Silver - Erbe der Nacht (German Edition)
und drehte sie um.
Der Whisky floss auf den Boden und durchtränkte den Teppich.
»Wenn ich dir glauben soll, musst du mir das schon in nüchternem Zustand wiederholen, Morgan«, provozierte er ihn.
Als er das Zimmer verließ, ging er an der Korkpinnwand vorbei. Sie quoll über von Ausschnitten, Notizen und Zeichnungen. Mitten in diesem Durcheinander aus Farben und Bildern lächelte ihm Winter auf einem Foto entgegen.
Dougall machte die Reißzwecke ab, mit der es befestigt war, nahm das Foto mit und setzte seinen Weg fort.
Verrücktes, mutiges kleines Mädchen , dachte er traurig, als er das kindliche Gesicht betrachtete. So war es ihr schlussendlich doch gelungen, sich zu opfern, und die Krypta der beiden Geschlechter war zu ihrem Grab geworden.
Kleine Winter … In seinem Geist tauchten Erinnerungen an die vielen Momente auf, die sie auf der Insel verbracht hatten, an ihren Ausdruck, der dem Elaines so ähnlich war, den Klang ihrer Stimme, ihre Blicke.
Du nimmst ein Stück von jedem von uns mit .
Er lächelte melancholisch, denn das war die Wahrheit.
Sie war nicht seine Tochter, aber auch er hatte sie sehr gerngehabt.
Es war so leicht gewesen, Zuneigung zu diesem komplizierten jungen Mädchen zu fassen.
Immer und immer wieder hatte er sich in diesen Tagen gefragt, ob es hätte vermieden werden können, aber er fand keine Antwort.
Der Einsturz hatte das Ritual unterbrochen, bevor es vollendet war. Aus diesem Grund hatten sie Winter verloren.
Er aber lebt noch , dachte er erneut. Dougall hätte alles auf der Welt gegeben, um sie auszutauschen, aber wenn Rhys Llewelyn Winter überlebt hatte, bedeutete dies zumindest, dass das Band zwischen ihnen gelöst wurde.
Wenigstens hast du dein Leben nicht einfach weggeworfen, Win .
Es gab noch einiges zu tun, entschied er. Zu weinen hätte dem von ihr erbrachten Opfer keine Ehre getan.
Das Begräbnis war eine kleine private Zeremonie. Einige hielten es für eine Inszenierung, denn das Schicksal hatte ihnen nicht einmal einen Körper gelassen, den sie begraben konnten.
Im Sonnenlicht dieses milden Tages wurde ein Grabstein aufgestellt. Aeron Fennah und der Exekutor hatten auf ihrer Teilnahme bestanden, aber niemand beachtete sie. Rhys hatte sich geweigert, dieser Farce beizuwohnen, sein Vater hingegen schaute aus der Ferne zu.
Madisons Augen waren geschwollen, und Gareth hielt ihre leicht zitternde Hand.
Sie war sich noch nicht sicher, wem sie die Schuld am Tod ihrer Freundin geben sollte, und das trieb sie zur Verzweiflung.
Marion Starr stand, würdevoll und aufrecht auf ihren Stock gestützt, neben Susan Bray. Ihre Augen hinter dem schwarzen Schleier waren hasserfüllt auf Hywel Llewelyn gerichtet.
Sie bebte, als sich der Vampir am Ende der Zeremonie dem Grabstein näherte.
Selbst er zögerte einen Augenblick, als er die Daten von Geburts- und Todestag las, die dort eingraviert waren und so grausam dicht beieinanderlagen.
Er beugte sich hinunter, um eine Rose abzulegen, ein düsterer burgunderroter Fleck inmitten der weißen Blumen rundherum.
Am Stiel war eine kleine Karte befestigt.
Bis bald , stand dort in Rhys’ eleganter Schrift. Und für immer .
Doch das waren keine Abschiedsworte eines Verliebten. Es klang nach einer Drohung.
Dougall hielt Morgan am Arm fest, als dessen Blick auf dem Rücken Hywel Llewelyns brannte, der inzwischen weit entfernt zwischen den Gräbern war.
» Er hat es nicht für nötig befunden zu kommen«, flüsterte er zornig. »Er ist in seiner verfluchten Loge geblieben und hat seinen Vater geschickt.«
»Er ist überzeugt, dass es sich um eine Täuschung handelt, Blackey«, wandte Dougall ein. »Er hat soeben erklärt, dass er es nicht glaubt.«
Aeron Fennah kam mit steifen Schritten näher, der Exekutor folgte ihm wie sein stiller Schatten. Sie tauschten einen Blick und Rhoser nickte.
»Mr Blackwood«, sagte das Oberhaupt der Familien und reichte ihm die Hand.
Morgan starrte sie nur an, bevor er einen durchbohrenden Blick auf ihn heftete. Fennah seufzte.
»Mir ist klar, dass ich in Ihren Augen Fehler begangen habe«, gestand er in feierlichem Ton.
»Lassen Sie mich in Frieden.«
»Das würde ich gern tun, glauben Sie mir«, fuhr Fennah fort. »Ein Vater, der einen solchen Verlust erleiden muss, hat das Recht auf seinen Schmerz. Aber meine Stellung und die Situation verlangen von mir, mit Ihnen zu sprechen.«
Dougall musterte ihn finster und Morgan ballte die Fäuste.
»Am Grab meiner Tochter?«
Das Oberhaupt
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