Silberstern Sternentaenzers Sohn 08 - Rueckkehr ins Ungewisse
Annit die Tür auf. „Ich weiß, es muss ein Schock für dich sein.“
Schock ist ja wohl leicht untertrieben, dachte Annit, während sie ausstieg und sich umschaute.
Der einst so stolze Bauernhof sah nicht mehr so schön aus, wie Annit ihn in Erinnerung hatte. An einigen Stellen bröckelte der Putz an den Gebäuden ab. Der Zaun um die Weide, auf der früher die Kühe mit ihren Kälbern gegrast hatten, war an etlichen Stellen kaputt.
Doch am allerschlimmsten war für Annit die Stille. Keine Kühe auf der Weide, die muhten. Nur noch wenige Hühner, die gackernd über den Hof liefen. Nur ein wenig Vogelgezwitscher in den Bäumen. Fassungslos blickte sich Annit um.
Ursula stand neben ihr und nickte. „Es ist traurig, ich weiß.“ Sie seufzte schwer.
„Wo sind denn die Kühe?“, fragte Annit leise.
Ursula zuckte die Schultern. „Die mussten wir verkaufen. Die Milchwirtschaft lohnt sich einfach nicht mehr. Nicht bei den Preisen, die wir für unsere Milch bekommen.“
„Und warum habt ihr nur noch so wenig Hühner?“
„Wir hatten letztes Jahr eine Hühnerkrankheit auf dem Hof. Viele sind gestorben“, antwortete Ursula mit belegter Stimme. „Wir wollten die Tiere nicht durch neue ersetzen, weil wir einfach nicht wissen, wie lange wir den Hof noch bewirtschaften können.“
Annit blickte hinüber zum Stall, aus dem kein Laut drang. Kein einziger Laut. Dort ist es auch so ruhig. Zumin dest müsste ein fröhliches Wiehern zu hören sein! Das Wiehern eines kleinen Ponys. Die nächste Frage wagte Annit kaum zu stellen, tat es dann aber doch. „Und was ist mit Wicky?“ Wicky war ihr erstes Pony gewesen. Auf ihm hatte sie reiten gelernt, auf ihm hatte sie ihre ersten Voltigierkunststücke gemacht.
Ursula sagte nichts, schüttelte nur den Kopf.
„Was?“, kreischte Annit entsetzt. „Wie konntet ihr mir das nur antun? Wie konntet ihr mein Pony weggeben? Wicky gehörte mir!“
Ursula griff nach Annits Arm. „Ich weiß. Wie gerne hätte ich dir dies alles erspart! Aber ...“ Sie zögerte. „Es war so, dass ein Darlehen fällig wurde und die Bank ganz dringend das Geld von uns zurückwollte. Also haben wir unser gesamtes Geld zusammengekratzt. Und danach konnten wir uns absolut kein kostspieliges Hobby wie ein Pony mehr leisten.“
Annit schüttelte den Kopf. „Aber doch nicht mein Pony! Das war meins!“
„Glaub mir, es ging wirklich nicht anders. Wir sind so gut wie pleite. Wenn es so weitergeht, müssen wir bald alles verkaufen.“ Bedrückt tastete Ursula nach Annits Hand. Jetzt komm doch erst mal mit rein. Gemeinsam finden wir bestimmt eine Lösung.“
Widerstandslos ließ sich Annit mitziehen. So hatte sie sich die Heimkehr ganz bestimmt nicht vorgestellt! Sie folgte Ursula in die geräumige Bauernstube und setzte sich an den großen Tisch gegenüber dem Holzofen. Die Standuhr tickte laut. Es duftete herrlich nach Bratkartoffeln, Speck und - nach Apfelkuchen. Annits geliebtem Apfelkuchen. Nach dem sie sich so gesehnt hatte. Doch der Anblick des Hofes und das Fehlen von Wicky waren ihr schwer auf den Magen geschlagen.
Mannito rutschte etwas verlegen neben sie auf die Bank.
„So.“ Beherzt stellte Ursula vor jeden einen großen Teller mit Bratkartoffeln und daneben einen kleineren mit einem Stück Apfelkuchen und einem Klecks Sahne. „Lasst es euch schmecken“, sagte sie betont heiter.
Hannes setzte sich ihnen gegenüber auf die Eckbank. Ursula schob auch ihm eine Portion Bratkartoffeln hin, über die er sich gleich hungrig hermachte.
Ursula nahm auf einem Stuhl Platz und umklammerte mit beiden Händen ihre Kaffeetasse. Dabei beobachtete sie, wie Mannito mit großem Appetit aß. „Freut mich, dass es dir schmeckt, Junge“, bemerkte sie lächelnd.
Annit hingegen stocherte nur in ihrem Essen herum und hielt den Blick gesenkt. Wie oft hab ich mir in letzter Zeit gewünscht, ich wäre hier! Wie oft hab ich mich nach diesem Apfelkuchen gesehnt! Und nun? Nun sitze ich endlich hier in Süd holzen vor einem dicken Stück Apfelkuchen und fühl mich einfach nur schrecklich. Ich sitze hier mit meinen Eltern und habe das Gefühl, als würde ich mit flüchtigen Bekannten Kaffee trinken. Grad fühl ich mich jedem Sandkorn in der Wüste näher als die sem Südholzen!
Ursula nippte an ihrem Kaffee. „Wir sind ja schon so gespannt auf deine Erzählungen, Annit. Du musst uns alles ganz genau berichten. Du hast ja so viel erlebt. So viele fremde Länder kennengelernt.“
Annit nickte leicht, ohne
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