Silberstern Sternentaenzers Sohn 06 - Annit und der Geschichtenerzaehler
einer außergewöhnlichen Gabe gesegnet. Doch es ist allerhöchste Vorsicht geboten. Die Macht der magischen Pferde wird Gutes bewirken, wenn ihre Besitzer reinen Herzens sind. Wer Gutes im Sinne hat, dem wird auch Gutes widerfahren. Wessen Herz aber böse ist, dem kann das Gute zum Bösen werden. Die Macht der magischen Pferde wird sich dann sehr rasch zum Bösen wenden.“
„Du bist zu uns gekommen, weil du Fragen hattest. Fragen zu deinem Pferd und zu dessen Vater Sternentänzer“, riss die Stimme des Stammesfiirsten sie aus ihren Gedanken. „Du hast hier bei uns zwar inzwischen erfah ren, dass dein Pferd nur böse wird, wenn es mit bösen Menschen zu tun hat. Aber du möchtest noch mehr wissen.“
Jajajajajajajaja ... Carolin und ich ... Annit öffnete den Mund und wollte etwas sagen, doch dann schloss sie ihn wieder. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Sie spürte, wie ihre Handflächen feucht wurden. Ja, das stimmt! Ich möchte noch mehr wissen. Eigentlich will ich alles wissen. Aber vor allem: Warum wurde Falak erst böse, nachdem sie Sternentänzer zur Welt gebracht hat? Hat Sternentänzer also doch etwas Böses an sich? Und hat er das auch auf Silberstern übertragen? Können außerdem frühere Besitzer, die schlechte Menschen sind, ein magisches Pferd so beeinflussen, dass es ein Leben lang böse bleibt? Es gibt noch so vieles, was ungeklärt i st...
Der Stammesfürst legte eine Hand auf den Arm des Geschichtenerzählers. „Abd al-Umar kann dir all deine Fr agen beantworten. Das hat er mir versichert. Sprich, Ab d al-Umar.“
Jetzt erfahre ich alles über das Geheimnis unserer Pferde. Endlich, nach so langer Suche! Oh Gott! Endlich! Wie lange habe ich darauf gewartet! Wie weit bin ich dafür gereist!
Annit starrte den Mann an, von dem sie nur die Augen erkennen konnte. Sie waren dunkel wie die Nacht und besaßen jenen eigenartigen Glanz, den nur orientalische Augen haben. Er begann zu sprechen, doch Annit verstand kein Wort. Fragend blickte sie zum Stammesfürsten.
„Um eine Antwort auf deine Fragen zu bekommen, musst du Falaks Geheimnis kennen. Auf Falak geht alles zurück“, übersetzte er die Worte des Geschichtenerzählers.
Auf Falak geht alles zurück? Was soll das bedeuten? Annit krallte ihre Hände in den Sandboden, der Sand blieb an ihren feuchten Fingern kleben. Über ihre Arme kroch Gänsehaut.
Abd al-Umar sprach weiter. Wie gebannt hing Annit an seinen Lippen.
„Du musst ihre Vergangenheit und auch ihr Geheimnis kennen, um zu verstehen. Falaks Geheimnis, das sehr, sehr weit zurückgeht“, übersetzte der alte Stammesfürst schließlich wieder.
Falaks Geheimnis? Was ist das?, dachte Annit. Voller Ungeduld hörte sie zu und verwünschte in diesem Moment die arabische Eigenart, alles blumig zu erzählen.
Auch der Stammesfürst lauschte konzentriert den Worten des Geschichtenerzählers. Abd al-Umar fuhr fort. Diesmal lange. Endlos lange, wie es Annit schien.
Als er geendet hatte, sah sie den Stammesfürsten erwartungsvoll an. „Und? Was sagt er?“
„Er sagt, dass du auf einem langen, beschwerlichen Weg bist“, erklärte der Stammesfürst Abd al-Umars Worte. „Dass du noch ein weites Stück dieses Weges zurücklegen musst und dass du noch nicht bereit bist für Falaks Geheimnis, für die Wahrheit. Du und dein Silberstern, ihr müsst erst noch eine sehr wichtige Prüfung bestehen, um reif genug zu sein, die ganze Wahrheit um das Geheimnis der magischen Pferde zu erfahren.“
Annits erwartungsvoller Gesichtsausdruck fiel zusammen wie ein Ballon ohne Luft. „Aber ..." Fassungslos schüttelte sie den Kopf. „Das geht doch nicht! Er weiß was und teilt es uns nicht mit! Bitte, bitte, sagen Sie ihm, dass er bitte, bitte, jetzt erzählen soll, was er weiß, bitte!“
Der Stammesfürst nickte, wandte sich erneut an den Geschichtenerzähler und redete auf ihn ein.
Annit krallte ihre Hände noch tiefer in den Sand. Das kann doch nicht wahr sein! Verflixt! Was soll dieses Vertrösten?
Der Stammesfürst wandte sich wieder an Annit. „Du stehst vor der Tür zur Lösung des Geheimnisses. Du bist ganz dicht davor“, begann er. „Abd al-Umar besitzt den Schlüssel zu dieser Tür, aber er kann sie für dich noch nicht aufsperren.“
Was soll das? Warum nicht? Völlig entgeistert lauschte Annit den Worten. „Aber wie, wann? Was kann ich denn tun, damit er die Tür aufsperrt? Jetzt gleich?“
Der Stammesfürst
Weitere Kostenlose Bücher