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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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schön häufig weiterzieht. Aber ich sitze jeden Tag hier, hänge über all dem öden Nichts. Ich werde nie vergessen, wie die Welt aussehen könnte, sollte ich in meiner Wachsamkeit nachlassen. Mehr noch, wir alle sind Gehängte, in gewisser Weise, Männer und Frauen, die auf ihr unausweichliches Ende warten, und auch das werde ich nie vergessen. Aber ich werde dafür sorgen, dass wir, solange es uns nur möglich ist, so leben und sterben, wie wir es wollen. Und ich werde tun, was ich kann, um das sicherzustellen. Sie können mich bedrohen, wie sie wollen, aber ich werde nie aufgeben.«
    George nickte. Er glaubte zu verstehen, auch wenn das eine höchst sonderbare Begebenheit war; er kannte sich nicht gut in Geschichte aus, aber er konnte sich nicht erinnern, wann zum letzten Mal jemand in England mit Deportation bedroht worden war. Dann erinnerte er sich daran, was Franny ihm im Zug erzählt hatte, und er fragte: »Was, wenn sie die anderen bedrohen?«
    »Die anderen?«
    »Ja«, bekräftigte George. »Würdest du das Leben der restlichen Truppe riskieren? Oder meines?«
    Silenus musterte ihn erschrocken. »Dich würde ich mit allen Mitteln schützen. Wir können es nicht verkraften, dich zu verlieren.«
    George fiel auf, dass er »wir« gesagt hatte. »Weil ich die Weise in mir habe, oder weil ich dein Sohn bin?«
    Silenus blickte zu Boden. Stanley drehte sich um und starrte ihn mit sorgenvoller Miene an. »Nun, natürlich, weil du mein Sohn bist«, sagte Silenus schließlich.
    George schwieg zunächst. Dann stellte er fest: »Aber darüber musstest du erst nachdenken.«
    »Ich … ich habe nicht erst nachdenken müssen. Das ist ganz einfach eine erschütternde Frage.«
    »Eine erschütternde Frage«, wiederholte George.
    »Ja, das ist es.«
    George lachte erbittert auf. »Mit allen Mitteln schützen … Du sprichst von Belastungen, Harry, und ich bin deine Last, nicht wahr? Etwas, mit dem man vorsichtig umgehen muss, etwas, das man nie entwischen lassen darf.«
    »Ach, um Gottes willen«, fuhr Silenus ihn an. »Du weißt, dass wir die Weise verstecken müssen, ganz egal, was es uns kostet.«
    »Aber um das zu erreichen, gibt es bessere Möglichkeiten«, entgegnete George.
    »So? Und was ist an meinem Umgang mit dir so fürchterlich?«
    George errötete. Er wusste, dass er es nicht sagen sollte, schließlich hatte er Stanley versprochen, er würde versuchen, es zu vergessen, aber er konnte sich nicht zurückhalten. »Du hast zum Beispiel dafür gesorgt, dass ich mit verfaulten Tomaten beworfen wurde.«
    Silenus erschrak ein wenig, und George wusste sogleich, dass Stanley seinem Vater nicht verraten hatte, dass er Bescheid wusste. »W-was?«
    »Ganz genau«, sagte George. »Ich weiß, dass du diese Demütigung eingefädelt hast! Und ich habe zu lange darüber geschwiegen. Wie konntest du auch nur daran denken, so etwas Furchtbares zu tun? Hast du eine Ahnung, wie schrecklich das für mich war? Und dann bist du auch noch aufgetaucht und hast mich getröstet, aber es war alles nur gelogen.«
    »Woher …« Silenus brach ab und sammelte sich. »Tja, es mag schrecklich gewesen sein, aber es war notwendig! Du hast die Truppe sabotiert, Junge! Was hätte ich wohl sonst machen können?«
    »Du hättest mit mir reden können!«
    »Wir haben versucht zu reden, und das hat nicht funktioniert.«
    »Nein, du hast mir nur strikt erklärt, was ich zu tun habe. Als hätte ich eine Wahl gehabt! Du hast mich wie einen ungehorsamen Hund behandelt, und als ich dir nicht gleich gefolgt habe, hast du mich durch Zwang gefügig gemacht!« George wünschte sich beinahe, das Erkerfenster aufzubrechen, doch er wusste nicht recht, was das bewirken mochte. Womöglich würden sie hinaus in diese abscheuliche Ödnis gesogen.
    Silenus war wütend über seine Worte, doch zur Abwechslung hielt er den Mund. Stanleys Blick wanderte zwischen den beiden hin und her, und er war so aufgewühlt, es schien, als könnte er jeden Moment platzen.
    »Ich weiß, dass ich recht habe«, bekräftigte George. »Ich bin deine Bürde. Tut mir wirklich leid, dass du mich so weit hast mitschleppen müssen.« Damit machte er kehrt und ging hinaus, ohne sich noch einmal umzuschauen.
    George ging in sein Hotelzimmer, knallte die Tür zu und verriegelte sie. Vor Wut zitternd, setzte er sich auf sein Bett und wartete, obwohl er nicht recht sicher war, worauf eigentlich. Würde Silenus kommen und versuchen, sich zu entschuldigen? Oder ihn für seine mangelnde Dankbarkeit

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