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Silentium

Silentium

Titel: Silentium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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Gesicht gelogen hat. Darum hat er es dann auf einmal so eilig gehabt. Er hat dem René vorgeschlagen, daß er gleich mit ihm hinuntergehen soll, weil zufällig heute um siebzehn Uhr einen Termin beim Fräulein Schuh. Und außerdem die schnellen Entscheidungen sowieso immer die besten. Also das sag jetzt ich so, und sinngemäß hat es der Brenner bestimmt auch so gemeint, aber gesagt hat er: «Fragen wir lieber gleich heute im Personalbüro, bevor in Böhmen ein Viertel eingeht.»
    Der René hat ihn groß angeschaut.
    «Ist was?»
    «In Böhmen ein Viertel!» hat der René gesagt, ganz ohne Grinsen, praktisch sentimentaler Anfall. «Das hat mein Großvater auch immer zu mir gesagt: Bevor du etwas erledigst, geht in Böhmen ein Viertel ein! Ich hab mich immer gefragt, was das überhaupt heißen soll.»
    «Du hast dich gefragt, wo überhaupt Böhmen ist», hat der Brenner ein bißchen grob getan. Weil er hat nicht zugeben wollen, daß sein Großvater das auch immer zu ihm gesagt hat: Da geht ja in Böhmen ein Viertel ein, bis du mit der Arbeit fertig bist.
    Und ich muß auch sagen, so flink wie in dieser Situation ist der Brenner noch nicht oft in seinem Leben gewesen. Kaum daß sie außer Hörweite von der Prader-Villa waren, hat er dem René schon das Angebot gemacht.
    Der René natürlich gleich von der Idee begeistert, für einen Detektiv zu arbeiten. Und da hat der Brenner zum erstenmal das Gefühl gehabt, daß er jetzt auf einem soliden Weg ist. Im nachhinein muß man sagen, auf einem soliden Weg war er da höchstens in dem Sinn, daß er gerade wieder einmal über die Festspielstiege hinuntergegangen ist, und das ist wahrscheinlich der solideste Weg weltweit. Weil alles auf Fels gebaut und in Stein gemeißelt, das hält bestimmt tausend Jahre, und da geht vorher ganz Böhmen ein, bevor bei der Festspielstiege eine einzige Stufe schief wird. Aber das solide Gefühl vom Brenner ein bißchen auf Sand gebaut.
    Zuerst Gefühl noch spitze. Er hat dem René soviel von der Sache erklärt, wie er unbedingt hat wissen müssen. Und er hat fast ein bißchen das Gefühl gehabt, daß der René schneller begreift, als der Brenner sich seine Erklärungen zurechtlegt. Weil du darfst eines nicht vergessen. Der René hat einmal beim Gefängnispsychiater einen Intelligenztest gemacht, und der Doktor hat den Test dreimal wiederholt, bis er es endlich geglaubt hat. Weil schon unglaublich, daß dieser hochintelligente Mensch es mit der dummen Tochter vom Gefängnisdirektor eine ganze Woche im Schrebergartenhaus ausgehalten hat, praktisch unmenschliche Haftverschärfung.
    Jetzt hat der René natürlich auch sofort begriffen, warum der Brenner nicht mehr selber zur Eheberatung gehen kann. Das hätte ihm der Brenner gar nicht so umständlich des langen und des breiten erklären müssen. Nicht beleidigt sein, wenn ich es dir auch kurz erkläre, nur sicherheitshalber: Der Brenner hat sich ja in der Agentur Dr. Phil. Guth nur einschreiben lassen, um sich dort ein bißchen umzuschauen, sprich Petting und Küchenmädchen. Aber natürlich, wenn er dann dem Präfekt Fitz begegnet, bringt ihm der falsche Name auch nichts mehr.
    «Sie wollen also, daß ich mich als Ehekandidat anmelde, mich tausendmal beraten lasse und mich nebenbei umschau, ob ich irgendwas über den Verbleib des Küchenmädchens herausfinde.»
    Dem Brenner ist fast schwindlig geworden, wie der René das zusammengefaßt hat. «Das hätte ich jetzt selber nicht besser sagen können», hat er anerkennend gesagt. «Aber woher weißt du das mit dem Küchenmädchen?»
    «Sie haben doch vorhin beim Hinausgehen den Dr. Prader gefragt, ob ihm der Gottlieb einmal was von einem Küchenmädchen erzählt hat.»
    Dabei hat der Brenner geglaubt, er kann den René benützen, ohne daß der gleich alle Zusammenhänge versteht. Aber trotzdem. In dem Moment ist das Gefühl vom Brenner immer noch gut gewesen.
    «Laß dich nur nicht von der Lady an der Rezeption verwirren!» hat er den René noch schnell gewarnt, wie sie schon über den Kapitelplatz marschiert sind. «An der mußt du vorbei, die geht uns nichts an. Ich sag dir, die hat Haare wie ein Waldbrand. Und Augen wie ein Sportwagen. Und eine Stimme wie Schleifpapier.»
    «An der komm ich nicht vorbei», hat der René gelächelt.
    «Das schaffst du schon», hat der Brenner gegrinst, praktisch Männer unter sich. Sie sind jetzt schon vor dem Eingang gestanden, schon zehn Minuten nach fünf, darum hat der Brenner es ein bißchen eilig gehabt.
    Der

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