Silver Linings (German Edition)
sagt er, und dann hält er mir die Sportteile vom Courier-Post und vom Philadelphia Inquirer hin. «Ich bin früh aufgestanden und hab schon beide gelesen, damit du dich über das Team auf den neuesten Stand bringen kannst. Du hast gestern während des Spiels ein paar Bemerkungen gemacht, die mir gezeigt haben, dass du nicht alle Spieler kennst, und ich dachte, du willst diese Saison vielleicht mitverfolgen, wo du doch jetzt zu Hause bist und – na ja, ich werde sie von jetzt an immer auf die oberste Stufe legen.»
Ich bin zu überrascht, um etwas zu sagen oder mich zu rühren, weil Dad die Sportseiten immer mit zur Arbeit genommen hat, seit Jake und ich klein waren. Jake hat sich deshalb oft mit Dad gestritten und ihn gebeten, die Sportteile doch wenigstens nach Feierabend wieder mit nach Hause zu bringen, damit wir die Artikel lesen konnten, wenn wir unsere Hausaufgaben gemacht hatten. Aber Dad war immer schon mit den Zeitungen aus dem Haus, bevor wir aufstanden, und nie brachte er uns die Sportteile wieder mit, sondern behauptete, er hätte sie vergessen oder bei der Arbeit irgendwo liegenlassen. Schließlich abonnierte Jake selbst eine Zeitung, als er sein Taschengeld mit einem Job als Regalauffüller im nächstgelegenen Big Foods aufbesserte, und von da an lasen wir gemeinsam den täglichen Sportteil morgens vor der Schule. Er war zwölf, ich dreizehn.
Ich mache dreihundert Sit-ups auf dem Stomach Master 6000, ehe ich mir erlaube, die Zeitung von der untersten Stufe aufzuheben. Während meine Bauchmuskeln sich anspannen und brennen, zerbreche ich mir den Kopf darüber, ob mein Vater sich vielleicht nur einen fiesen Scherz erlaubt und mir die Unterhaltungsbeilage oder die Sonderangebote hingelegt hat, aber als ich mit den Sit-ups durch bin und zur Treppe gehe, sehe ich, dass mein Dad mir tatsächlich die Sportteile von beiden Zeitungen gebracht hat.
Als es Zeit für meine Morgentabletten ist, gehe ich zu Mom in die Küche, wo sie gerade Rührei brät. Mein Teller steht auf der Frühstückstheke, und meine fünf Morgentabletten liegen säuberlich in einer Reihe auf der Serviette.
«Sieh mal», sage ich und halte das Geschenk meines Vaters hoch.
«Sportseiten, hm?», sagt Mom über das Brutzeln der Pfanne hinweg.
«Ja.» Ich setze mich, werfe mir alle fünf Tabletten in den Mund und überlege, wie viele davon ich heute schlucken will. «Aber wieso?»
Mom bugsiert das Rührei mit dem Pfannenwender auf meinen Teller. Sie lächelt und sagt: «Dein Vater gibt sich Mühe, Pat. Aber wenn ich du wäre, würde ich nicht zu viele Fragen stellen. Nimm, was er dir gibt, und sei froh darüber – so machen wir es doch immer, nicht wahr?»
Sie lächelt mich hoffnungsvoll an, und da beschließe ich, alle fünf Tabletten zu schlucken, also trinke ich einen Schluck Wasser, und weg sind sie.
In dieser Woche höre ich jeden Tag die Kellertür auf- und wieder zugehen, und wenn ich dann auf der obersten Stufe nachsehe, liegen da die Sportteile beider Zeitungen, und ich lese sie von Anfang bis Ende, während ich mit Mom frühstücke.
Hauptthema ist das bevorstehende Spiel gegen die Giants, von dem alle glauben, dass es der Schlüssel zum Sieg in der NFC East sein wird, vor allem, da die Giants im ersten Spiel gegen die Indianapolis Colts verloren haben. Bei einer Niederlage ständen sie bei 0:2 und die Eagles bei 2:0. Das Spiel wird mächtig hochgejubelt, und ich habe dank Jake eine Eintrittskarte, was mich riesig freut.
Jeden Abend warte ich darauf, dass mein Dad von der Arbeit nach Hause kommt, weil ich hoffe, er hätte vielleicht Lust, mit mir über das bevorstehende Spiel zu reden. Dann könnte ich die Namen der derzeitigen Spieler fallenlassen und ihm beweisen, dass ich wieder ein echter Fan bin, aber er nimmt sein Abendessen immer mit in sein Arbeitszimmer und schließt die Tür. Ein paarmal gehe ich sogar an die Tür und hebe die Hand, um anzuklopfen, aber dann kneife ich doch im letzten Moment. Mom sagt: «Lass ihm Zeit.»
Bei meinem Freitagstermin sitze ich in dem braunen Ruhesessel und spreche mit Dr. Cliff über meinen Dad. Ich erzähle ihm, dass Dad mir jetzt immer die Sportteile hinlegt und dass das eine richtig große Geste für ihn ist, wie ich weiß, dass ich aber wünschte, er würde mehr mit mir reden. Cliff hört zu, sagt aber wenig über meinen Vater. Stattdessen fängt er immer wieder von Tiffany an, was ein bisschen nervig ist, weil sie doch bloß hinter mir herläuft, wenn ich jogge, mehr
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