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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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vor, als könnte sie nicht glauben, was sie sah, und tat gleich darauf einen Satz zurück. »Da! Da!« , schrie eine Stimme in der Dunkelheit, und das kleine Ding spurtete quer über den Korridor, um sich in einem anderen Zimmer zu verstecken.
    George fing an zu zittern, und ihm fiel ein, was Franny gesagt hatte. Ich nehme an, der Professor hat recht. Sie sind von Tag zu Tag schwerer zu beherrschen.
    »Es ist der Junge, der Junge« , flüsterte eine Stimme auf dem Korridor der darunterliegenden Etage, und George glaubte, viele Stimmen darin zu hören.
    »Wir hassen den Jungen« , sagte eine andere Stimme, ebenfalls von unten, aber aus einem anderen Teil des Hotels. »Vater hat mit ihm gesprochen, ihm vertraut, aber er ist Vaters Liebe nicht wert, nein, nein. Nur wir sind Vaters Liebe wert. «
    »Wir sind Segnungen« , sagte die Stimme aus dem Korridor unter ihm. »Segnungen.«
    Es war eine Stimme, die aus verschiedenen Richtungen erklang. Er erkannte in ihr die Stimme, die die Marionetten des Professors zum Sprechen brachte, jede Puppe auf ihre eigene Art, so, als besäße jede ihre eigene Persönlichkeit. Aber nun wurde ihm klar, dass hinter all dem eine einzige Intelligenz steckte, ein Geist, irgendwie …
    »Vater schläft« , sagte die Stimme unter ihm. »Dürfen ihn nicht wecken, dürfen ihn nicht stören.«
    »Hat uns zu gut gefüttert« , wisperte die andere. »Und jetzt sind wir ganz, endlich ganz und frei, aber er schläft. Aber keine Sorge, keine Sorge. Vater wird am Morgen erwachen, und dann wird er auch ganz sein, nicht wahr?«
    »Es sei denn, der Junge weckt ihn« , wandte die Stimme am anderen Ende des Korridors ein. »Dann wird er böse sein, so böse.«
    »Töten wir ihn« , schlug eine Stimme von unten vor. »Töten wir den Jungen. Brechen seine Knochen, zerreißen sein Fleisch.«
    »Nein!«, rief George und wich über den Korridor zurück, fort von den Stimmen im Dunkeln. »Warum wollt ihr das tun?«
    »Soll Vater nicht wecken« , sagte die Stimme. Mehr trippelnde Schritte von unten. Und dort, aus dem Zimmer am Ende des Flurs, schaute da nicht ein winziger kahler Kopf zur Tür heraus und starrte ihn an?
    »Vater hat uns aus sich geschaffen, genau wie es ihm der zornige Mann gesagt hat« , sagte die Stimme von unten.
    Der zornige Mann, dachte George. Meinten sie Harry? Er war nicht sicher, aber er wich weiter zurück und sah sich um. Es musste doch irgendjemand hier sein. Sie konnten doch nicht alle bei der Probe sein. Aber natürlich konnten sie, wie er entmutigt erkannte. Sie dachten sicher, er würde sich um Kingsley kümmern. Noch in der letzten Nacht war er so wütend auf seinen Vater gewesen, doch jetzt würde er alles geben, wenn er nur hier wäre.
    »Hat uns Stimmen gegeben, hat uns Leben gegeben« , ergänzte die zweite Stimme von unten.
    »Hat uns sich gegeben, hat uns sein eigenes Leben gegeben« , sagte die Stimme am Ende des Korridors.
    Die zweite Stimme von unten ahmte einen weiblichen Ton nach. »Er hat uns genauso gemacht, wie der Schöpfer Eva aus Adam gemacht hat. Er hat einen Teil von sich genommen und uns mit ihm erfüllt, hat uns Liebe geschenkt und Freiheit.«
    »Nein, keine Freiheit, nein, nein« , rief die Stimme am anderen Ende des Flurs ärgerlich. »Vater hat uns in den Kisten festgehalten, im Dunkeln, hat uns nie unser eigenes Leben leben lassen.«
    »Wahr, das ist wahr« , bekräftigte die Frau unter ihnen.
    »Hat uns an sich gebunden, immer angebunden, hat uns in unseren Fesseln tanzen lassen« , sagte die andere Stimme von unten.
    »Jetzt ist Schluss mit der Finsternis. Raus aus dem Dunkeln, raus, ganz und frei.«
    Etwas bewegte sich in der Dunkelheit am Ende des Korridors. George meinte, zwei weitere Gestalten auszumachen, die die Treppe heraufgekommen waren. Ballonförmige Köpfe lugten um die Ecke. Sie kamen hervor, blieben reglos auf dem Korridor stehen und starrten ihn an. Einer der schimmernden Köpfe war von goldenen Locken umrahmt, der andere mit einer schwarzen Melone gekrönt. Während sie ihn musterten, trat die dritte, kindlich erscheinende Gestalt aus dem Zimmer, in dem sie sich versteckt hatte, und gesellte sich zu ihnen. Dann kamen sie ganz langsam auf ihn zu, bewegten sich in dem träumerischen Galopp spielender Kinder.
    »Der Junge weiß« , sagte die Stimme. »Töten wir den Jungen.«
    »Werfen wir ihn nieder, brechen ihm die Knochen.«
    »Rupfen ihm die Augäpfel aus.«
    »Nein!«, schrie George. »Nein, bitte! Bitte nicht! Ich hatte doch gar nichts

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