Silvermind (German Edition)
versprichst du mir etwas?“
Merkwürdig ernst geworden sah Dean ihn an. Das Gefühl, das diese Halle nicht das war, was sie schien, verstärkte sich.
„Was?“, fragte er gegen und wusste in dem Moment, als sein Freund den Blick senkte, dass hier irgendetwas tatsächlich nicht stimmte.
„Dass du dein Bestes gibst und … danach das annimmst, was dir geboten wird. Außerdem darfst du nicht wütend werden.“
„Das sollte mir überlassen werden, ob ich dir den Kopf abreiße, meinst du nicht? Jetzt mal ehrlich. Es gibt gar keinen Auftritt bei einem Bekannten von dem Inhaber, oder?“
Er kannte seinen Kumpel zu gut. Dean konnte ihn nicht belügen. Ray durchschaute es sofort, als der sich etwas aus den Fingern saugen wollte, unterband diesen Versuch jedoch mit einem strengen Blick. Das zog bei ihm nicht. Ray wollte Ehrlichkeit.
„Na ja. Einen Auftritt gibt es … Aber nicht bei dem Inhaber. Da hast du recht.“
„Was soll ich hier?“
„Spielen, so gut du kannst. Vertraue mir. Das ist eine Chance für dich. Versprichst du mir das?“
Schon der Zweite an diesem Abend, der an sein Vertrauen appellierte. Nach einigem Zögern nickte Ray.
„Klar.“
Damit wurde er von Dean in den Eingang geschoben. Er wehrte sich nicht. Sein Kumpel hatte Zeit seines Denkens nur Gutes für ihn gewollt. Ray würde ihm den Gefallen tun, danach forderte er allerdings eine ausführliche Erklärung. Zumal er nicht wusste, worum es hier ging.
Entschlossen schritt er durch die Gänge, dicht gefolgt von Dean. Ray hatte keine Ahnung, was für eine Fabrik das einmal gewesen war. Allerdings konnte er erkennen, dass die Hallen für diverse Veranstaltungen genutzt wurden. Es schien, als wäre es eine Art Proberaum. In Übergröße. Ferner konnte Ray die Klänge von Instrumenten ausmachen, vernahm Stimmen und blieb an einem Geländer stehen. Unter ihnen befand sich ein offener Saal, an dessen vorderen Sitzreihen, getrennt durch einen Gang, eine Bühne grenzte. In der allerersten Reihe, auf einem kleinen Podium, stand ein Tisch, an dem vier Leute saßen. Ray konnte nicht erkennen, wer es war, nur schienen sich die Personen Notizen von demjenigen zu machen, der gerade auf der Bühne ein Stück spielte. Plötzlich dämmerte es ihm. Er zog die Brauen zusammen und presste die Lippen aufeinander.
„Wissen sie, dass ich komme?“, knurrte Ray und verzichtete darauf, seinem Kumpel einen Blick zuzuwerfen. Dass er wütend war, war kaum zu überhören. Es war nicht schwer zu erraten, wohin Dean ihn geschleppt hatte.
„Nein“, meinte dieser.
„Du willst ernsthaft, dass ich vorspiele?“
„Ja.“
„Du weißt genau, dass ich das nicht tun werde.“
„Du hast es mir versprochen, Ray. Nie hast du ein Versprechen gebrochen.“
Für einen Moment schloss Ray die Augen und schnaubte abfällig. Auch von Lora hatte er das heute gehört. Hielten die ihn alle für bekloppt? Hätte er sich nur nie entschieden, das zu halten, was er sagte. Scheiß Moral. Damit bekam er gleich doppelt einen Tritt in den Hintern. Das nahm er Dean definitiv übel.
„Fick dich!“, zischte Ray, weil er es partout nicht leiden konnte, mit den eigenen Waffen geschlagen zu werden. Er funkelte Dean zornig an und stieß sich vom Geländer ab.
„Ich mach’s, aber nur, weil ich zu meinen Prinzipien stehe. Du bist bei mir vorerst unten durch!“
„Ray, du hast gesagt ...“
„Ja, ich habe gesagt, schon klar. Du weißt, dass ich das nicht machen wollte. Wieso haust du mich in die Pfanne?“
„Ich will, dass du endlich einsiehst, dass du Talent hast. Jeder erkennt das, nur du nicht. Du willst es einfach nicht! Dein Alter kann dir doch am Arsch vorbeigehen. Lass dir nicht das kaputtmachen, was du liebst!“
Ray sah ihn lange eindringlich an, bis er sich ohne ein Wort abwandte und die Treppe hinunter stieg.
„Melde dich bei Zeno!“, rief Dean ihm hinterher. Ray hob die Hand und zeigte ihm elegant den Mittelfinger. Er würde es auf seine Art machen.
Unten angekommen bahnte er sich einen Weg durch die Sitzreihen und gelangte zu dem Podium. Ein paar Kandidaten warteten noch, der Typ auf der Bühne wurde von einem anderen abgelöst.
Unbemerkt setzte er sich auf einen Stuhl, direkt neben den Mitgliedern von ´Silvermind` und lauschte dem Nächsten. Die Saiten wurden nicht sauber gespielt, der Text war völlig sinnfrei. Aber der Kerl hatte eine starke Stimme. Ray verschränkte die Arme, lehnte sich tiefer in den Sitz und beobachtete
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