Silent Control | Thriller
Was, wenn Arnström sich nicht umstimmen ließ? Diese Fragen gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf.
Vor Clarks Büro blieb sie unwillkürlich stehen. Nun hörte sie die Stimme des CIA-Direktors klar und deutlich.
»Wegen dieses verdammten Nerds steht die ganze Operation infrage. Er könnte uns sogar enttarnen. Aber mit dem werde ich fertig, glauben Sie mir. Er wäre nicht der Erste, den ich auf meine Art überzeuge.«
Sie erstarrte. Arnström war also zum Abschuss freigegeben, wenn er nicht kooperierte. Widerstrebend spürte sie, dass sie den kleinen schwedischen Hacker irgendwie mochte.
Eine zweite Stimme antwortete so leise, dass sie nichts verstand. Dann dröhnte Clark wieder los.
»Missbrauchen Sie nie wieder mein Vertrauen, Lou! Ich habe einigen Einfluss und ich kann Ihnen empfindlich schaden!«
Ein Mitarbeiter lief an ihr vorbei, deshalb konnte sie unmöglich länger herumstehen und die Ohren spitzen. Sie klopfte an die Tür. Schlagartig wurde es mucksmäuschenstill. Die Tür wurde aufgerissen. Ein kleiner Mann mit hochrotem Gesicht stürzte ihr entgegen.
Geschickt wich June ihm aus. Dann betrat sie den Raum.
Clark wirkte aufgewühlt. Als er die Agentin sah, nickte er ihr nur kurz zu und setzte sich hinter seinen massiven Tisch.
»Braucht der Typ ein Valium?«
»Besser eine Giftspritze«, grollte Clark. »Was haben Sie für mich?«
»Nicht viel.« Sie nahm ungefragt in einem Sessel Platz und strich ihren Rock glatt. »Dieser Arnström ist nichts weiter als ein Mix aus Paranoia und Halbwissen. Er quatscht das gleiche Zeug wie die Netzlobby.«
Angespannt legte Clark seine Arme auf den Tisch und beugte sich vor. »Weiß er, was ihm droht?«
»Vermutlich schon. Ich werde ihn vor dem Essen weiter bearbeiten. Aber es kann sein, dass Norris ihn auf halber Strecke aufgegeben hat. Wenn es stimmt, was er sagt, hat er keinen Schimmer, worauf er angesetzt werden sollte.«
»Unterschätzen Sie ihn nicht. Der ist nicht so einfältig, wie er tut. Die Lage spitzt sich zu. Ich muss den Sack heute Abend zumachen. Danach bringen Sie ihn zurück nach Whitestar. Jetzt sollten Sie zu der Konferenz fahren und sehen, wie er sich macht. Ich habe noch etwas zu erledigen, und Sie kommen um 21 Uhr ins Per Se. Ich versuche, rechtzeitig dort zu sein.«
June Madlow stand auf. »Bin schon unterwegs.«
Sie ging hinaus und zog die Tür leise ins Schloss. Einige Gänge weiter suchte sie vergeblich einen Raum mit einem freien Rechner. Schließlich fand sie ein offenes Büro, in dem eine unscheinbare junge Sekretärin in einer Zeitschrift blätterte. June legte ein kollegiales Lächeln auf.
»Hallo, könnte ich kurz an Ihren Rechner? Ich habe mein Smartphone im Hotel liegen lassen und muss dringend einen Flug buchen.« Sie zwinkerte der jungen Frau verschwörerisch zu. »Sonst wird nichts aus dem Urlaub mit meinem neuen Freund.«
Die Sekretärin lächelte verständnisvoll.
»Aber sicher, Agent …«
»… Madlow, June Madlow.«
Hastig räumte die Sekretärin ein paar Unterlagen zusammen und schnappte sich ihre Handtasche. »Ich wollte sowieso eine Pause machen. Bedienen Sie sich. Und viel Glück mit dem neuen Lover.«
»Vielen Dank. Wir Frauen müssen zusammenhalten, stimmt’s?«
Die Sekretärin nickte, dann verabschiedete sie sich mit einem fröhlichen Winken.
Sofort öffnete June den internen Browser und gab eine Adresse sowie ein Passwort ein. Es war nicht das erste Mal, dass sie sich Informationen verschaffte, die ihr in ihrer Geheimhaltungsstufe eigentlich nicht erlaubt waren. Das Passwort hatte sie Eliston in einer schwachen Minute abgeschwatzt. Seither trieb sie sich regelmäßig auf verbotenen Seiten herum.
Schnell hatte sie das Dossier über Torben Arnström gefunden. Im Eiltempo klickte sie es durch. Es enthielt keinerlei Hinweise auf eine einschlägige Ausbildung, nichts, was auf eine subversive Laufbahn hindeutete. Andererseits wusste sie, dass zuweilen Leute in die Fänge der Geheimdienste gerieten, ohne es zu ahnen. Dann wurden sie von den Agenten als Kanonenfutter missbraucht, um die eigene Tarnung zu schützen.
Ratlos las sie das Dossier noch einmal durch. Dann öffnete sie die Datenbank der CIA und suchte in den Personalakten nach Peter Norris. Doch sie fand nichts. Die Datei war entweder gelöscht oder sogar für Eliston gesperrt worden. Hier lief sie vor eine Wand. Aber nichts war unwiderstehlicher für June Madlow als Geheimnisse, die man ihr vorenthalten wollte.
KAPITEL 27
WASHINGTON D.C.
Nova hatte
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