Silver - Erbe der Nacht (German Edition)
Klingen schnitten in ihre Haut und fuhren in sie hinein.
Die Hitze unter ihr begann zu fauchen.
Die MACHT war allumfassend, unermesslich und unkontrollierbar, zermalmte Winter in einem erbarmungslosen Griff.
Doch dann antwortete etwas in ihrem Körper, erwachte auf einmal. MACHT und Schmerz.
Glühende, dicke, verzehrende Lava schien durch ihre Adern zu fließen.
Sie schrie aus vollen Kräften und konnte nicht mehr aufhören, während ihr Körper sich der übernatürlichen Kraft ergab und von außen und innen zerfetzt wurde.
Sie bebte so stark, dass die Kordel, mit der sie gefesselt war, zerriss.
Als sie dem Schmerz nicht mehr standhielt, verlor Winter das Bewusstsein und strandete an entfernten Ufern.
Sie sah Rhys’ Gesicht vor sich, bezaubernd und lächelnd wie in ihren schönsten Erinnerungen. Er hielt ihre Hand und sie lachte sorglos. Jahrhunderte schienen vergangen zu sein, seit sie sich zum letzten Mal so wohlgefühlt hatte.
Ihre verschlungenen Finger durchströmte eine süße Wärme, die von einem zum anderen strahlte und sie umhüllte, als wären sie eins.
Es war schön. Und schien so richtig zu sein.
Winter wusste, wie man diese leuchtende Wärme nannte.
»Das ist Liebe«, murmelte sie in kindlichem Singsang. »Glück.«
Sie fühlte sich vollkommen und zufrieden. Ihre Blicke berührten sich und blieben auch dann vereint, wenn sie sich für einen Augenblick losließen.
Wie ihre Seelen.
Wie ihre Herzen.
Wie die MACHT und das Blut.
Teil eines Ganzen. Nur gemeinsam vollkommen und vollkommen glücklich.
Sie beide.
Einzigartig, von einem Schicksal vereint, das niemand verstehen konnte …
»Dein Wille, Winter!«, schrie eine Stimme außerhalb des Kreises dieses leuchtenden Traums. »Du musst es wollen!«
»Du musst es wollen!«, wiederholte Darran Vaughan verzweifelt. Er lag zu Füßen der Corona Argentea , unfähig, sich zu bewegen.
Die MACHT peitschte voller schmerzhafter Intensität auf ihn ein, aber er hätte um nichts auf der Welt aufgegeben.
Noch nie hatte er einen so quälenden Schmerz gespürt, aber er wusste, dass das nichts war im Vergleich zu dem, was Winter erleiden musste.
» De Corona libertas «, deklamierte er. » Libertas! Erinnere dich an das, was du wirklich willst, Winter.«
Die entfesselte Energie raubte ihm den Atem.
»Zerreiß das Band«, stöhnte er.
Er musste zu ihr gelangen.
Er musste dafür sorgen, dass sie seine Stimmer hörte.
Er krallte die Finger in den Erdboden. Seine Armmuskeln spannten sich an, als er mutig versuchte, sich zu erheben.
»Mach schon, Mädchen!«, beschwor er sie, den Flammen trotzend, die ihn zurückwarfen. »Durchbrich diesen verdammten Kreis!«
De Corona libertas …
Winter verstand, dass es etwas bedeuten musste, viel bedeuten musste, denn die Worte wurden mit einer angsterfüllten Stimme gesprochen.
Sie versuchte, den Gedanken zu verdrängen und sich in der Vollkommenheit des Moments zu wiegen, in der alles umhüllenden Kraft dessen, was sie mit Rhys verband, doch plötzlich berührte sie eine eiskalte und grausame Kraft.
MACHT, begriff sie.
»Verschwinde!«, schrie sie.
Ihr kindlicher Tonfall erschien ihr selbst fehl am Platz.
Was trieb dieser dunkle Schatten in ihrem kostbaren Traum?
Aber auch Rhys war von ihm umhüllt, und der Schatten kroch auf sie zu.
»Wir sind eins«, sagte das dunkle Ding mit Rhys’ Stimme.
Es war ganz nah bei ihren Füßen und Winter zuckte instinktiv zurück.
Plötzlich kehrten alle Erinnerungen auf einmal zurück.
»Lass die Finger von ihr, du verdammter Bastard!«
Morgan Blackwood versetzte Vaughan einen Tritt in die Brust, der ihn vom Altar wegschleuderte.
Vaughan stürzte zu Boden, kehrte jedoch sofort wieder zum Steinkreis zurück.
Dougall versperrte ihm den Weg. »Hast du noch nicht genug Schaden angerichtet?«
Unsichtbar hinter der wirbelnden MACHT, stöhnte Winter herzergreifend.
Blackwood versuchte, sich dem Altar zu nähern, aber der übernatürliche Wind drückte ihn nieder, bevor er ihn erreichen konnte.
Er sah das Blut, das die Inschrift benetzte, und kroch vorwärts.
Wenn es ihm gelingen würde, das Blut zu trocknen, den Kreis zu durchbrechen, der das Ritual nährte …
»Tu es nicht, Blackey. Tu es nicht, wenn dir wirklich etwas an deiner Tochter liegt!«
Morgan zögerte.
Er glaubte nicht, dass Vaughan fähig war zu flehen.
»Ich muss sie hier wegbringen. Ich kann nicht zulassen, dass sie stirbt.«
Winter hielt stand, doch es schien ihr, als risse eine neue Energie
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