Silver Linings (German Edition)
eingecremt ist, spielen Ronnie und ich ein bisschen unten am Rand des Wassers mit ihr. Sie rennt gern hinter den ablaufenden Wellen her, buddelt übermütig im Sand, und wir müssen aufpassen, dass sie den Sand nicht isst, was ich seltsam finde, denn wieso sollte jemand Sand essen wollen? Ronnie trägt Emily ein Stück ins Wasser, und wir planschen zu dritt ein Weilchen in den Wellen.
Ich frage Ronnie, ob wir uns wegen Veronica und Tiffany Sorgen machen müssen, und er sagt: «Nein. Die haben bestimmt bloß eine Therapie sitzung irgendwo am Strand. Die sind bald wieder da.»
Mir gefällt nicht, wie er das Wort «Therapie» betont, als wäre Therapie irgendwas Lächerliches, aber ich sage nichts.
Nachdem wir uns abgetrocknet haben, legen wir uns alle auf die Decke – Ronnie und Emily im Schatten, ich in der Sonne. Ich döse ziemlich schnell ein.
Als ich die Augen öffne, ist Ronnies Gesicht direkt vor meinem. Er schläft. Jemand tippt mir auf die Schulter, und als ich mich herumrolle, sehe ich, dass Emily um die Decke herumgelaufen ist. Sie lächelt mich an und sagt: «Pap.»
«Lass Daddy schlafen», flüstere ich, und dann hebe ich sie hoch und trage sie ans Wasser.
Eine Weile sitzen wir da und buddeln mit den Händen ein kleines Loch in den nassen Sand, aber dann steht Emily auf und jagt dem Schaum einer ablaufenden Welle hinterher, lacht und zeigt mit den Fingern darauf.
«Willst du ein bisschen schwimmen?», frage ich sie, und sie nickt einmal, also nehme ich sie auf den Arm und wate tiefer ins Wasser.
Die Brandung ist stärker geworden, und die Wellen sind um einiges höher, deshalb gehe ich schnell durch die Brecher hindurch, bis mir das Wasser bis zur Brust reicht. Emily und ich lassen uns auf der Dünung treiben. Die Wellen werden größer, und ich muss springen und ziemlich fest strampeln, damit unsere Köpfe über Wasser bleiben, aber Emily ist ganz begeistert, und jedes Mal, wenn wir von einer Welle hochgehoben werden, quietscht sie und lacht und klatscht in die Hände. So geht das gut zehn Minuten, und ich bin richtig froh. Wieder und wieder küsse ich ihre Pausbäckchen. Emily hat etwas an sich, das in mir den Wunsch weckt, für den Rest meines Lebens mit ihr auf den Wellen zu treiben, und ich beschließe, schnellstmöglich mit Nikki eine Tochter zu bekommen, wenn die Auszeit vorüber ist, weil mich seit Beginn der Auszeit nichts auch nur annähernd so glücklich gemacht hat.
Die Dünung wird immer stärker. Ich hebe Emily hoch und setze sie mir auf die Schultern, damit ihr keine Wellen ins Gesicht spritzen, und ihrem Kreischen nach zu urteilen, gefällt es ihr, so hoch oben zu sein.
Wir treiben hoch.
Wir treiben runter.
Wir sind glücklich.
Wir sind sehr, sehr glücklich.
Aber dann höre ich jemanden schreien.
«Pat! Pat! Paaaaaaat!»
Ich drehe mich um und sehe Veronica sehr schnell den Strand entlanglaufen, Tiffany weit hinter ihr. Ich bekomme Angst, dass etwas passiert ist, also bewege ich mich zurück Richtung Ufer.
Die Wellen sind jetzt ziemlich hoch, und ich muss Emily sicherheitshalber von den Schultern nehmen und sie vor dem Körper halten, aber bald sind wir wieder im flacheren Wasser und gehen auf Veronica zu, die jetzt in die Brandung läuft.
Als ich fast bei ihr bin, sehe ich, dass Veronica ganz aufgelöst ist. Emily brüllt los und reckt die Arme nach ihrer Mutter.
«Was zum Teufel hast du da gemacht?», sagt Veronica, als ich ihr Emily übergebe.
Offenbar haben Veronicas Schreie Ronnie aufgeweckt, denn er kommt angerannt. «Was ist passiert?»
«Du hast Pat mit Emily ins Meer gelassen?», sagt Veronica, und die Art, wie sie meinen Namen ausspricht, macht deutlich, dass sie nicht will, dass Emily mit mir allein gelassen wird, weil sie denkt, ich würde Emily irgendwie weh tun, was gemein ist, vor allem, wo Emily erst losgeweint hat, als sie Veronicas Schreierei gehört hat, also war es eigentlich Veronica , die ihre Tochter erschreckt hat.
«Was hast du mit ihr gemacht?», fragt Ronnie mich.
«Nichts», sage ich. «Wir waren bloß schwimmen.»
«Was hast du gemacht?», will Veronica von Ronnie wissen.
«Ich muss eingeschlafen sein, und …»
«Herrgott noch mal, Ronnie. Du hast Emily mit ihm allein gelassen?»
Die Art, wie Veronica «ihm» sagt, die weinende Emily, Ronnie, der mir vorwirft, seiner Tochter irgendwas Schreckliches angetan zu haben, die Sonne, die mir auf Brust und Rücken brennt, Tiffany, die jetzt alles beobachtet – plötzlich habe ich das
Weitere Kostenlose Bücher