Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)
Vinzi. Aggressive von Klemens.
»Mein Name ist Douglas McCarther, ich bin im Auftrag der Elvis-Erben unterwegs, mehr sage ich nicht.« Brauchte er auch nicht. Klemens schien das zu genügen.
»Kacke, Abfallbefruchter, Blutsauger … glauben, Elvis gehört nur ihnen allein … Ficker, Fucker, Ficker.«
»Gehören tut Elvis uns nicht, aber wenn mit ihm ein Geschäft gemacht wird, dann nicht ohne unser Beisein.«
Wieder lachte McCarther selbstgefällig. Es war ein feistes, fettes Lachen, was an diesem dünnen Körper völlig deplatziert, auch irritierend wirkte. In Klemens’ Gesicht zuckte und zerrte es, als würde er gleich platzen. Plotek schwante nichts Gutes. Er sah die Katastrophe schon heraufziehen und blickte sich nach Frau Pan um. Sie stand am Eingang zur Küche und linste auffällig zu ihrem Tisch herüber.
»Wer ist denn der Veranstalter?« Plotek versuchte mit dieser harmlosen Frage, den sich zuspitzenden Zwist der beiden zu zerstreuen.
»Zuberbühler heißt der junge Mann, ein ehemaliger Sänger und Rockmusiker. Einer von hier, aus Sils Maria.« Bei Douglas McCarther schienen Ploteks Schlichtungsversuche zu funktionieren. Bei Klemens keinesfalls.
»Elvis ist ein Mythos … Tortenarsch, Stinkpisser … und darf nicht von solchen Blutsaugern vereinnahmt werden … Hackfleischgesicht!«
Der dünne Ami schien es sich auch wieder anders zu überlegen.
»Mit Elvis werben heißt auch für Elvis bezahlen«, sagte er wieder feist grinsend. »So sind nun mal die Gesetzmäßigkeiten.«
»Pimmelwarze, Puffratte …«
»Beruhig dich doch.« Plotek merkte, wie die Stimmung kippte und Klemens langsam, aber sicher die Kontrolle über sich selbst verlor.
»Sie können sich ja ein anderes Idol suchen«, legte Mr. McCarther nach, wie man sagt: »Probieren Sie doch mal ein anderes Shampoo.«
»Elvis sucht man sich nicht … Ficker, Fucker, Ficker … Elvis findet einen … Gullificker, Steckdosenpisser … Elvis ist Leidenschaft, Liebe, Leben … Fucker, Ficker, Fucker.«
Wieder fettes Lachen von McCarther. »Das klingt jetzt aber ein wenig zu pathetisch. Elvis ist in erster Linie Geschäft.«
»Für dich … Riemenriecher, Analbaron, Stinkpisser … vielleicht.«
»Nicht nur. Auch für den Veranstalter, für …«
»Halt’s Maul … Scheiße!«
Klemens stürzte sich auf den dürren Ami. Der fiel, von diesem Angriff völlig überrascht, zu Boden. Mit ihm knallten auch der Stuhl, der Tisch und Klemens selbst auf die Erde. Frau Pan stand plötzlich, wie ein Windhauch herbeigeweht, neben ihnen. Dann ging alles ganz schnell. Die Streithähne fanden sich plötzlich in zwei unterschiedlichen Ecken des Frühstücksraumes wieder. In der Diagonale waren es die zwei am weitesten entfernten Punkte im Saal. Der Ami blutete aus der Nase. Klemens am Mund. Wie Frau Pan die beiden Streithähne so schnell, so elegant entzweit hatte, war Plotek ein Rätsel. Zwischen zwei Augenaufschlägen war der Streit beendet.
»Jetzt alles ist wieder gut, verstanden?« Frau Pan ließ keinen Zweifel, dass es, sollten die beiden zu einer anderen Einschätzung gelangen, alles andere als vorteilhaft für sie sein würde. Frau Pan lächelte, verbeugte sich und fragte erneut, in süßlich klingendem Tonfall: »Verstanden?«
Beide nickten synchron. Nicht vorstellbar, was passiert wäre, wenn sie damit nicht einverstanden gewesen wären. Womöglich hätte Frau Pan sie zu kleinen, mundgerechten Häppchen verarbeitet und dann zum Abendessen als vietnamesische Spezialität serviert, dachte Plotek. Während Vinzi sich augenblicklich in die Asiatin verliebte. Zumindest waren seine Blicke so zu deuten. Klemens und Douglas McCarther setzten sich zurück an den Tisch und versorgten ihre Wunden mit Papierservietten.
»Beeindruckend!«, sagte McCarther und blickte der längst wieder in der Küche verschwundenen Asiatin ebenfalls verträumt hinterher. Womöglich hatte auch er sich in diesem Moment in sie verliebt. Selbst Klemens sah nun so aus, als wollte er seinem Widersacher recht geben. Das erste Mal, dass die beiden offenbar derselben Meinung waren.
»Titten, Arsch, ja!«
»Was machen wir jetzt?«, fragte Vinzi schließlich nach einer Weile. Unklar, ob er damit den Contest oder Frau Pan meinte.
»Angeln«, kam von Plotek, als gäbe es auf diese Frage nur diese eine Antwort.
»Was?« Kollektives Lachen der anderen. Herzhaft von Vinzi, etwas verhaltener von Klemens und McCarther.
»Das ist kein Witz, das ist meine Therapie.« Das Lachen war dahin.
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