Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
Vom Netzwerk:
sonderbar verlassen: Nicht nur, dass niemand auf dem Gehweg unterwegs war, auch Häuser und Läden waren dunkel und verrammelt, als wollten die Menschen im Inneren Passanten glauben machen, hier würde niemand leben. Dabei war es hier geschäftig zugegangen, als George früher an diesem Abend vorbeigeschaut hatte. Hatte er nicht gleich dort drüben neben dem Hotel eine Dame in einem Regenmantel gesehen, die sich zitternd fester in das Kleidungsstück gewickelt hatte? Und eine Gruppe Kinder, die mit einem Metallreif gespielt hatten? Aber nun war niemand mehr da.
    George blieb stehen. Silenus sah ihn an und nickte Kingsley zu, der sich hinter ihnen bereithielt.
    »Warum hältst du an, Junge?«, fragte Silenus. »Komm weiter.«
    »Fühlen Sie das nicht?«, fragte George. »Hören Sie es nicht?«
    »Was hören?«
    »Diese Stille«, sagte George. »Vorhin habe ich sie rund um das Hotel gehört, darum wusste ich, dass die Männer in Grau da waren, aber jetzt …«
    »Was, jetzt?«, fragte Silenus.
    George sah sich um. Die Häuser zu beiden Seiten der Straße sahen grau und matt aus, und die Straßenlaternen flackerten, als müssten sie darum kämpfen, nicht zu erlöschen. »Jetzt ist es, als wären sie überall um uns herum …«
    Einen Moment starrte Silenus ihn nur an. Dann riss er sich den Zylinder vom Kopf und fummelte an der Innenseite herum. »Ich hoffe verdammt, du irrst dich«, murmelte er und zog ein großes, verkratztes Monokel hervor. George hatte den Eindruck, es wäre viel zu verkratzt, um noch hindurchzusehen, aber Silenus hielt es vor ein Auge und musterte das Hotel durch die Linse. Zwar konnte George keinerlei Bewegung hinter den Fenstern sehen, doch Silenus atmete ganz langsam ein, so, als gefiele ihm nicht, was er sah. Dann drehte er sich um 360 Grad und beäugte die Straßen durch das Monokel. »Tja«, sagte er schließlich. »Du hattest recht, mein Junge. Sehr, sehr, sehr recht. So unmöglich es auch scheint, sie haben auf uns gewartet. Gewissermaßen wünsche ich mir, ich hätte auf dich gehört, Kleiner, schließlich kann ich nicht immer recht haben.«
    »Wenn sie hier sind «, sagte Kingsley, »ist es nur gut, dass wir nicht ins Hotel gegangen sind.«
    »Sie sind nicht mehr im Hotel«, erklärte Silenus. Das Monokel klemmte immer noch vor seinem Auge. »Sie beobachten die ganze Nachbarschaft. Kingsley?«
    »Ja?«
    »Nimm die Kanone raus und behalte die Umgebung genau im Blick.«
    »Das wird doch auffallen!«
    »Es ist niemand auf der Straße«, sagte Silenus und blickte durch das Monokel zum Himmel hinauf, ehe er die Häuser um sich herum musterte. »Wenn sich die Wölfe in so großer Zahl sammeln, ändert sich manches … Das Licht erstirbt, der Himmel fühlt sich dünn und gedehnt an, und alles wird kalt. Nein … wenn so viele von ihnen hier sind, dürfte niemand auf der Straße sein. Wir sind allein. Genau, wie sie es haben wollen.«
    »Aber wir wurden noch nicht entdeckt, oder?«, fragte Kingsley, während er seine Waffe zog.
    »Oh, das wurden wir zweifellos. Ich würde sagen, sie haben unsere Witterung aufgenommen, kaum dass wir die Straße betreten haben.« Silenus nahm das Monokel herunter und murmelte leise vor sich hin: »Wie konnten sie dem standhalten? Werden sie stärker, oder werden wir schwächer?« Dann steckte er das Monokel in die Tasche, setzte den Hut wieder auf, drehte sich um und ging gemächlich zurück. »Gut. Kommt mit, alle beide. Geht neben mir. Aber nicht rennen. Jedenfalls noch nicht.«
    Kingsley und George flankierten Silenus und setzten lässig einen Fuß vor den anderen. Als George sich umblickte, sah er, dass es am Ende der Straße immer dunkler wurde, weil die Straßenlaternen in der Nähe des Hotels eine nach der anderen flackernd erloschen. Es war, als ginge jemand von Lampe zu Lampe, um sie zu löschen, doch er konnte dort niemanden sehen.
    »Ja, sie folgen uns«, sagte Silenus. »Seht nicht hin. Ihr werdet sie nicht sehen können. Sie wollen nicht gesehen werden. Nicht jetzt. Trotzdem dürft ihr nicht hinsehen. Wir haben gerade das Lied gehört, also genießen wir einen gewissen Schutz, aber wenn ihr sie anseht, hilft euch das auch nicht mehr.«
    »Haben Sie irgendeine Ahnung, wie wir da wieder rauskommen?«, zischte Kingsley.
    »Noch nicht«, sagte Silenus. »Aber ich denke angestrengt nach.«
    Sie gingen eine von Geschäften gesäumte Hauptverkehrsstraße hinunter. Die Leute vor ihnen verließen die Bürgersteige, verschwanden in Restaurants oder in

Weitere Kostenlose Bücher