Silver - Erbe der Nacht (German Edition)
beweist, dass du dich wehren kannst …«
Winter kreuzte die Arme über der Brust. Sie hatte Herzrasen und ihre Kehle brannte.
»Ich glaube, ich hatte einen Albtraum«, murmelte sie und versuchte sich selbst davon zu überzeugen.
»Das steht außer Zweifel.«
Und er war so wahrhaftig gewesen, dass sie immer noch nicht glauben konnte, dass es nur ein Traum gewesen war. Sie war so sicher gewesen, im Wald zu sein …
Instinktiv begann sie mit ihrem Anhänger zu spielen, wie sie es immer tat, wenn sie aufgeregt war. Es war eine Angewohnheit, die sie seit ihrer Kindheit hatte. Sie drückte die glatte Kristallkugel in der Hand, und ihre Haut war so kalt, dass der Stein sich für einen Augenblick lauwarm anfühlte.
»Wie spät ist es?«, fragte sie und schob die Bettdecke zurück, ohne auf die Antwort zu warten. »Ich glaube, ich brauche jetzt einen Kaffee.«
Gareth wandte sich abrupt ab und Winter empfand das übergroße Longshirt, das sie als Nachthemd trug, plötzlich als zu kurz.
»Ich warte in der Küche auf dich.«
Wenige Minuten später saßen sie sich gegenüber und warteten darauf, dass das Wasser im Topf heiß genug wurde, um den Nescafé zu lösen.
Winter hatte die Hose eines alten Trainingsanzugs übergezogen, obwohl der Sommer vor der Tür stand. Die eisige Kälte des Traums steckte ihr noch in den Knochen, und gleichzeitig verspürte sie ein seltsames Unbehagen.
Sie bezweifelte, dass sie es so bald wieder loswerden würde.
»Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe«, sagte sie.
Gareth war ebenfalls unruhig. Er stand auf, um die Herdplatte abzuschalten und zwei Tassen zu holen, die er mit steifen Bewegungen auf den Tisch stellte.
»In Wahrheit hast nicht du mich geweckt. Papa ist erst vor Kurzem nach Hause gekommen. Er hatte sich gerade schlafen gelegt, als du angefangen hast zu schreien.«
Statt sich wieder hinzusetzen, lehnte er sich an den Tisch und rührte mit dem Teelöffel den Nescafé in seiner Tasse, bis er sich ganz gelöst hatte.
»Er war so müde, dass er dich vermutlich nicht gehört hat.«
Winter fühlte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief. »Griffith war heute Nacht draußen?«
Gareth schlug den Teelöffel ganz leicht gegen den Tassenrand, um die Tropfen abzustreifen.
»Evans hat ihn um Hilfe gebeten, sie wollten eine Jagd zerschlagen.«
Eine Alarmglocke ertönte in ihrem Kopf: der Polizeichef und Griffith, bekannte menschliche Stimmen zwischen den Bäumen und dem Nebel. Ein Vampir auf der Jagd.
»Wo?«
»Im Wald.«
Winter erbleichte. Sie hatte eine schlimme Vorahnung.
C ameron Farland verließ den Klubsitz der Nox und machte dabei so viel Radau wie möglich. Inmitten seiner fleißigen Schulkameraden hatte er gerade einen der langweiligsten Nachmittage seines Lebens verbracht.
Und wenn er sich langweilte, neigte er dazu, streitlustig und etwas kindisch zu werden.
Er atmete die frische Luft ein und durchquerte mit langen Schritten den Campus, im vollen Bewusstsein, dass er viele Blicke auf sich zog, während er leise pfeifend über den Schulhof ging.
Ein Nox blieb nur selten unbeachtet, aber Cameron gab sich erst gar keine Mühe. Er genoss es viel zu sehr, die Blicke auf sich zu spüren, die ihm folgten. Er wusste, dass die Mädchen den kapriziösen Ausdruck seines Mundes und seine bernsteinfarbenen Locken unwiderstehlich fanden.
Seine Gesichtszüge waren etwas zu hart und kantig, um wirklich schön zu sein, aber die wenigsten machten sich die Mühe, so genau hinzuschauen.
Am Horizont verdichteten sich die Wolken und ließen erahnen, dass das Training der Footballmannschaft unter strömendem Regen stattfinden würde.
Und wer will sich dieses Schauspiel schon entgehen lassen? , fragte sich Cameron etwas sadistisch. Er verzog die Lippen und sang eine langsame und ironische Version von Singin’ in the Rain , während er sich einen Sitzplatz etwas abseits auf der Tribüne suchte.
Er entschied sich für einen Platz in der ersten Reihe, weit entfernt von der Treppe, einen der unbequemen Plätze, die niemand wollte, nicht einmal beim Endspiel.
Die Schwäche, die ihn beim Aufwachen befallen hatte, hatte ihm klargemacht, dass es besser war, das Serum mitzunehmen, bevor der DURST allzu drängend würde. Er schaute sich um und zog einen dunklen Flakon aus der Tasche.
Nachdem er sicher war, vor indiskreten Blicken geschützt zu sein, schüttete er einen Teil des Pulvers aus dem Flakon in eine kleine Wasserflasche.
Er mochte es nicht, bei dieser Operation beobachtet
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