Silent Control | Thriller
einen Köder hingeworfen und sich dann einfach vom Acker gemacht. Die elektromagnetischen Waffen sind sicher nur ein Stein im Puzzle von Norris. Und jetzt hat Torben die Scheiße an der Hacke, während dieser Typ vielleicht auf Kuba sitzt und seinen fetten Bauch in die Sonne hält. Vielleicht ist er gar nicht tot.«
»Ein Grund mehr, an die Öffentlichkeit zu gehen. So ein Mist, dass mein Laptop futsch ist. Wenigstens habe ich noch einen in der Wohnung.«
Der Taxifahrer warf irritierte Blicke in den Rückspiegel, weil die beiden laut geworden waren. Da sie Schwedisch sprachen, mussten sie keine Rücksicht nehmen. Inzwischen hatte Nova ihr uraltes Handy aus der Hosentasche gezogen.
Kilian runzelte die Stirn. »Was hast du vor?«
»Das Handy ist vielleicht die einzige Chance, damit Torben mit uns Kontakt aufnehmen kann.«
Sie sagte es mit einem Blick, den Kilian nur zu gut kannte. Es würde unmöglich sein, sie davon abzubringen. Dennoch versuchte er es.
»Hör zu, das ist völlig crazy, die finden uns doch sofort, wenn du das Ding anschmeißt.«
»Keine Sorge, es ist ein Prepaidhandy.«
»Hallo?« Kilian schüttelte den Kopf. »Kannst du zur Abwechslung mal deine grauen Zellen benutzen? So ein Handy ist genauso gefährlich wie alle anderen.«
»Wie bitte?«
»Mittlerweile kann man jede Stimme nach einer gewissen Zeit einem Handy zuordnen. Was glaubst du, warum sich die Drogendealer alle paar Tage eine neue Karte holen. Du kannst das Handy ab und zu anschalten, aber du darfst auf keinen Fall telefonieren und auch keine SMS senden. Solltest du tatsächlich etwas von Torben bekommen, schaltest du es aus, und wir müssen sofort den Standort wechseln.«
»Okay, okay, big brother.« Nova ärgerte sich, dass sie nicht selbst darauf gekommen war. »Aber lass uns mal weiterdenken. Diese Verhaftungswelle gegen Anonymous kann doch nur der Auftakt für etwas Größeres sein. Aber was? Der Netzausfall gestern geht jedenfalls bestimmt nicht auf das Konto von Anonymous. Dafür fehlt denen sicherlich das technische Know-how.«
»Musst du gerade sagen. Du mit deinem genialen Prepaid Handy.«
Mittlerweile hatten sie über die Interstate 95 die Newark Bay mit ihren gigantischen Hafenanlagen erreicht. Von der Autobahnbrücke aus sahen sie die Lichter der Werften und Containerschiffe, die die Schwärze der Nacht erhellten. Kilian erinnerte der Anblick an seine Studienzeit in Hamburg, wo er oft am Elbstrand gesessen hatte, fasziniert von den illuminierten Werften am anderen Ufer.
»Entschuldigung die Herrschaften, wohin genau soll ich Sie bringen?« Der inzwischen müde wirkende Chauffeur blickte in den Rückspiegel zu Kilian.
»In die Upper East Side, 1151 Lexington Allee«, antwortete Kilian. »Sie sind übrigens super gefahren. Und da ich Sie schon um Ihr Abendessen gebracht habe, sollte das Trinkgeld reichen, um Ihnen ein Dinner im besten Restaurant New Yorks zu spendieren.«
Zwanzig Minuten später hielt der Wagen vor einem Haus, das zwischen einem Nagelstudio und einer chemischen Reinigung lag. Die Straßenbeleuchtung erhellte eine rötliche Fassade, deren Farbe fleckig wirkte, wie überhaupt das ganze Haus einen eher renovierungsbedürftigen Eindruck machte.
»Das hatte ich mir jetzt aber anders vorgestellt«, mokierte sich Nova. »Ich dachte, wir steigen in einem Luxusschuppen am Central Park ab.«
Kilian konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er bezahlte den Fahrer, schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter und stieg aus.
»Mein Onkel ist alles andere als reich, wenn er auch nicht gerade Mülltonnen durchwühlt«, rief er Nova zu, die ebenfalls ausgestiegen war. »Mein Vater und er haben sich schon als Jugendliche zerstritten, weil sie komplett unterschiedlich sind. Seitdem wollte mein Onkel nichts mehr mit dem Familienunternehmen zu tun haben.«
»Ach, das schwarze Schaf der Familie. Kein Vorzeigekapitalist wie dein Vater?«
»Ohne diesen Vorzeigekapitalisten hätten wir nicht unbemerkt in die USA einreisen können, schon vergessen?«
Er ging in das Nagelstudio, das trotz der späten Stunde noch geöffnet hatte. »Sexy Nails« verkündete das Neonschild darüber, im Schaufenster hingen verblichene Poster von Hollywoodschönheiten.
Als Nova ihm folgte, sah sie, wie er von einer unförmig dicken Frau in einem rosa Kittel umarmt wurde, die Lockenwickler im Haar trug.
»Long time no see«, sagte sie mit kehliger Stimme. »Du willst bestimmt den Schlüssel, was, Sweetheart?«
»Genau, Rosie.«
Die Frau
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