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Silbertod

Silbertod

Titel: Silbertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F E Higgins
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dann erkannte er die Gestalt. »Fast hätte mich der Schlag getroffen! Ich habe dich für einen Schatten aus der Unterwelt gehalten.«
    Juno lachte, zog ihn ins Zimmer und schloss die Tür hinter ihm. »Ich könnte mir denken, dass du bei deiner Arbeit schon mehr als genug Schatten getroffen hast.«
    Pin wurde rot. Er sah sich im Zimmer um. Es war spärlich eingerichtet, dem seinen sehr ähnlich, nur größer. »Tut mir leid. Ich bin nur dem Geruch nachgegangen …«
    »Ah, mein kleines Geheimnis!«
    Juno trat ans Feuer, nahm den Tiegel weg und schloss ihn mit einem Deckel. Sie kniete sich auf den Boden und hielt ihre Hände über die Flammen.
    »Komm her.«
    Pin hockte sich neben sie. »Was verbrennst du da?«
    »Kräuter«, erwiderte sie. Ihr Gesicht war gerötet und ihre Augen glänzten, aber Pin war sich nicht sicher, ob das von der Hitze kam. Mit einem Griff unter das Bett zog sie den Koffer hervor. »Ich habe Kräuter für jeden Anlass«, sagte sie, während sie den Koffer aufklappte und Pin die Töpfchen und Päckchen darin zeigte. Sie deutete auf jedes einzelne.
    »Heliotrop für Glück, Kümmelsamen für Gesundheit, Kreuzkümmel für Ruhe. Und hier Zimt und Anis …«
    »Um jemanden herbeizurufen«, sagte Pin mit einem Lächeln, das Juno erwiderte.
    »Und heute Abend«, fuhr sie fort, »verbrenne ich Jasmin und Lavendel mit einem Tropfen Bergamottöl. Das soll mir beim Einschlafen helfen.«
    »Bestimmt hast du Gewissensbisse gehabt«, sagte Pin lachend, »wegen der Duftattacke auf mich.«
    Schuldbewusst sah Juno ihn an. »Du meinst die Nacht mit Sybil und Mr Belding? Es tut mir leid, aber ich musste dir das Schlafmittel verpassen; wir durften ja nicht riskieren, dass du uns störst.«
    »Es war das Ungewöhnlichste, was ich je erlebt habe«, sagte Pin. »Eine Leiche, die wieder lebendig gemacht wird.«
    »Du warst also wach?«
    »Nur gerade so eben. Ich bin nicht sicher, ob es vielleicht doch nur ein Traum war.«
    »Glaubst du denn nicht, was du gesehen hast?«
    »Ich weiß, was ich gesehen habe«, sagte Pin. »Aber ich weiß auch, dass es nicht wirklich so gewesen sein kann.«
    »Und Madame de Bona?«
    Er lachte. »Ein guter Trick.«
    »Aber du hast ihr doch eine Frage gestellt. Warst du mit ihrer Antwort nicht zufrieden?«
    »Wenn es nur wahr wäre! Aber ich denke, mein Vaterhat die Stadt längst verlassen. Ich suche ihn schon seit Wochen.«
    »Madame de Bona lügt nicht.«
    Pin sah sie scharf an. Wollte sie ihn auf den Arm nehmen? Er kam nicht dahinter. »Ich hätte besser fragen sollen, wer meinen Onkel getötet hat. Das hätte viele Probleme gelöst. Ich möchte wissen, was Madame de Bona darauf geantwortet hätte.«
    Juno grinste. »Was immer sie gesagt hätte, du wärst mit ihrer Antwort gewiss zufrieden gewesen.« Sie gähnte herzhaft und streckte sich. »Es wird dir hier gefallen«, sagte sie. »Du bist in guter Gesellschaft. Und wenn ich gehe, kannst du mein Zimmer haben. Es ist größer.«
    »Du willst weggehen?«
    »Erst in ein, zwei Wochen. Benedict bleibt hier, darauf besteht Mrs Hoadswood, aber ich will weg aus dieser Stadt.«
    »Ich auch«, sagte Pin heftig. »Mich hält hier nichts mehr.«
    »Dasselbe kann ich auch von mir sagen.« Wieder gähnte Juno.
    Da stand Pin auf und ging zur Tür. Während er zusah, wie Juno die Kräuter wegräumte, schnupperte er noch einmal vorsichtig. Er wunderte sich über sich selbst, weil er enttäuscht war, dass sie nicht länger hier bleiben würde. Sie bemerkte, wie er sie beobachtete, und lächelte.
    »Wir haben noch etwas gemeinsam, weißt du«, sagte sie.
    »Hm?«
    »Wir sind beide auf der Suche nach jemandem.«
    »Also, ich suche meinen Vater«, sagte Pin. »Und du?«
    »Den Mann, der meinen Vater umgebracht hat.«

Kapitel 20

    Pins Tagebuch
    Jetzt ist schon eine Woche vergangen, seit ich Beag und Aluph begegnet bin – Mr Buncombe erlaubt mir bereits, ihn mit seinem Vornamen anzusprechen –, und ich habe wirklich in meinem ganzen Leben noch nie sieben so wunderbare Nächte verbracht wie hier. An ein ähnliches Gefühl von Wohlbehagen und Zufriedenheit kann ich mich nicht erinnern, seit meine Mutter gestorben ist. Mit Vater ging es danach nur noch bergab, er ist nie mehr der Alte gewesen. Was Onkel Fabian angeht, so wünschte ich, ich wüsste, was in dieser schrecklichen Nacht vorgefallen ist. Die helle Wut überkommt mich, wenn ich an ihn denke! Könnte es sein, dass auch Vater solchen Zorn in sich hatte, dass er schließlich die Beherrschung

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