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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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tadeln?
    Er schenkte sich aus dem Krug auf seiner Kommode ein Glas Wasser ein und überlegte, ob er sich bei alldem vernünftig verhalten hatte. Ihm wurde bewusst, wie wütend er war. Er hasste den Umstand, dass er von einem Mann in dieses Elend gestoßen und in Gefahr gebracht worden war, für den er kaum mehr als ein Handelsgut war, wenn auch ein sehr wertvolles. George war sogar so wütend, dass ihm die schwache Bernsteinfärbung des Wassers entging, das er trank, und ihm wurde erst, als er das Glas zur Hälfte geleert hatte, bewusst, dass es seltsam schmeckte und einen komischen Geruch hatte. Als er versuchte, ihn einzuordnen, spürte er, wie sein Mund zu kribbeln begann.
    Erst, als sich der Raum plötzlich furchtbar schwer anfühlte, erkannte George, womit er es zu tun hatte. Dieser Geruch hatte ihn während des größten Teils der vergangenen zwei Tage begleitet: Es war das scharfe, penetrante Aroma der Tinkturen des Professors, besonders der laudanumhaltigen, die er als Schlafmittel benutzte.
    Das Glas fiel aus seiner Hand und zerschellte am Boden. George fiel nicht zurück auf das Bett, sondern kippte nach vorn und schlug mit dem Kopf auf den Boden, auch wenn er das kaum mehr spürte. Als es um ihn dunkel wurde, versuchte er, sich den Wasserkrug anzusehen, aus dem er sich eingeschenkt hatte, und dabei fiel ihm auf, dass die Schubladen der Kommode auf sonderbare Weise offen standen: Jede war ein wenig herausgezogen worden, wobei die untere Schublade weiter geöffnet war und die obere nur ein kleines bisschen. Es sah aus, so dachte George, als hätte eine extrem kleine Person sich Stufen aus den Schubladen gemacht, um auf die Kommode zu klettern.
    Dann erlosch die Welt um ihn herum.

18
     
    SEGNUNGEN
     
    Als George erwachte, schmerzte sein Kopf von innen und außen. Hoch oben auf seiner Stirn hatte sich eine große Beule gebildet, und sein Gehirn fühlte sich an, als wäre es durchtränkt mit irgendeiner schauderhaften Lauge. Er stöhnte und drehte sich um, und als er aus dem Fenster sah, erkannte er das weiße Licht des Vormittags. Er war die ganze Nacht über bewusstlos gewesen. Er setzte sich auf. Jemand hatte ihm Drogen verabreicht, das war ihm klar, aber er hatte keine Ahnung, warum. Warum sollte irgendjemand wollen, dass er schlief, noch dazu in seinem eigenen Zimmer? Vielleicht war die eigentliche Absicht gewesen, ihn zu vergiften, überlegte er, aber diese Vorstellung war noch haarsträubender.
    Zitternd stand er auf, bemühte sich, das Gleichgewicht zu halten und die Übelkeit zu ignorieren, die sich in seinem Bauch festsetzte. Dann ging er zur Tür und versuchte, sie zu öffnen. Sie war verschlossen, und ihm fiel wieder ein, dass er sich am Vorabend selbst eingeschlossen hatte. Er entriegelte die Tür, öffnete und ging hinaus auf den Korridor.
    Sogleich blieb er wieder stehen. Der Korridor war außergewöhnlich dunkel für die Tageszeit. Er sah sich zu den Enden um und erkannte, dass jemand die Fenster mit Laken verhängt hatte, und sämtliche Gasleuchten an den Wänden waren zerschlagen, einige sogar aus der Wand gerissen worden. George fragte sich, wer das getan haben konnte, immerhin waren, von der Truppe abgesehen, keine weiteren Gäste in dem schäbigen, kleinen Hotel untergebracht.
    Er schloss die Tür, und dabei strich seine Hand über das Türblatt, und er spürte, dass die Oberfläche sonderbar uneben war. Als er hinschaute, rang er erschrocken nach Luft.
    Dutzende von tiefen Furchen verliefen über die untere Seite seiner Zimmertür, so, als hätte ein Tier versucht, sich mit Klauen einen Weg hinein zu bahnen. So, wie die Tür aussah, mussten es gleich mehrere Tiere mit sehr kleinen Pfoten gewesen sein … aber den Spuren nach zu urteilen, waren es eher kleine Hände als Pfoten. Er schaute sich auf dem Korridor um und sah, dass keine der anderen Türen angerührt worden war. Wahrscheinlich hatte er den Lärm nicht gehört, weil er bewusstlos gewesen war. Was, dachte er, wäre wohl passiert, hätte er die Tür nicht abgeschlossen?
    Irgendwo in einem höheren Stockwerk erklangen Schritte. Es war Tag, also musste der Rest der Truppe bei den Proben sein. George hatten sie einfach hiergelassen, damit er sich um Kingsley kümmerte. Kingsley musste noch oben sein. Vielleicht waren das seine Schritte gewesen. Aber als er Kingsley zum letzten Mal gesehen hatte, war er nicht einmal imstande gewesen, sein Bett zu verlassen.
    George ging zum Treppenhaus und hinauf in das nächste Stockwerk. Der

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