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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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Verdacht, dass er die Weise in sich hatte, und nun kam es, um ihn persönlich zu untersuchen. Er durfte nicht mehr hier sein, wenn das passierte, das war ihm klar. Aber er konnte nicht davonlaufen, da die Wölfe ihn zweifellos wieder einfangen würden. Was konnte er also tun?
    Er schaute hinauf zu dem offenen Dach. Konnte er vielleicht irgendwie dort hinaufklettern und verschwinden? Waren die Wölfe gute Kletterer? Dann fiel ihm auf, dass die Überlegung müßig war: Es war kaum genug von der Galerie übrig, damit er zum Dach hinaufklettern konnte.
    Draußen war der Nachthimmel zu sehen, und er sah, wie der Wind mit ein paar Wolkenfetzen spielte, und dann hatte er eine Idee …
    Ich bin deine Gönnerin. Du bist für mich eingetreten, als es nicht gut für dich war … Wenn du mich je brauchst, ruf einfach meinen Namen. Wenn ich in der Nähe bin, werde ich zu dir kommen.
    Er wusste nicht, ob es funktionieren würde und ob sie überhaupt nahe genug war, um ihn zu hören. Aber George blieb keine Wahl, also rannte er durch das Theater, bis er direkt unter der Öffnung im Dach war, legte den Kopf in den Nacken und rief dem Himmel ein einziges Wort zu: »Zephyros!«
    Die Wölfe wirbelten herum und stierten ihn an. »Was?«, fragte der Fette.
    Der näselnde Wolf sprang von der Bühne und packte George an den Schultern. »Es ist nichts. Hat vermutlich um Hilfe gerufen. Aber es gibt nichts, das dir helfen kann, Kind. Nichts kann dich vor uns schützen.«
    George beobachtete weiter den Himmel durch das offene Dach. Er wartete, doch nichts schien sich zu rühren, und er verlor den Mut. Er war allein, und niemand konnte aufhalten, was da kam, was immer es war.
    Die beiden Wölfe hatten das Feuer endlich gelöscht. Die Dunkelheit in dem Theater schien sich zu verstärken, und tanzten die Ascheflocken jetzt schneller durch die Luft?
    »Bringt ihn hierher«, befahl der fette Wolf.
    Der Wolf mit der näselnden Stimme hob George hoch, als würde er gar nichts wiegen, und warf ihn vor die Bühne. Dann ergriff er einen von Georges Armen, und der fette Wolf schnappte sich den anderen.
    »Seid ihr sicher, dass es kommt?«, fragte der Wolf in Rot.
    Auf der Bühne wurde es immer dunkler. Die Schatten im Hintergrund schienen auszubluten, wurden größer und größer, bis sie die verbliebenen Vorhänge, die zerfetzte Kulisse und die gesplitterten Bodenbretter verschlungen hatten. Bald war von der Bühne fast gar nichts mehr zu sehen.
    »Wir sind sicher«, nickte der fette Wolf.
    George zitterte in ihren Händen. Immer wieder sah er sich zum Eingang des Theaters und zu dem Loch im Dach um und hoffte, jemand würde kommen und dem Geschehen ein Ende machen, aber es tat sich nichts.
    Er drehte sich wieder zur Bühne um, die inzwischen so dunkel war wie der Eingang zu einer Höhle. Und George fühlte, dass dort etwas war, etwas sehr Großes, das ihn aus dem Hintergrund beobachtete.
    Das war der Moment, in dem er sich an etwas erinnerte, das er in den bewegten Bildern gesehen hatte, die ihm Silenus gezeigt hatte: Als die Welt geschaffen worden war und die Dunkelheit lebendig wurde, hatte es kein Gewimmel von Wölfen gegeben, noch nicht. Ursprünglich war da nur ein Augenpaar in der Dunkelheit gewesen, das diese neue Schöpfung mit größtem Hass betrachtet hatte. Und George erinnerte sich auch an diesen kurzen Ausbruch der Stille, den der Wolf in Rot als Wort benutzt hatte, und nun fragte er sich, ob er vielleicht einen Namen gesprochen hatte. Aber einen Namen für was, überlegte er. Was konnte schrecklich genug sein, der Furcht zu entsprechen, die von der Erwähnung jenes sonderbaren Wortes ausgelöst wurde?
    Dann regte sich etwas in den Schatten, und plötzlich waren sie auf dem Meeresboden.
    George wusste es nicht, aber der menschliche Geist ist sehr gut darin, neue Zusammenhänge zu schaffen, wenn die Welt keinen Sinn mehr zu ergeben scheint. Wenn ein Mensch etwas erlebt, das seine fünf Sinne überfordert, filtert der Geist die Informationen und verändert sie, bis das zugrundeliegende Ereignis nach normalen, verständlichen Regeln erfassbar ist. Im Wesentlichen bringt er eine realistische Metapher hervor, die sich auf das bezieht, was wirklich geschieht. Manchmal unterscheidet sich so eine Metapher von der normalen Welt, beispielsweise, wenn sie die Dinge so aussehen lässt, als wäre man auf dem Meeresboden; doch solch eine Veränderung mag notwendig werden, wenn das nicht erfassbare Ereignis nur enorm genug ist.
    Und das, was George nun

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