Silver Linings (German Edition)
ich einen Anruf von den Eltern.
Unsere Schulmannschaften verlieren auch ziemlich regelmäßig. Coach Ritchie und Coach Malone vermissen Dich beide. Glaub mir, sie können Dich nicht ersetzen, und die Schüler sind aufgeschmissen ohne ihren Coach Peoples. Das Lehrerleben ist noch immer hektisch und verrückt, und ich bin froh, dass Dir diese Art von Stress erspart bleibt während Deiner Genesung.
Tut mir leid, dass Dein Vater so distanziert zu Dir ist. Ich weiß noch, wie sehr Dir das immer zu schaffen gemacht hat. Und das Auf und Ab von Deinen Eagles tut mir auch leid – aber immerhin haben sie letztes Wochenende die Redskins geschlagen, oder? Und Dauerkarten mit Jake – Du hast Dich doch bestimmt gefreut wie ein Schneekönig.
Ich finde, ich sage Dir am besten gleich, dass ich wieder geheiratet habe. Ich erzähle Dir keine Einzelheiten, es sei denn, Du möchtest welche hören, Pat. Ich bin sicher, das ist ein Schock für Dich, vor allem, nachdem Tiffany mir aus Deinem Tagebuch die vielen Passagen vorgelesen hat, die durchblicken lassen, dass Du noch immer hoffst, unsere Ehe retten zu können. Ich sage Dir klipp und klar, das wird nicht passieren. Die Wahrheit ist, ich hatte schon vor dem Unfall fest vor, mich scheiden zu lassen – bevor Du in die psychiatrische Klinik eingewiesen wurdest. Wir haben nicht zueinander gepasst. Du warst nie zu Hause. Und seien wir ehrlich – unser Sexleben war Mist. Deswegen habe ich Dich betrogen, woran Du Dich vielleicht erinnern kannst, vielleicht aber auch nicht. Ich will Dir nicht weh tun, Pat – ganz im Gegenteil. Ich bin nicht stolz auf meine Untreue. Ich bedauere es, Dich betrogen zu haben. Aber unsere Ehe war schon zu Ende, bevor ich die Affäre anfing. Du bist psychisch noch nicht wieder gesund, aber wie ich höre, ist Dein Therapeut einer der besten in South Jersey, die Behandlung schlägt an, und Deine Erinnerung wird bald zurückkehren. Wenn es so weit ist, wird Dir wieder einfallen, wie sehr ich Dich verletzt habe, und dann wirst Du mir nicht einmal mehr schreiben wollen, geschweige denn versuchen wollen, das wiederherzustellen, was wir Deiner Meinung nach einmal hatten.
Ich könnte verstehen, wenn ich Dich mit meiner schonungslosen Reaktion auf Deinen sehr langen und gefühlvollen Brief vor den Kopf gestoßen habe, und wenn Du mir nicht noch einmal schreiben willst, könnte ich auch das verstehen. Aber ich wollte ehrlich zu Dir sein. Was bringt es, wenn wir uns jetzt belügen?
Liebe Grüße
Nikki
PS: Es hat mich schwer beeindruckt, dass Du endlich so viele Bücher aus meinem Lehrplan für amerikanische Literatur gelesen hast. Viele Schüler haben auch darüber geklagt, dass die Romane deprimierend sind. Versuch es mal mit Mark Twain. Huck Finn geht gut aus. Das Buch könnte Dir gefallen. Aber ich sage Dir dasselbe, was ich meinen Schülern sage, wenn sie sich über das deprimierende Wesen der amerikanischen Literatur beschweren: Das Leben ist kein Wohlfühlfilm. Das wahre Leben hat oft ein schlechtes Ende, wie unsere Ehe, Pat. Und Literatur versucht, diese Realität zu dokumentieren und uns gleichzeitig zu zeigen, dass es trotzdem möglich ist, tapfer durchzuhalten. Anscheinend hast Du tapfer durchgehalten, seit Du wieder in New Jersey bist, und Du sollst wissen, dass ich das bewundere. Ich hoffe, es gelingt Dir, Dich neu zu erfinden und den Rest Deines Lebens mit einer stillen Zufriedenheit zu leben, wie ich es seit unserer Trennung versuche.
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Brief Nr. 3 – 18. November 2006
Liebe Nikki,
sobald ich Deinen Brief gelesen hatte, hab ich meine Mom gebeten, mir Huckleberry Finns Abenteuer in der Stadtbücherei von Collingswood auszuleihen. Froh, endlich mal einen Roman mit einem Happy End genießen zu können, hab ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen, was mich eine ganze Nacht Schlaf gekostet hat. Ich weiß nicht, ob Tiffany Dir die Passagen in meinem Tagebuch über meinen schwarzen Freund Danny vorgelesen hat, aber dieses Buch würde ihn auf die Palme bringen, weil Twain das N-Wort über 200-mal benutzt. Ich weiß das so genau, weil ich nach den ersten paar Kapiteln noch mal von vorn angefangen und eine Strichliste geführt habe. Jedes Mal, wenn Twain das N-Wort benutzt hat, habe ich auf einem Blatt Papier einen Strich gemacht, und als ich das Buch aushatte, waren es über 200 Striche! Danny meint, nur Schwarze dürfen das N-Wort benutzen, was heutzutage so was wie eine allgemein gültige Wahrheit geworden ist, daher wundere ich
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