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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
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ihr treues Herrchen anstarrten.
    Juliette deutete auf
den roten Kanister mit dem Reservebenzin und hielt wieder den Daumen hoch. Solo
machte es ihr nach. Juliette ging zur Treppe. Um das Gleichgewicht zu halten,
hielt sie sich am Geländer fest. Solo zwängte sich an ihr vorbei zum Handlauf
und vertäute die Führungsleine. Er reichte ihr die Hand und stützte sie,
während sie in den klobigen Stiefeln die glitschigen Stufen hinunterstieg.
    Sie hoffte, dass sie
sich einfacher würde bewegen können, wenn sie erst einmal im Wasser war, aber
sicher wissen konnte sie es nicht, es war nur so ein Gefühl für die
physikalischen Begebenheiten. Sie stieg die letzten trockenen Stufen hinunter,
dann durchbrachen ihre Stiefel die ölige Wasseroberfläche. Sie stieg noch zwei
Stufen weiter und bereitete sich innerlich darauf vor, dass die eisige Kälte zu
ihr vordringen würde, aber sie spürte nichts. Overall und Unterwäsche hielten
sie angenehm warm. Fast zu warm, sie sah, wie sich bereits jetzt feuchter Dampf
in ihrem Helm bildete. Sie senkte das Kinn auf die Funkverbindung und sagte
Solo, er solle das Ventil aufmachen, damit unverbrauchte Luft hereinkäme.
    Er drehte den Hebel
an ihrem Kragen. Die Luft rauschte laut an Juliettes Ohr vorbei, sie spürte,
wie sich der Anzug um sie herum aufblähte. Das Überdruckventil, das sie auf der
anderen Seite des Kragens eingeschraubt hatte, pfiff, als es den überschüssigen
Druck ausließ, damit der Overall – und wohl auch ihr Kopf, wie sie vermutete – nicht platzte.
    »Gewichte«, sagte
sie ins Funkgerät.
    Solo hastete zurück
zum Treppenabsatz und kam mit den runden Hantelgewichten zurück. Er kniete sich
auf die letzte trockene Stufe, befestigte sie mit massiven Klettverschlüssen
unterhalb von Juliettes Knien und blickte sie an, um zu sehen, was sie als
Nächstes brauchte.
    Juliette hob mühsam
einen Fuß, dann den nächsten und vergewisserte sich, dass die Gewichte
gesichert waren.
    »Kabel.«
    Das war der
wichtigste Teil: die leblosen Pumpen unten mit Strom aus der IT zu versorgen. Vierundzwanzig Volt. Juliette hatte einen
Schalter auf dem Treppenabsatz montiert, und Solo sollte ihn testen, während
sie unten war.
    Solo spulte zwei,
drei Meter Zweiphasenkabel ab und band es Juliette um die Hüfte. Seine Knoten
sowohl am Tau wie auch am Kabel waren gut und hielten. Juliettes Vertrauen in
dieses Unterfangen wuchs von Minute zu Minute, ihr Unbehagen in dem Anzug ließ
nach. Sie hatte verschiedene Schraubenschlüssel und eine Zange mit Schnüren an
den Taschen ihres Overalls befestigt und würde später auf ihr Werkzeug
zurückgreifen können.
    Solo stand zwei
Stufen über ihr, sie konnte ihn durch den Plastikhelm lachen sehen, in seinem
zottigen Bart schimmerten gelbe Zähne. Juliette erwiderte sein Lächeln. Sie
stand reglos da, während er ihre Stirnlampe einschaltete. Die Batterie war
frisch aufgeladen und würde einen ganzen Tag halten – wesentlich länger, als
Juliette unterwegs sein wollte.
    »Okay«, sagte sie.
»Hilf mir rüber.«
    Sie hob das Kinn vom
Kontaktschalter, drehte sich um und beugte sich übers Treppengeländer. Sie
wälzte sich mit dem Bauch über den Stahlverlauf und senkte den Kopf. Sich über
dieses Geländer zu stürzen war ein seltsames Gefühl. Als würde sie Selbstmord
begehen wollen. Hier war die Haupttreppe, hier war ihr Silo. Sie war vier
Stockwerke oberhalb der Mechanik, zwanzig bis fünfundzwanzig Meter also – in
den Abgrund, der unter ihr lag, stürzten sich eigentlich nur Verrückte.
    Solo half ihr mit
den Beinen, an denen die schweren Hanteln hingen. Er trat ins Wasser auf der
ersten Treppe, um sie zu stützen. Dann saß sie rittlings auf der schmalen
Stahlstange und fragte sich, ob das Wasser sie wirklich tragen, ob es sie
auffangen und ihren Fall bremsen würde. Und da überfiel sie kurz nackte Panik,
sie hatte einen metallischen Geschmack im Mund, ihr Magen krampfte sich
zusammen. Während Solo ihr anderes Bein über den Handlauf hob, klammerte sie
sich an das Seil, mit dem er sie gesichert hatte, ihre Stiefel klatschten laut
in die silbrige Schicht des Wassers über dem überfluteten Raum.
    »Scheiße!«
    Sie atmete in den
Helm, keuchte vor Schreck, nachdem sie so schnell eingetaucht war. Ihre Hände
und Beine umschlangen das Tau, das sich abwickelte, sie bewegte sich in dem aufgebauschten
Overall wie in einer zu großen Haut, die sich von ihrem Körper abgelöst hatte.
    »Alles okay bei
dir?«, rief Solo, die Hände hatte er vor

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