkündete, er gehe als
Erster hinein. Salia und Arslan folgten, Letzterer ein wenig widerstrebend,
aber doch sichtlich entschlossen, das Verfahren zu Ende zu bringen … So
sicherte Cheila Tanils Zelt, in dem die Aussagen gemacht werden sollten, und
führte Amandor als Ersten hinein.
Das dauerte
dann natürlich seine Zeit. Eidzauber sind keine Lappalien, und das gerichtliche
Verhör dabei muss mit aller Sorgfalt und unter Beachtung der
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