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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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verbunden, doch darüber hinaus sahen sie beinahe perfekt aus.
    »W-was …?«, brachte George zaghaft hervor.
    »Also, Junge, von wo kommen sie?«, fragte Silenus.
    George erschrak und blickte erneut durch das Monokel. »Von der Gasse dort«, sagte er und zeigte hin.
    »In Ordnung«, meinte Silenus. Dann flüsterte er jedem Spiegelbild etwas ins Ohr. Bis dahin waren sie statisch und starr gewesen, doch als sie hörten, was er zu sagen hatte, verzog sich jedes der substanzlosen Gesichter zu einem Ausdruck des Elends und des Grauens.
    »Ich weiß, dass euch das nicht gefällt, aber es geht nicht anders«, sagte Silenus zu ihnen. »Außerdem hättet ihr so oder so nicht lange gelebt. Nur so lange, bis wir das Fenster hinter uns gelassen hätten. In Ordnung?«
    Das Silenusspiegelbild nickte steif. »In Ordnung«, sagte der echte Silenus. »Jetzt … geht .«
    Die drei Spiegelbilder drehten sich um und marschierten in Richtung der Gasse, auf die George gedeutet hatte. Sie bewegten sich unbeholfen, so, als stellten sie ein Ungetüm auf sechs Beinen dar, aber sie schafften es, sich aufrecht zu halten.
    »Zurück«, sagte Silenus zu George und Kingsley. »An die Mauer, damit sie euch nicht sehen.«
    Sie drückten sich flach an die Hauswand und blickten ihren Spiegelbildern nach. Als alle drei geisterhaften Formen die Gasse erreicht hatten, starrten sie dort genau dem entgegen, was sie verfolgt hatte, ehe sie kehrtmachten und die Straße hinunterrannten.
    Ein Chor aus Knurren und Schreien erhob sich, als die Gestalten in der Finsternis die Verfolgung aufnahmen. Die Straßeneinmündung wurde dunkler, und Silenus flüsterte: »Nicht hinsehen! Dreht euch um und schließt eure Augen!«
    Sie folgten seinen Worten. Das Geräusch von Hunderten von Füßen auf dem Straßenpflaster erfüllte die Luft, und wenn George richtig hörte, dann klang es, als hätten diese Füße Klauen. Der Wind peitschte um ihn herum, und Kälte fuhr in seine Knochen. Plötzlich fühlte er sich alt, so alt wie noch nie in seinem Leben – er wollte nichts anderes als sich einfach auf den Gehsteig legen und nie wieder aufstehen. Dies war der Moment, in dem die Neugier ihn überwältigte, und George öffnete ein Auge und wollte sich umdrehen. Doch kaum hatte er das Auge aufgeschlagen, sah er, dass Kingsley dem gleichen Impuls erlegen war und nun über Georges Schulter hinweg anstarrte, was ihre Spiegelbilder auf der Straße verfolgte. Sein Gesicht war in heillosem Schrecken erstarrt. Schweiß perlte auf seiner Stirn. Dann sah er, dass George ihn beobachtete, und er machte ein finsteres Gesicht, schloss die Augen und wandte sich ab.
    Irgendwann ließen Geräusche und Kälte nach. Silenus schlug die Augen auf und schaute sich um. Dann atmete er hörbar aus. »Sie sind weg«, sagte er.
    »Sind Sie sicher?«, fragte George.
    »Ich bin sicher«, entgegnete Silenus. »Ich habe unseren Spiegelbildern gesagt, sie sollen, wenn möglich, zum anderen Ende der Stadt rennen. Die sind anscheinend auf den Trick reingefallen. Dumme Dinger. Wir können uns vorerst wieder entspannen.«
    Kingsley wischte sich die Stirn mit einem Taschentuch trocken. »Wie konnten sie so nahe kommen? Sie haben gesagt, wenn das Lied gesungen ist, könnten sie sich uns auf Meilen nicht nähern.«
    »Ich weiß verdammt genau, was ich gesagt habe!«, gab Silenus zurück. »So ist es auch immer gewesen! Aber etwas hat sich verändert, ich weiß nur nicht, was.«
    »Vielleicht funktioniert es einfach nicht mehr«, sagte Kingsley.
    »Diese Möglichkeit möchte ich gar nicht in Erwägung ziehen. Hört zu, dieser Trick wird sie nicht ewig ablenken. Beeilen wir uns, dass wir den Bahnhof erreichen, ehe sie uns auf die Schliche kommen. Na los, Junge.« Er und Kingsley setzten sich in Bewegung.
    Doch nachdem George verhöhnt, gewürgt und trotz seines Protests mit Waffengewalt in eine gefährliche Falle getrieben worden war, war er nicht mehr sonderlich empfänglich für den Mann, den zu finden er über ein halbes Jahr gebraucht hatte, ob er nun sein Vater war oder nicht. »Warum sollte ich?«, fragte er.
    Silenus drehte sich um. »Hä?«
    »Warum sollte ich mit Ihnen gehen? Was hätte ich davon? Seit wir uns begegnet sind, haben Sie mich nur malträtiert und ignoriert. Ich habe versucht, Ihnen das Leben zu retten, was mich beinahe mein eigenes Leben gekostet hätte. Also, warum sollte ich?«
    Silenus ging zu ihm zurück und nickte dabei. »Berechtigte Frage«, sagte er. »Aber du vergisst, dass die

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