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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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weinte er. Bei dieser Gelegenheit sagte George keinen Ton und widmete sich schaudernd wieder seiner Arbeit. Doch später, als man ihn schickte, Kingsleys Meinung zu einer Änderung der musikalischen Begleitung seiner Nummer einzuholen, fand George die Garderobe dunkel und dem Augenschein nach verlassen vor. Er rief Kingsleys Namen. Von drinnen erklang keine Antwort, aber er hörte Schritte von weit hinten und eine Tür, die geschlossen wurde. Dank der Finsternis in dem Zimmer konnte er nicht erkennen, wer dort war.
    Er rief erneut. Wieder erhielt er keine Antwort, also trat er ein und legte eine Hand auf die Lampe, um Licht zu machen. Doch ehe er das tun konnte, grollte eine tiefe, rasselnde Stimme mit einem scharfen Akzent: »Geh weg. Du bist hier nicht willkommen.«
    George zuckte erschrocken zusammen und rannte hinaus, so schnell er nur konnte. Er rannte, bis er Franny entdeckte, die auf ihrem Stuhl saß und die Wand anstarrte, und er setzte sich neben sie, um wieder zu Atem zu kommen. Als sie ihn fragte, was los sei, und er es ihr erzählte, sagte sie nur: »Ach ja. Ich nehme an, der Professor hat recht. Sie sind von Tag zu Tag schwerer zu beherrschen.«
    George wünschte, er könnte mehr Zeit mit Colette verbringen, die nun wieder die umwerfende Strumpfhose trug, in der er sie erstmals gesehen hatte, doch von dem Moment an, in dem sie das Theater betrat, interessierte sie sich nur noch für das Geschäft. Sie geriet mit Bühnenarbeitern aneinander, die sie, wie die Männer in der Billardhalle, für eine Farbige hielten, und war gezwungen, auch sie nachdrücklich darüber aufzuklären, dass sie Perserin war. Kaum hatte sie die Männer aufgescheucht, erklärte sie Kingsley, er müsse seine Nummer um zwei Minuten kürzen (und nannte dabei den Teil mit der Echtheit der Puppen als den, der verschwinden müsse), und sie trug Franny auf, die Sache mit dem Safe auf der Schiene ans Ende zu schieben, da dieses Finale viel eindrucksvoller wäre als die Statuen. Franny nickte gehorsam, ohne Colette viel Beachtung zu schenken, aber Kingsley protestierte zunächst: Das, so sagte er, sei ihre Lieblingsstelle (allerdings erklärte er nicht, wer »sie« denn wohl sein mochten), aber schließlich gab er sich geschlagen. Anschließend überwachte Colette die Proben der beiden, und als sie mit dem Orchester und dem Pianisten in Streit geriet, stürzte George buchstäblich herbei, um freiwillig seine Dienste zu offerieren.
    »Wow«, sagte sie, nachdem George die Nummern begleitet hatte. »Das war …«
    George beugte sich vor. »Das war was?«
    Sie nickte beeindruckt. »Das war gut.«
    »Gut?«, fragte er. »Nur gut?«
    »Ja. Das ist definitiv brauchbar«, sagte sie und widmete sich anderen Dingen.
    George war ein wenig verschnupft, da sie sein Spiel brauchbar genannt hatte, aber er nahm an, irgendein Kompliment von Colette war immer noch besser als gar keines. Jedenfalls war es mehr, als er bisher von Silenus bekommen hatte. Der schien derweil anderes zu tun zu haben, das er als wichtiger einstufte als die Proben. Seine kurzen Auftritte im Theater waren stets von Zeitknappheit und Ungeduld geprägt, so, als wäre die Vorstellung nur eine ärgerliche Störung, während er eigentlich ganz woanders sein sollte. Er verbrachte einen Großteil des Tages in seinem Büro im Hotel, aber bei den wenigen Gelegenheiten, zu denen seine Tür auffindbar war, konnte George weder Stimmen noch andere Geräusche in dem Zimmer hören. Silenus behauptete, er stelle Nachforschungen an, als er aber am Nachmittag auftauchte, hätte George schwören können, er hätte Schnee auf den Schultern des Mannes gesehen, dabei hatte es in Alberteen schon seit fast einem Monat nicht geschneit.
    Aber welchen Unterfangen sich Silenus an diesem Tage auch gewidmet haben mochte, sie schienen nicht gut verlaufen zu sein. Jedes Mal, wenn sie ihn zu sehen bekamen, war er aufgewühlter als zuvor, und er fing bei der kleinsten Provokation an, wütend herumzuschnauzen. Als Kingsley sich beklagte, seine Garderobe sei zu weit oben im Theater und es würde viel zu sehr ziehen, brüllte ihn Silenus an: »Was soll ich jetzt machen? Soll ich der verdammten Sonne sagen, sie möge ein bisschen mehr scheinen und Sie wärmen? Ein anderes Theater bauen? Oder wollen Sie, dass ich die Wände dieses Theaters hinaufklettere und die vielen Löcher abdichte?« Kingsley war viel zu verblüfft, um etwas zu sagen, und Silenus fixierte ihn lediglich mit einem eisigen Blick, ehe er

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