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Silbertod

Silbertod

Titel: Silbertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F E Higgins
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was kostet es?«, fragte er nervös.
    »Einen Shilling die Woche«, sagte Juno.
    Bei Barton hatte er vier bezahlt.
    »Auf dem Bett liegt ein Nachthemd und in der Kommode findest du alte Kleidungsstücke, falls du etwas brauchst.«
    »Danke«, sagte Pin. Von der Nacht in der Cella Moribundi hatten sie nicht gesprochen und trotzdem spürte er, dass so etwas wie Einverständnis zwischen ihnen herrschte.
    »Gern geschehen«, sagte sie lächelnd und ging ohne weitere Worte.
    Pin, der plötzlich von Erschöpfung übermannt wurde, schälte sich aus seinen Kleidern, zog das dicke Nachthemd an und stieg ins Bett. Die Balken unter der Zimmerdecke waren nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, aber das störte ihn nicht. Er hatte es warm und er war satt; was konnte sich ein Junge mehr wünschen? Er schlang die Arme um seinen Körper und gratulierte sich zu seinem Glück. All diese Wochen bei Barton in Gesellschaft von Mäusen und Ratten, mit Lärm und Dreck! Da fiel ihm etwas ein, das seine Mutter oft gesagt hatte: »Leiden versüßt die Belohnung.« Sie würde sich freuen, wenn sie sähe, wie gut sich alles für ihn entwickelt hatte.
    Er zog die Decke hoch und der raue Stoff unter seinem Kinn bestätigte ihm, dass dies alles tatsächlich Wirklichkeit war. Von unten hörte er die Fußbodendielen knarren und nahm an, dass die anderen ebenfalls zu Bett gingen. Seine Gedanken schweiften ab und kreisten um Sybil und Mr Pantagus, um Madame de Bona und natürlich um Juno. Vielleicht könnten sie Freunde werden, dachte er und beschloss, morgen offener mit ihr zu reden. Dann fielen ihm die Augen zu, sein Atem wurde langsamer und er schlief ein.

    Im Zimmer unter ihm lag Juno ebenfalls im Bett, doch sie war hellwach. Es machte sie neugierig und nervös, dass aus heiterem Himmel dieser Junge mit den seltsamen Augen hier aufgetaucht war. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie sich nach der Nacht bei Sybil und der zweiten im Flinken Finger noch einmal über den Weg laufen würden. Bestimmt hat er mich wiedererkannt, überlegte sie und wälzte sich auf die andere Seite. Beim Abendessen hat er mich immer wieder angestarrt.
    Juno kannte die Geschichte über Oscar Carpue – wer kannte sie nicht? Aber sie wusste auch, dass Mrs Hoadswood nicht zu denen gehörte, die einen Menschen nach den Taten anderer verurteilten, egal ob verwandt oder nicht. Sie war die Erste, die sich hinstellen und erklären würde, dass bei vielen, die im Irongate-Gefängnis einsaßen, Armut das einzige Verbrechen war.
    Was sind wir nur für eine sonderbare Truppe, dachte sie. Beag und Aluph, Benedict und ich, und nun der Gehilfe eines Leichenbestatters, in dessen Vergangenheit es einen Mord gegeben hatte, auch wenn darüber zugegebenermaßen nichts Genaues bekannt war … Ihre Gedanken kamen nicht zur Ruhe, die Zeit verging und sie konnte trotzdem nicht einschlafen. Sie wusste, was helfen würde. Bei dem Gedanken an Benedicts Worte kämpfte sie mit sich, blieb noch einen Moment liegen und zog schließlich doch ihren Koffer hervor. Sie würde ein andermal über Benedicts Warnung nachdenken.

    Pin wusste nicht genau, was ihn aufgeweckt hatte. Vielleicht ist ein Vogel auf dem Dach gelandet, dachte er. Doch was es auch sein mochte, es hatte ihm einen solchen Schreck eingejagt, dass er sich mucksmäuschenstill verhielt. Nur sein Herz schlug laut wie der Hammer eines Steineklopfers. Um ihn herum war es nahezu stockdunkel, bis auf die schwache Glut aus dem Kamin. Wo war er?
    Mit einem Gefühl der Erleichterung fiel ihm Mrs Hoadswoods Pension ein. Er rollte sich zusammen, schloss die Augen und zog sich die Decke bis über die Ohren. Wenn er bloß in seine Träume zurücksinken könnte! Stattdessen begann seine Nase zu zucken und er roch etwas; einen eigenartigen, betörenden Duft, der durch die Ritzen zwischen den Dielen in sein Zimmer kroch.
    Er stützte sich auf den Ellbogen und schnupperte. Leisestieg er aus dem Bett, entzündete die Kerze an der Glut und folgte seiner Nase hinaus auf den Gang und die Treppe hinunter. Im unteren Flur wurde sofort klar, woher der Geruch kam – gleich unter der gegenüberliegenden Tür quoll schwacher Rauch hervor. Pin drückte die Nase gegen das Holz der Tür. Es war ein unwiderstehlicher Duft, weshalb er, ohne groß zu überlegen, nach der Klinke griff. Ehe er sie aber niederdrücken konnte, öffnete sich die Tür, und er sah sich plötzlich einem Geist mit kalkweißem Gesicht gegenüber.
    »Teufel auch!« Er wich zurück, doch

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