Silvermind (German Edition)
strafenden Blicken der anderen Musikern ausgesetzt.
„Das war ein Abgang vom Feinsten“, meinte er trocken und fuhr sich durch die Haare.
„Warum hast du das getan, Nero?“, fragte Zeno ernst nach. Nero ballte die Hand, die bis eben auf Rays Haut gelegen hatte, zur Faust.
„Er ist kein Teil einer Gruppe. Der Kerl würde bei uns untergehen.“
„Bist du taub? Ray hat wahnsinniges Talent!“
„Das ist mir bewusst. Genau aus dem Grund passt er nicht zu uns. Er ist eindeutig Solokünstler.“
„Die meisten Solisten haben klein angefangen. Wie zum Beispiel in einer Band!“, giftete Mark.
„Wir haben heute Abend ausschließlich Schrott gehört. Dann kommt endlich jemand, der alle um Längen schlägt, vom Style gut zu uns passt und du meinst, dem den Laufpass geben zu müssen? Tickst du noch ganz sauber?“
Nero zweifelte nicht an seiner Entscheidung. Es war die Richtige gewesen. Ray passte nicht zu ´Silvermind`. Der war nicht wie Neo, der sich fügen, sondern jemand, der in Text und Musik selbst bestimmen würde. Bisher war das ausschließlich Neros Ding. Er konnte sich nicht vorstellen, jemanden an der Seite zu haben, der ihm dazwischen funkte.
„Ich bin der verdammte Leader der Band. Meinst du nicht, dass ich verflucht noch mal entscheiden sollte, wer zu uns passt? Es geht nicht ausschließlich um das Können, es geht um Zusammenarbeit. Die kann ich mir mit dem Kerl definitiv nicht vorstellen!“
„Geht es wirklich darum, oder hast du Angst, dass er besser sein könnte als du?“
Nero wusste, dass das der Fall war. Aber er würde den Teufel tun, das einzugestehen. Er besaß genügen Rationalität, um Talent anzuerkennen. Dass Ray etwas drauf hatte, war unbestreitbar. Doch deshalb musste er sich von Mark nicht dermaßen anfahren lassen.
„Ich denke, du gehst zu weit“, meinte Nero ruhig und verschränkte die Arme vor der Brust. Wenn sich sein Kumpel mit ihm anlegen wollte, bitte. Nero würde einer Auseinandersetzung nicht aus dem Wege gehen, obwohl diese völlig überflüssig wäre.
„Nein, Nero. Manchmal halte ich dich einfach für einen verdammten Idioten!“ Damit stand Mark auf, schnappte seine Sachen und machte einen Abgang.
„Will mir noch einer von euch Vorhaltungen machen?“, knirschte Nero mit den Zähnen. Dabei funkelte er Zeno und Blair an.
„Zum Teil kann ich dich verstehen. Andererseits hätten wir eine Lösung finden können. Ich denke, dass du und Ray, entgegen allen Erwartungen, gut klargekommen wärt. Natürlich wäre er als Solokünstler herausragend. Wenn du genau überlegst, wäre das sogar einzurichten gewesen. Aber es ist sicherlich nicht das. Du hast ein anderweitiges Problem, nur zu feige, um es zuzugeben. Einzig aus diesem Grund willst du ihn nicht aufnehmen.“, gab Zeno von sich.
Nero hatte kein anderweitiges Problem . An ihm lag es nicht. Er hatte gesehen, dass Musik für Ray ein Lebenselixier war. Was, wenn dieser sich verlor? Sie würden auf Tournee gehen, teilweise im Ausland spielen, wie auf dem ´Trash Festival` in Finnland. Stress würde ihr ständiger Begleiter sein. Ray machte den Eindruck als könnte er sich nie voll und ganz auf das Bandleben einlassen. Was eine Notwendigkeit war.
„Ich hab keinen Bock darauf, dass wir ein neues Mitglied gleich wieder verlieren, weil es alldem nicht gewachsen ist.“
„Das kannst du nicht wissen, wenn du dich nicht darauf einlässt.“
„Glaube mir, ich lege es nicht auf den Versuch an“, spie Nero aus und trat von der Bühne. Die blöden Scheinwerfer hatten ihn zum Schwitzen gebracht. Oder es war der Umstand, dass er die Haut des Goth immer noch an den Fingerspitzen spürte … Er hatte keine Lust mehr, sich zu rechtfertigen.
„Seit Neo willst du kein Risiko mehr eingehen, was?“, meinte Zeno nachdenklich. Nero griff nach seiner Lederjacke, schlüpfte hinein und warf ihm einen finsteren Blick zu.
„Nein!“ Damit haute er ab. Sie würden einen Ersatz finden, da war er sich sicher.
***
Kapitel 6 – Ray
Ray starrte emotionslos aus dem Fenster. Es regnete. Die Tropfen klatschten an die Scheibe, ein gleichmäßiges Prasseln, wie das Grollen des Weltuntergangs. Seine Welt war tatsächlich zerbrochen. In Abertausend kleine Teile. Er war gefeuert worden.
Heute hätte er beinahe einen Menschen umgebracht. Er hatte eine falsche Infusion angehängt, ein falsches Medikament. Es war glücklicherweise rechtzeitig entdeckt worden, aber das war Grund genug für seinen Chef, ihn fristlos zu
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