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Silver Linings (German Edition)

Silver Linings (German Edition)

Titel: Silver Linings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quick
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über nackten Schultern. Ihr Lippenstift passt tadellos zu der Stola, doch anscheinend hat sie sich die Augen zu stark geschminkt, weil sie ein bisschen wie ein Waschbär aussieht. Ein Plus ist, dass sie eine, wie Nikki sagen würde, klassische Hochfrisur trägt, was ihr richtig gut steht, also sage ich Mom, dass sie sehr fotogen ist, was ihr ein Lächeln entlockt.
    Das Gesicht meines Vaters wirkt angespannt. Auf keinem der Bilder sieht er aus, als würde er sich wohl fühlen, daher frage ich, ob er mit Caitlin einverstanden ist.
    «Seiner Meinung nach kommt sie aus einer anderen Welt, und der Umgang mit ihren Eltern ist ihm nicht leichtgefallen – überhaupt nicht  –, aber er freut sich für Jake, auch wenn er es nicht so zeigen kann», sagt Mom. «Er weiß, dass Caitlin deinen Bruder glücklich macht.»
    Ich muss daran denken, wie seltsam mein Vater auf meiner eigenen Hochzeit war, dass er die ganze Zeit vor sich hin schwieg und nur sehr einsilbig antwortete, wenn er mal angesprochen wurde. Ich weiß noch, wie sauer ich auf meinen Vater war, weil er Nikki bei der Generalprobe keines Blickes gewürdigt, geschweige denn ein Wort mit ihren Eltern gewechselt hat. Und ich erinnere mich, dass meine Mutter und mein Bruder meinten, Dad käme nicht mit Veränderungen klar, aber was genau sie damit meinten, begriff ich erst am nächsten Tag so richtig.
    Mitten in der Trauungszeremonie in der Kirche fragte der Priester die versammelten Gäste, ob sie Nikki und mich in ihre Gebete einschließen würden, woraufhin wir uns wie angewiesen umdrehten, um die Antwort entgegenzunehmen. Ich blickte instinktiv zu meinen Eltern, weil ich neugierig war, ob mein Vater «Ja» sagen würde, wie es von ihm erwartet wurde, im Chor mit allen anderen, und da sah ich, wie er sich mit einem Taschentuch über die Augen wischte und auf der Unterlippe kaute. Sein ganzer Körper bebte leicht, als wäre er ein alter Mann. Es war ein total seltsamer Anblick, wie mein Vater da auf einer Hochzeit weinte, die ihn doch vermeintlich so geärgert hatte. Der Mann, der außer Wut nie irgendwelche Emotionen zeigte, saß da und weinte. Ich starrte meinen Vater an, und als offensichtlich wurde, dass ich mich nicht von alleine wieder zu dem Priester umdrehen würde, musste Jake – der mein Trauzeuge war – mir einen kleinen Stups geben, um den Bann zu brechen.
    Jetzt, auf der Couch neben meiner Mutter, frage ich: «Wann haben Jake und Caitlin geheiratet?»
    Meine Mutter sieht mich seltsam an. Sie möchte das Datum nicht nennen.
    «Ich weiß, sie haben geheiratet, als ich an dem schlimmen Ort war, und ich weiß auch, dass ich jahrelang an dem schlimmen Ort war. Damit hab ich mich inzwischen abgefunden.»
    «Bist du wirklich sicher, dass du das Datum wissen willst?»
    «Ich verkrafte das, Mom.»
    Sie betrachtet mich einen Moment, überlegt wohl, wie sie sich entscheiden soll, und sagt dann: «Im Sommer 2004, am siebten August. Sie sind seit gut zwei Jahren verheiratet.»
    «Wer hat die Hochzeitsfotos bezahlt?»
    Meine Mutter lacht. «Machst du Witze? So ein schickes Hochzeitsalbum hätten dein Vater und ich uns nie im Leben leisten können. Caitlins Eltern waren sehr großzügig. Sie haben uns das Album hier geschenkt, und außerdem konnten wir so viele Fotos vergrößern lassen, wie wir wollten, und …»
    «Haben sie euch die Negative gegeben?»
    «Wieso sollten sie uns die Negative geben …»
    Sie hat wohl den Ausdruck in meinem Gesicht gesehen, denn sie verstummt abrupt.
    «Wie habt ihr denn dann die Fotos ersetzt, nachdem dieser Einbrecher sämtliche gerahmten Bilder im Haus gestohlen hat?»
    Mutter überlegt, wie sie am besten reagiert, während ich auf ihre Antwort warte. Sie fängt an, auf der Innenseite ihrer Wange zu kauen, so wie sie das manchmal macht, wenn sie nervös ist. Nach ein paar Sekunden sagt sie ruhig: «Ich hab Caitlins Mutter angerufen, ihr von dem Einbruch erzählt, und sie hat noch in derselben Woche Abzüge machen lassen.»
    «Und wie erklärst du dann die hier?», sage ich und hole hinter dem Kissen am Ende der Zweiercouch gerahmte Hochzeitsfotos von Nikki und mir hervor. Als meine Mutter nichts sagt, stehe ich auf und stelle mein Hochzeitsbild wieder an seinen rechtmäßigen Platz auf dem Kaminsims. An die Wand neben dem Fenster zur Straße hänge ich das Bild, auf dem meine engste Familie um Nikki im Hochzeitskleid versammelt ist und ihre weiße Schleppe sich übers Gras auf die Kamera zu ergießt. «Ich hab die PAT-Kiste

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