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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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gestorben?«, fragte er nach der letzten Vorstellung am Freitag. »Leute mit schwachem Herzen könnten einen Schock erleiden.«
    »Nein!«, brüllte Silenus. »Aber du könntest der Erste werden, wenn du noch eine von diesen gottverdammten Fragen stellst! Ich habe gesagt drei Wochen. Aufgerundet wird nicht. Es bleibt nur noch eine Handvoll Stunden übrig. Ich bin gespannt, ob du die überstehst!«
    Gedemütigt sah George sich um. Die ganze Truppe beobachtete ihn. Er lief knallrot an und murmelte eine Entschuldigung.
    In dieser Nacht war er so wütend, dass er nicht einmal schlafen konnte. Er zog den Pyjama aus und schlüpfte in warme Kleidung, ging die Treppe hinab und hinaus auf die Straße, um einen nächtlichen Spaziergang zu machen. Er wusste, in die Kälte hinauszugehen war unbedacht, aber es war ihm egal.
    Während er durch die matschigen Straßen von Hayburn stapfte, grollte er vor sich hin. Er war ein Narr gewesen, mit der Truppe zu gehen, schalt er sich. Er war ein Narr gewesen, die Wahrheit darüber, wer er war und in welcher Beziehung er zu Silenus stand, zu verschweigen. Und er war ein Narr gewesen, sich ihren Anweisungen zu fügen und ihre Schmähungen über sich ergehen zu lassen, ohne je für sich selbst einzustehen. Je länger er sich seine Probleme vor Augen führte, desto giftiger und bösartiger erschienen sie ihm, und schließlich regte sich in ihm der Verdacht, die wahre Absicht der Silenus-Truppe war, George Carole das Leben so schwer wie möglich zu machen.
    Aber dann hielt er inne, blickte auf und erkannte, dass er sich zu weit vom Hotel entfernt hatte. Obgleich er schon eine Woche hier war, hatte er sich nie die Mühe gemacht, sich einen Überblick über die Straßen der Stadt zu verschaffen.
    Er machte sich auf in die Richtung, in der er das Hotel und das Theater vermutete. Doch in diesem Moment verdunkelte sich der Nachthimmel und schwoll an mit dem Versprechen von Schnee. Als die ersten Flocken herabschwebten, stöhnte er und sah sich vergeblich nach einer Zuflucht um. Bald war die Luft voller Weiß.
    George trottete eine Gasse hinunter und gelangte in einen großen Innenhof, auf dem er sich nach Schutz vor dem Schnee umblickte. Doch alles, was er im dichten Schneefall sehen konnte, war ein eingefrorener Brunnen und eine einsame Straßenlaterne, die die unzähligen Flocken in einen prachtvoll perlenden Strahlenkranz verwandelte. Dann bemerkte er die Klappe eines Kohlenkellers, und in seiner Verzweiflung stemmte er sie auf, glitt hinein und hockte sich auf den Kohlenhaufen im Inneren.
    Hätte George ein wenig mehr achtgegeben, so wäre ihm aufgefallen, dass dieser Hof ein sonderbarer Ort war: Die umliegenden Gebäude waren sehr hoch, die dem Hof zugewandten Wände fensterlos, und der Brunnen in der Mitte schmückte sich mit vier Gestalten in Streitwagen. Jede Skulptur blickte in eine Ecke des Hofes, und ihre Wangen waren aufgeplustert, so als wollten sie gewaltige Winde in den Himmel blasen. Hätte George diesen Brunnen genauer betrachtet, so hätte er ihn als eine höchst sonderbare Ergänzung dieses überaus tristen und verlassenen Hofes eingestuft, aber wie die Dinge lagen, saß er einfach unter der offenen Luke auf dem Kohlenhaufen, wartete darauf, dass das Schneetreiben nachließ, und verfluchte sich selbst.
    Plötzlich aber warnte ihn sein einzigartiges Gehör, dass etwas Ungewöhnliches vor sich ging: Wie es sich anhörte, ließ der Schneefall draußen nach, bis nur noch ein leichtes Rieseln blieb. Doch als er genauer hinhörte, schien es ihm, als toste es irgendwo um ihn herum weiter. Er steckte den Kopf zu der Klappe hinaus und sah, dass es immer noch schneite. Nur auf dem Hof schien der Schneefall ausgesetzt zu haben. Als er nacheinander die vier Zuwege des Hofes musterte, sah er, dass jenseits des Hofes das Schneetreiben andauerte. Es war, als läge die Schneefallgrenze exakt an den Grenzen des Hofes.
    Dann kam Wind auf, und eine Gestalt erschien in einer der Gassen und ging in Richtung Hof. George senkte die Klappe, bis sie nur noch einen Spalt weit offen stand, und lugte hinaus.
    Als die Gestalt aus dem Schleier aus Schnee heraustrat, sah George, dass es sich um einen kleinen, dicken Mann in einer braunen Hose, einem orange-karierten Mantel, einer abgenutzten Mütze und einem gelben Seidenschal handelte. Seine Haut war von einem satten Goldbraun, sein Haar tiefschwarz. Auf dem Hof angelangt, sah er sich gelangweilt um, ehe er sich an einer Ecke des Brunnens aufbaute und

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