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Silbertod

Silbertod

Titel: Silbertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F E Higgins
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was geschehen war, keine Schuld geben. Gut, er, Mr Gaufridus, machte ihm ab und zu selbst ein wenig Angst, indem er sagte, es gebe genügend andere auf den Straßen, die für Geld Leichen an den Zehen ziehen würden. Doch er musste zugeben, dass er über ihre wahre Zahl im Zweifel war. Außerdem war er überzeugt, dass er keinen finden würde, der so aufrichtig und gewissenhaft war wie Pin. Und in der Frage, ob sein Vater als Mörder einzustufen sei oder nicht, war Mr Gaufridus seiner Zeit voraus, im Gegensatz zu vielen Urbs Umidanern. Er fand, Schuld müsse bewiesen, nicht nur vermutet werden.
    »Ja«, sagte er freundlich, konnte aber doch nicht anders, als sicherheitshalber hinzuzufügen: »Aber sieh zu, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt.«

    Pin saß also auf der Bettkante und versuchte, nicht mehr an Sybil oder Deodonatus Snoad zu denken. Draußen auf der Holztreppe waren Schritte zu hören. Er erkannte den schwerfälligen Gang und stöhnte auf. Mag sein, dass Barton seine Arbeit leicht von der Hand ging, doch leichtfüßig war er ganz sicher nicht.
    Pin wartete auf den unvermeidlichen Schlag an die Tür. Barton klopfte immer mit der flachen Hand an, nicht mit den Fingerknöcheln. Pin ging an die Tür und rümpfte unwillkürlich die Nase. Bartons sonderbarer Geruch kündigte dessen Anwesenheit sogar durch die Holztür an. Er roch nach vielerlei, besonders ausgeprägt aber nach getrocknetem Blut (dem Blut anderer Leute) und nach schlechtem Atem (seinem eigenen).
    In gewohnter Aufmachung stand er draußen auf dem düsteren Flur: graues Hemd (es mochte früher einmal weiß gewesen sein) mit weiten, an den Umschlägen von Bindfäden zusammengehaltenen Ärmeln, verdächtig fleckige Weste und Kniebundhose aus dunklem Tuch von undefinierbarer Natur. Sein Halstuch war steif von getrockneten Essensresten, undauf den Stiefeln tummelten sich Dreckspritzer und andere Substanzen, die keine nähere Untersuchung lohnten.
    Aber es war nicht Bartons Kleidung, die Pin beunruhigte. Es war sein unsteter Blick. Er ahnte, dass dieser Blick nur zweierlei bedeuten konnte. Entweder Barton würde mehr Miete verlangen (wie er es in den vergangenen Monaten schon drei Mal getan hatte) oder er würde ihm kündigen.
    »Neuigkeiten für dich, Freundchen«, fing Gumbroot an. Er rieb mit der schuppigen Handfläche über seine Knöchel, was ein leises Kratzgeräusch verursachte.
    Pin verschränkte die Arme vor der Brust und baute sich mit gespreizten Beinen vor Gumbroot auf. Dieses Auftreten hatte sich als das Wirkungsvollste erwiesen, um mit dem Mann zu verhandeln. Ausdruckslos musterte er ihn von oben bis unten.
    »Und was?«
    »Die Miete wird erhöht.«
    »Aber Ihr wisst genau, dass ich nicht noch mehr zahlen kann!«, protestierte Pin.
    Barton blickte durch den Türspalt ins Zimmer und schätzte die Größe ab. »Ich könnte hier drin viermal so viele Mieter unterbringen.«
    »Ihr meint vier Leute?«
    Gumbroot wirkte irritiert. Rechnen war nicht seine Stärke. Er schnaubte. Vor einem Rausschmiss war er immer etwas nervös. Das hatte jedoch nicht etwa mit Fürsorge für den betroffenen Mieter zu tun, sondern damit, dass er die damit verbundenen Auseinandersetzungen fürchtete. Aus Barton Gumbroots Pension gewiesen zu werden bedeutete für gewöhnlich, dass ein verzweifelter Mensch auch noch den letzten Strohhalm verlor, und verzweifelte Menschen reagieren leicht mit verzweifelten Handlungen.
    »Spiel dich nicht auf, Freundchen. Morgen früh will ich dich hier nicht mehr sehen.«
    »Dann bleibt mir ja wohl keine Wahl«, sagte Pin bitter.
    Gumbroot zupfte mit Daumen und Zeigefinger an seiner Nase und hielt den Kopf schräg. »Damit hast du’s ungefähr auf den Punkt gebracht«, sagte er selbstgefällig. »Hab ja gewusst, dass du’s verstehen wirst. Warst schon immer ein gescheiter …«
    Pin machte ihm die Tür vor der Nase zu.
    »Wenn du mir allerdings den Gefallen tun könntest, schon heut Abend auszuziehen«, kam Mr Gumbroots körperlose Stimme von der anderen Seite, »wäre ich dir sehr verbunden.«
    Und so kam es, dass Pin am späten Abend seine Sachen packte. Er wusste, wenn er nicht sofort ginge, würde er seine Habseligkeiten bei der nächsten Rückkehr auf der Straße vorfinden und eine ganze Familie würde in sein Zimmer eingezogen sein. So war das hier. Er packte seine wenigen Besitztümer in seinen Beutel und brach auf.
    »Vielleicht finde ich am Ende doch noch etwas Besseres«, redete er sich ein und versuchte, optimistisch

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