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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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deren Basis die Welt in Georges Augen funktionieren sollte, brachen und verhöhnten. Ihre halbherzigen Versuche, als Menschen zu erscheinen, betonten ihre Verkehrtheit nur umso mehr.
    Er hatte gehofft, sie würden nicht wissen, wer er war, doch der fette Wolf hatte ihn sofort identifiziert. Er hatte George mit den Armen umfangen und von der Bühne in den Orchestergraben gewischt und ihn neben die kleine Attrappe gehalten, die vor dem Piano saß. »Er ist es! Er ist es!«, hatte der Näselnde gekräht. »Wir haben ihn, wir haben ihn! Dummes Ding! Dummes, kleines Kind! Kommt doch geradewegs hier hereinspaziert, was?«
    »Kommt aus den Schattenländern hergestolpert«, grollte der Fette und musterte die Male auf Georges Händen. »Du hast also die grauen Gegenden gesehen, nicht wahr? Aber jetzt bist du hier. Jetzt bist du hier.« Und beide hatten vor Wonne geheult, ein schriller, klagender Laut, der kein Echo erzeugte, sondern sich tief in den Geist zu bohren schien.
    Als sie Georges Fesseln gelockert hatten, sagte der Fette: »Jetzt warten wir, bis er zurück ist. Er wird dir Fragen zu stellen haben. Viele, viele Fragen. Und dann dürfen wir machen, was uns gefällt.«
    »Aber wir können ihm vorher selbst ein paar Fragen stellen«, sagte der Näselnde. »Vielleicht schüttet er uns sein Herz aus. Dann gebührt uns der ganze Ruhm, so ist es doch?«
    »Würdest du das tun?«, hauchte der Fette und starrte George aus weit aufgerissenen Augen ins Gesicht. »Würdest du uns etwas erzählen? Würdest du uns alles erzählen?«
    George war zu verängstigt, um etwas zu sagen. Er wusste nicht, was sie ihn fragen wollten, also konnte er ihnen auch nicht sagen, ob er imstande wäre, ihnen zu antworten.
    »Hast du es gesehen?«, verlangte der Näselnde von ihm zu erfahren. »Hast du das Licht gesehen? Dieses scheußliche Licht , das sie tragen wie das Auge des Feindes?«
    »Wie tragen sie es?«, fragte der Fette. »Tragen sie es in einer Laterne? Wir glauben, sie müssen es in einer Laterne tragen … Sie gehen ins Dunkel, nicht wahr, und schwingen es hin und her?«
    Beide Wölfe erschauerten. Dann knurrte der Näselnde voller Zorn.
    »Sag es uns!«, schrie er. »Erzähl uns von der Laterne! Wie können wir sie zerstören? Ist sie aus Mondsilber gemacht?« Er stürzte herbei, um George mit stechendem Blick ins Gesicht zu starren, und George glaubte, Risse in der Fassade des Wolfs zu erkennen, so, als drohe sie zu zerspringen und zu offenbaren, was sich unter der Haut verbarg.
    »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen!«, sagte George. »Ich … ich weiß nichts über eine Laterne oder … oder Mondsilber!«
    Der näselnde Wolf knurrte und wirbelte davon, aber der Fette beugte sich fasziniert vor. »Ist es nicht in einer Laterne?«, fragte er. »Tu nicht so, als wüsstest du es nicht, als wärest du keiner von denen. Wir wissen, dass du Silenus’ Kind bist. Ist es nicht so?«
    George holte tief Luft. Er war nie ein guter Lügner gewesen und wusste nicht, was er nun sagen sollte.
    Doch ehe er sich noch etwas einfallen lassen konnte, lächelte der Wolf. »Ah, ja. Ich weiß nicht viel über dich und deine Art, aber ich erkenne die Gestalt der Wahrheit. Und da war sie, zwinkernd in deinen Augen. Also musst du es wissen, nicht wahr? Du musst wissen, wie es getragen wird, wie sie es transportieren.«
    »Wir haben so lange gewartet …«, sagte der Näselnde. »Sag uns, wie es aussieht. Sag uns, wie wir drankommen können. Wir zwingen dich, wenn du es nicht tust.«
    »Ja«, bestätigte der Fette. »Das werden wir.« Dann dachte er kurz nach und fragte: »Weißt du, warum wir uns in die Gestalt von Menschen hüllen?«
    George schüttelte den Kopf.
    »Das tun wir nicht, um uns bei euch einzuschleichen. Wir tun es, weil wir höflich sind.« Er streckte einen Finger aus, und ein leises Krachen ertönte, so, als hätte jemand eine Eierschale fallen lassen. Etwas sehr Schwarzes und Scharfes stach aus dem weißen Fleisch der Fingerspitze hervor, die zerbröselte, als bestünde sie aus Kreide. Es war eine Klaue, wie George erkannte, schwarz wie Kohle und schärfer als ein Rasiermesser, die sich aus dem, was immer der Wolf wirklich war, durch die Haut gebohrt hatte.
    Der Wolf sah zu, wie Georges Augen dem Klauenfinger folgten. »Du willst nicht wissen, wie wir wirklich aussehen«, sagte er. Dann hob er den Finger und ritzte eine schnurgerade Linie unter sein Kinn, als wollte er sich die Kehle aufschlitzen. Aber kein Blut strömte aus dem

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