Silver - Erbe der Nacht (German Edition)
sagte Winter dann leise, aber mit klarer, fester Stimme. »Hast du es immer noch nicht begriffen?«
Ihre Augen wurden zu Silbersternen, ihre Haut leuchtete weiß.
Rhys versuchte, sie zu berühren, aber seine Hände griffen in einen feinen, irisierenden Nebel.
»Dies ist ein Abschied …«
Rhys wachte auf, von einem stechenden Schmerz ergriffen. Kalter Schweiß lief ihm über den Rücken und sein Herz hämmerte in der Brust.
Einen Moment lang fühlte er sich verwundet, unvollständig, als habe man ihm einen Teil von sich entrissen. Der Wahnsinn öffnete ihm einladend die Arme …
»Ein Traum«, sagte er und raffte sich unter Schmerzen auf. Seine Stimme hallte düster am Deckengewölbe seiner Gemächer wider. »Nur ein blöder Traum.«
Er brauchte eine Weile, bis er erkannte, dass ein eindringliches Klopfen an der Tür ihn geweckt hatte.
»Die Tür ist offen«, murmelte er und schlug die Arme um sich, um die Kälte zu vertreiben.
Sein Vater blieb auf der Schwelle stehen, blass und angespannt.
»Es gibt etwas, das du wissen musst, mein Sohn«, begann er verkniffen.
Rhys wurde klar, dass er Angst hatte, und Panik durchfuhr ihn.
»Sprich.«
»Es handelt sich um Blackwoods Tochter …«
Hywel Llewelyn machte keine Bewegung. Er sog Luft ein und atmete mehrmals aus, bevor er Mut fasste. Kein Aufschub war mehr möglich.
»Es geht das Gerücht, sie sei tot.«
Rhys reagierte blitzschnell. Er sprang aus dem Bett und war mit nur zwei Schritten bei ihm.
Seine Finger schlossen sich um Hywels Kehle.
»Du lügst«, spuckte er ihm ins Gesicht. Sein Blick glühte wild und die Wut spannte jeden seiner Muskeln an. »Du lügst!«
Hywel gab ein Röcheln von sich, schnappte nach Luft. »Ich schwöre es bei meinem Leben.«
Sein Sohn stieß ihn heftig weg, und er sank gegen die Wand.
»Ich lebe«, stieß Rhys hervor, »also lebt auch sie.«
Aber auf einmal richtete sich seine Wut gegen Winter, aufgestachelt von Sehnsucht und Schmerz.
Warum willst du mich täuschen? Warum quälst du mich so? Keiner von uns beiden kann den anderen überleben.
Er trat gegen den Samtsessel, dass das Holz splitterte.
Willst du die Spielregeln ändern, Winter? In Ordnung, aber du wirst dich nicht lange versteckt halten können.
Er ließ sich aufs Bett sinken und starrte die Decke an, ohne sie zu sehen. Er war nicht bereit, es zu akzeptieren.
Ich glaube dir nicht, meine Liebste, wiederholte er. Ich lebe.
Oh ja, der Plan war perfide und genial. Viele würden wahrscheinlich auf ihn hereinfallen. Sie würden glauben, dass er wehrlos und seiner Kräfte beraubt wäre, und ihn bekämpfen. Aber so war es nicht. Ihre Verbindung konnte nicht gelöst werden.
Du bist so grausam, Win.
»Findet sie«, befahl er mit grauenvoll flacher Stimme. »Man muss sie irgendwo versteckt haben.«
Hywel verbeugte sich.
»Uns bleibt nur wenig Zeit, bis das Gerücht anfangen wird, unsere Position zu schwächen«, stellte er widerstrebend fest.
»Dann beeil dich, Vater!«, erwiderte Rhys schneidend. »Versuch, die Ratsversammlung vorzuverlegen. Sieht aus, als habe man uns gerade herausgefordert.«
D ie Fensterläden waren geschlossen, Winters Zimmer lag im Halbdunkel.
Dougall bemühte sich, geräuschlos einzutreten, den Blick auf Morgan gerichtet, der auf dem Bett saß.
Er strömte Verzweiflung und Whiskygeruch aus.
»Hast du vor, zu trinken bis ans Ende deiner Tage?«, fragte er und setzte sich neben ihn.
Er nahm ihm die Flasche aus der Hand und trank einen tiefen Schluck.
»Manchmal sieht es fast so aus, als helfe dieses Zeug«, bemerkte er und wischte sich die Lippen mit dem Handrücken ab.
Morgan schwieg eine Ewigkeit lang.
»Erst Elaine und dann sie«, flüsterte er endlich. »Marion hat recht, ich zerstöre alles, was ich liebe.«
Dougall seufzte. Er hatte ihn noch nie in so einem Zustand gesehen, und es wurde mit jeder Stunde, die das Begräbnis näher rückte, schlimmer.
»Marion leidet genauso wie du, Morgan. Sonst würde sie dich nicht beschuldigen …«
»Ich hatte geschworen, sie zu beschützen … Sie war so jung, Doug … Sie hatte das ganze Leben vor sich.«
Und deines in ihren Händen , dachte Doug traurig.
»Du auch, Blackey«, erinnerte er ihn und klopfte ihm auf die Schulter. »Du lebst, du hast noch ein paar Jahrhunderte hinter dich zu bringen.«
Morgans Lachen war voller Verzweiflung.
»Ich bin müde, Malcolm. Du wirst es nicht schaffen, mich zu überzeugen … nicht dieses Mal.«
Dougall nickte. Dann hob er die Flasche auf
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