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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
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den
Mund und nickte mit dem Kinn zur Tür, die in Zweierreihen von gelben Overallträgern
versperrt wurde. »Ich glaube nicht, dass wir hier erwünscht sind«, sagte sie
laut, damit Marck sie hören konnte. »Ich muss die Wunde reinigen. Da stecken
noch Bombensplitter drin.«
    »Mir geht es gut«,
sagte er stur. »Ich habe dich gesucht. Ich bin fast umgekommen vor Sorge.«
    Er sah, dass seine
Frau weinte, die Tränen liefen durch den Schmutz auf ihrem Gesicht.
    »Ich habe gedacht,
du wärst tot«, sagte sie. Er musste es ihr von den Lippen ablesen. »Ich dachte,
sie hätten … du wärst …«
    Sie biss sich auf
die Lippe und sah ihn mit einer seltsamen Angst an. Marck hatte seine Frau noch
nie so nervös erlebt, nicht einmal damals bei dem Erdsturz in der Mine, als
einige ihrer engsten Freunde verschüttet worden waren. Selbst als Juliette zur
Reinigung geschickt worden war, hatte seine Frau sich ihre Gefühle nicht so
sehr anmerken lassen. Aber jetzt stand ihr die Furcht ins Gesicht geschrieben.
Und das machte ihm noch mehr Angst als alle Kugeln und Bomben zusammen.
    »Gehen wir schnell
zu den anderen«, sagte er und nahm sie an der Hand. Er spürte die Wut auf dem
Treppenabsatz, die abweisenden Blicke.
    Als von oben
abermals Geschrei zu hören war und die Versorgungsleute sich in den sicheren
Stockwerkseingang zurückzogen, wusste Marck, dass die kurze Atempause vorüber
war. Aber es war in Ordnung. Er hatte seine Frau gefunden. Sie war unverletzt.
Ihm würde nichts mehr etwas anhaben können.
    * * *
    Auf
der hundertneununddreißigsten Etage wusste Marck, dass sie es geschafft hatten.
Irgendwie hatten seine Beine durchgehalten. Der Blutverlust hatte ihn nicht
umgebracht. Mit der Hilfe seiner Frau erreichte er das letzte Stockwerk über
der Mechanik. Er hatte nur diesen einen Gedanken, sie durften sich niemals von
diesen Unmenschen kleinkriegen lassen, die von oben hinter ihnen her waren. Auf
ihrem Stockwerk würden sie ihre Kraft zurückgewinnen, sie wären zahlenmäßig
überlegen und hätten Heimvorteil. Vor allem könnten sie ihre Wunden verbinden
und sich ein wenig ausruhen. Das brauchte er jetzt am dringendsten: Ruhe.
    Auf den letzten
Metern wäre er fast gestolpert. Nach dem langen Abstieg erwarteten seine Beine
eine weitere Stufe und kamen auf dem flachen Boden kaum voran. Als seine Knie
nachgaben und Shirly ihn auffing, sah er den Menschenauflauf im
Sicherheitsbereich vor dem Eingang zur Abteilung.
    Die Mannschaft, die
zurückgeblieben war, während der Rest in den Kampf hinaufmarschierte, war nicht
untätig gewesen. Die breite Sicherheitsschranke war mit verschweißten
Stahlplatten massiv abgeschottet worden. Der geriffelte Schild reichte vom
Boden bis zur Decke und von Wand zu Wand. Funken stoben an der einen Kante noch
auf, wo jemand die Arbeit von innen vollendete. Es gab einen enormen Andrang
von Flüchtigen und Verletzten, die Männer und Frauen der Mechanik drängten
gegen die Barriere, schrien vor Angst und schlugen gegen die Platten.
    »Was ist hier los,
zum Teufel?«, brüllte Marck. Er folgte Shirly, die bis zum Rand der Menge
vorging. Vorn legte sich jemand auf den Boden und robbte auf dem Bauch durch
einen winzigen Spalt. Man hatte ein Rechteck unter dem Drehkreuz offen
gelassen, gerade groß genug, dass eine Person unten hindurchrutschen konnte,
eine winzige Lücke, denkbar leicht zu verteidigen.
    »Immer mit der Ruhe!
Warte, bis du an der Reihe bist!«, rief jemand vor Marck.
    Als er seine Frau
nach vorn schieben wollte, ertönte ein Schuss – mit einem Knall schlug die
Bleikugel neben ihm ein. Er zog Shirly wieder zurück zur Treppe. Das Gedränge
an dem winzigen Eingang wurde hektisch. Durch das Loch wurde vor und zurück
gebrüllt – die Leute vor der Wand schrien, dass sie beschossen wurden, die auf
der anderen Seite riefen: »Einer nach dem anderen!«
    Einer lag flach auf
dem Bauch, streckte die Arme aus und wurde durch das Loch gezogen. Zwei andere
drängelten sich hinter ihm. In dem offenen Treppenhaus gab es keinerlei
Deckung, dann fiel wieder ein Schuss, jemand griff sich an die Schulter und
schrie: »Ich bin getroffen!« Ein paar rannten zur Treppe zurück, wo die
überhängenden Stufen Deckung vor den Kugeln boten. Der Rest war in Panik, alle
versuchten gleichzeitig, das Loch zu passieren, das absichtlich so gemacht war,
dass jeweils nur eine Person hindurchpasste.
    Shirly schrie und
umklammerte Marcks Arm, als neben ihr abermals jemand getroffen wurde. Ein
Mechaniker fiel zu

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