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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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vollkommen falsch.«
    »Mir hat es gefallen«, sagte Franny leise. »Wir sind herabgestoßen und getrudelt, und da war so viel Wasser …«
    Silenus sah sich im Theater um, und sein Blick fiel auf die Attrappe, die so gekleidet war wie er. »Was war hier los? Diese Dinger sehen aus wie … wir. Außerdem stimmt etwas mit der Bühne nicht. Hier gibt es Relikte von einer Art Korridor. Was ist passiert, George?«
    Das Bild von dem Ding im Dunkeln kehrte überfallartig zurück. »Es wollte mich ansehen«, sagte er leise und schauderte.
    »Was?«, fragte Silenus. »Was wollte dich ansehen?«
    George gab sich große Mühe zu erzählen, was er gesehen hatte, aber er konnte es kaum beschreiben. Er fing damit an, dass die Wölfe ihn unter Wasser gezogen hatten, aber dann kehrte er wieder um und sagte, das sei falsch, denn eigentlich wären sie unter allem gewesen, und dann war da etwas gewesen, das gekommen war, um ihn anzusehen. Und allein den Anblick dieses Dings im Dunkeln zu verkraften hatte so wehgetan  …
    »Was sagst du?«, fragte Silenus. »Was hast du denn nun gesehen?«
    »Da unten war etwas«, versuchte George ihm begreiflich zu machen. »Irgendwo, am Boden von … allem. Und es hat mich herabgezogen oder vielleicht auch das ganze Theater, damit es mich ansehen konnte.«
    Zum ersten Mal, solange George sich erinnern konnte, erbleichte Silenus. »Du warst da unten mit ihm? Du hast es wirklich gesehen ?«
    »Ich habe es nicht gesehen«, sagte George. »Nicht … nicht ganz. Aber ich dachte, ich könnte es erkennen … Nur daran zu denken tut schon weh.« Er legte eine Hand an seine Stirn. Etwas in seinem Hinterkopf pulsierte und erinnerte ihn an das Gefühl der Auflösung, das er während seiner Vision erlitten hatte.
    Er stolperte und sah rote Tropfen auf seinem Hemd auftauchen. Vielleicht, dachte er, hatte er Nasenbluten, doch dann begriff er, dass das nicht der Fall war: Seine Augen bluteten, als würde er blutige Tränen weinen.
    »George?«, sagte Silenus, sprang von der Bühne und rannte zu ihm. »George! Bleib da, George! Bleib wach!«
    Aber er konnte nicht, und er fiel zu Boden. Er hörte Zephyros irgendwo in der Nähe seinen Namen rufen, und dann hielt sie seinen Kopf mit ihren langen, kühlen Fingern. Seine Augen verdrehten sich, und das Letzte, was er sah, war die verkohlte Bühne. Und gleich über ihr glaubte er zwei riesige, dunkle Augen hängen zu sehen, Augen, so groß wie Planeten, und er stellte sich vor, dass sie nach ihm Ausschau hielten.

21
     
    WIE EINE WEISE VERÄNDERT WIRD
     
    George hatte das Gefühl, er würde in sich selbst hinabsinken, würde fortgespült, riesele durch alte, muffige Rohre im Hintergrund seines Bewusstseins. Er war verflüssigt worden, geschmolzen, zerstört, war jenseits jeder Chance auf Rettung, und alles, was er wollte, war einfach für immer wegzugleiten.
    Aber das konnte er nicht. Etwas hielt ihn zurück, als wäre er ein Fisch an einer Angelschnur. Einen Moment später erkannte er, dass es der Klang einer Stimme war, die leise sang, und als ihm das klar wurde, stellte er auch fest, dass er furchtbar fror und furchtbar nass war.
    Mühsam schlug er die Augen auf und sah nur ein Aufblitzen von blaustichigem Weiß. Dann aber schien das Weiß zu- und abzunehmen, und als es abnahm, sah er die Finsternis dahinter und viele Sterne. Er öffnete den Mund, und Ströme eisigen Wassers zwängten sich hinein und sammelten sich um seine Zähne. Dann drehte er den Kopf und sah, dass Silenus ihn trug und dass er derjenige war, der sang. Sein Gesicht war von Kondenswasserperlen überzogen, sein Schnurrbart ein Band voller Taujuwelen. Doch er schien nicht zu gehen oder zu sitzen, und trotzdem zog der Himmel über ihnen vorbei …
    Wo sind wir? , wollte George fragen, aber er konnte nicht sprechen.
    Dann drehte er den Kopf in die andere Richtung, und hätte er die Kraft gehabt, so hätte er geschrien.
    Weit, weit, weit unter sich sah er die dunklen Formen von Bergen und Tälern und kleinen Städten und hier und da die verschlungenen Bahnen von Bächen und Flüssen. Darüber schwebten Fetzen und gekräuselte Anballungen weißer Wolken, was George erst nach einer Weile begriff, denn bisher hatte er sie immer nur von unten gesehen, nicht von oben. Und sie waren über ihnen, wie er nun erkannte, sehr weit über ihnen. Sie schossen durch die Luft und allerlei Schichten voller Feuchtigkeit, die sich in seinen Haaren und Ohren und Augenbrauen sammelte und in Strömen von ihm

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