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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
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ein, zwei Männer und eine Frau.
Der Mann in der Mitte war getroffen worden, seine Arme hingen über die
Schultern der anderen, ihre gelben Overalls waren blutverschmiert. Marck
schrie, sie sollten weitergehen, seine eigene Stimme konnte er nicht hören,
konnte sie nur in der Brust spüren. Das Blut, in dem er ausglitt, war zum Teil
sein eigenes.
    Marck presste den
verletzten Arm an seine Brust, sein Gewehr lag in der Armbeuge, die andere Hand
am Geländer verhinderte, dass er Hals über Kopf die Treppe hinabstürzte. Hinter
ihm waren keine Verbündeten mehr, niemand hatte den letzten Schusswechsel
überlebt, er war selbst kaum entkommen. Und nun kamen sie immer näher,
unaufhaltsam. Hin und wieder blieb Marck kurz stehen, schob eine neue Patrone
in den Lauf und feuerte blind die Treppe hinauf. Einfach nur, um etwas zu tun.
Um sie aufzuhalten.
    Er machte eine
Verschnaufpause, beugte sich über den Handlauf und richtete das Gewehr nach
oben. Seine nächste Patrone war ein Blindgänger – die Munition der anderen, die
zur Antwort zurückschossen, war ganz offensichtlich von wesentlich besserer
Qualität.
    Er ging hinter dem
Mittelpfeiler der Wendeltreppe in Deckung und lud nach. Er ging zum Geländer
und spähte zum nächsten Treppenabsatz hinunter. In einem Türspalt konnte er
panische Gesichter sehen, Finger klammerten sich an den stählernen Rahmen. Er
war auf der Sechsundfünfzig angekommen, wo er seine Frau zum letzten Mal
gesehen hatte.
    »Shirly!«
    Er rief ihren Namen
und folgte der Treppe eine weitere Vierteldrehung bis auf die Etage hinunter.
    »Meine Frau!«,
schrie er und vergaß, dass er kaum noch mehr hören konnte als ein dumpfes
Rauschen. »Wo ist Shirly?«
    In der dunklen
Menschentraube bewegte sich ein Mund. Jemand deutete nach unten. Die Köpfe
wichen zurück, die Tür knallte zu, als ein weiterer Querschläger durchs
Treppenhaus pfiff. Marcks Blick fiel auf die Kabel, die über den Handlauf
hingen, und er erinnerte sich, dass die Farmer versucht hatten, vom unteren Stockwerk
Strom abzuzapfen. Er rannte weiter, folgte den dicken Elektroleitungen. Er
musste unbedingt Shirly finden.
    Er war sich sicher,
dass seine Frau sich noch auf dieser Etage aufhielt, er rannte entschlossen
über den Treppenabsatz, warf sich gegen die Eingangstür. Schüsse knallten.
Marck griff nach der Klinke und schrie ihren Namen. Die Tür bewegte sich, wurde
aber von innen zugehalten. Er schlug gegen das Fenster, hinterließ einen
blutigen Handabdruck und schrie, dass sie aufmachen, ihn einlassen sollten.
Ununterbrochen sprangen die Kugeln neben seinen Füßen vom Boden auf, eine Kugel
zerschrammte direkt neben ihm das Türblatt. Marck duckte sich, flüchtete ins
Treppenhaus zurück.
    Er zwang sich
weiterzugehen. Sollte Shirly hinter einer dieser verschlossenen Türen sein,
dann war sie zumindest in Sicherheit. Sie würde warten können, bis sich alles
wieder beruhigt hätte, sie könnte ihre Waffen und alles andere, was sie
belasten würde, auf dem Stockwerk verstecken. Und wenn sie vor ihm auf der
Treppe war, dann musste er ihr ohnehin hinterher. So oder so – der einzige Weg
führte nach unten.
    Auf dem nächsten
Treppenabsatz traf er abermals auf die kleine Gruppe aus der Versorgung. Der
Verletzte saß mit aufgerissenen Augen auf dem Boden, die beiden anderen
kümmerten sich um ihn, sie waren selbst blutverschmiert, nachdem sie ihn
gestützt hatten. Die Frau hatte Marck während des Aufstiegs schon gesehen. In
ihren Augen blitzte die Wut, als Marck stehen blieb und helfen wollte.
    »Ich kann ihn
tragen!«, schrie er und kniete sich neben den verletzten Mann.
    Die Frau sagte
etwas, Marck deutete kopfschüttelnd auf seine Ohren.
    Sie wiederholte es
mit übertriebenen Lippenbewegungen, aber Marck verstand noch immer nicht. Sie
gab auf, stieß ihn weg. Der Verletzte fasste sich an den Bauch – ein roter
Fleck breitete sich vom Magen bis zum Unterleib aus.
    Die Frau zog eine
Bombe aus ihrer Umhängetasche – eine der selbst gebastelten Rohrbomben, deren
Schlagkraft Marck bereits hatte miterleben müssen. Sie gab sie dem Verletzten
mit ernster Miene, er nahm sie mit zitternden Händen und weißen Knöcheln
entgegen. Dann zog sie Marck weiter die Treppen hinunter, weg von dem Mann,
dessen Overall inzwischen nass war von Blut.
    Das Gebrüll klang
weit entfernt, aber Marck wusste, dass die anderen näher kamen. Er wandte sich
noch einmal um, begegnete dem leeren Blick des todgeweihten Mannes. Der
Verletzte hielt die Bombe auf

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