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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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Inhalt. Silenus und die beiden anderen Künstler blieben an Ort und Stelle stehen. Noch ehe George mehr von ihnen zu sehen bekam, drehte die Hand ihn um, und er blickte in ein müdes, runzliges Gesicht, in dessen unzähligen Falten die Reste weißer Farbe klebten. Es war die starke Frau, doch nun trug sie einen riesigen Mantel und einen voluminösen Pullover anstelle ihrer kunterbunten Bandagen. Hinter ihr erschien der Professor Puppenspieler, der in seinem Smoking kalt und unnahbar wirkte.
    »Und was hast du hier zu suchen?«, fragte er abfällig.
    »Was ist da los?«, ertönte Silenus’ Stimme.
    Die starke Frau drehte George wieder um, und Silenus, dessen Gesicht vage von der Glut der Zigarre angeleuchtet wurde, kam näher. Er hatte keinerlei Ähnlichkeit mehr mit dem Impresario aus der Vorstellung. Im Dunkel hinter der Bühne wirkte er grausam und bedrohlich, als er George unter halb gesenkten Lidern mit einem Blick durchbohrte, der rein gar nichts preisgab.
    »Ein Junge«, sagte die starke Frau.
    »Ein Junge?«, wiederholte Silenus.
    »Wir haben ihn hinter der Bühne entdeckt. Und er ist wach.«
    »Wach, sagt ihr?«, hakte Silenus nach.
    »Ja«, bestätigte der Professor und blickte zu der Hintertür hinaus auf die Gasse. »Die anderen sind alle wie üblich vor dem Theater.«
    »Hm«, machte Silenus und trat näher, um George genauer zu beäugen.
    George hatte sich oft gefragt, was sein Vater bei ihrer ersten Begegnung sagen würde. Er hatte sich vorgestellt, Silenus würde ihn vielleicht auf Anhieb erkennen und auf die Knie fallen, die Arme öffnen und irgendetwas darüber ausrufen, dass er endlich sein verlorenes Kind gefunden habe. Aber möglicherweise würde Silenus auch nur sein Gesicht betrachten und leise murmeln, der junge Mann käme ihm vage vertraut vor. Oder vielleicht würde er aus unerfindlichen Gründen Gefallen an George finden, und sollte sich ihre Bekanntschaft ausreichend vertiefen, so würde er dann und wann erklären: Wisst ihr, dieser Junge erinnert mich an mich selbst.
    Was George jedoch nie erwartet hätte, war, dass Silenus einfach »Ach, verflixt« sagen würde. »Was zum Teufel hast du hier zu suchen, Junge?« Er musterte George von Kopf bis Fuß. »Und warum schlafwandelst du nicht?«
    Eine Pause trat ein, während George die Worte verdaute. »Sch-schlafwandeln?«, fragte er. »Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz …«
    Silenus sog pfeifend Luft durch die Zähne und musterte ihn. Sein ledriges Gesicht bildete Falten rund um die Augen, und er zog schnaubend mit einer Hand seinen Hosenbund hoch. »Du hast keine Ahnung, was hier los ist, nicht wahr?«, sagte er. »Das ist kein gutes Zeichen. Ich weiß nicht, wann das letzte Mal jemand wach geblieben ist. Wir werden uns später eingehender damit beschäftigen müssen.« Er nickte der Frau zu. »Franny, werde diesen jungen Mann los. Wenn er ein Dieb ist, versohl ihm den Arsch, wenn dir danach ist, aber unauffällig. Danach verschwinden wir und gehen zurück ins Hotel.«
    »Nein!«, rief George. »Nein, das dürfen Sie nicht!«
    »Und sorg auch dafür, dass er still ist«, fügte Silenus hinzu.
    »Nein!«, sagte George erneut, sprang vor und packte Silenus’ Ärmel. »Sie dürfen nicht in Ihr Hotel zurückgehen!«
    Die starke Frau zerrte ihn zurück. Silenus riss George den Ärmel aus der Hand und blickte die starke Frau empört an. »Du lässt es ernsthaft zu, dass irgend so ein Scheißbalg mich anfasst?«
    »Er ist doch nur ein Junge«, entgegnete sie verdrießlich.
    »Und Jungs sind nicht imstande, ein Messer bei sich zu tragen?«, fragte Silenus. »Ich habe viele Zehnjährige erlebt, die einen Dolch ganz bewundernswert zu führen wussten, und ich bin nicht scharf darauf, von jemandem aufgeschlitzt zu werden, der verdammt noch nicht mal wählen darf.«
    »Er ist nur ein Junge«, wiederholte sie. »Bitte, sei mir nicht böse.«
    »Ich bin nicht böse, ich bin aufgebracht, Mädchen.« Silenus konzentrierte sich wieder auf George. »Was hast du da gerade gesagt? Über mein Hotel?«
    »Sie … Sie dürfen nicht dorthin zurückgehen«, sagte George.
    »Und warum nicht?«
    »Da sind Männer, die auf Sie warten. Männer in … in grauen Anzügen. Sie suchen Sie. Zumindest glaube ich, dass sie das tun.«
    Seine Worte lösten Unruhe aus. Silenus bedachte den Rest seiner Leute mit einem finsteren Blick, als plötzlich alle zu sprechen anhuben.
    »Was hat er gesagt?«, fragte der Professor. »Männer in grauen Anzügen?«
    »Im Hotel?«,

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