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Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Titel: Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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allerdings noch so lange hier stehen, bis sein Schloß in der Languedoc fertig renoviert ist.“
    Herr Schweitzer war sehr beeindruckt. Da hätte seine Mutter mit Traktor beweint Ernte nicht gegen anstinken können. Er fragte sich, ob er vielleicht nicht doch eher in den Kunstmarkt einsteigen sollte, anstatt Artikel über Landschaftsarchitektur zu verfassen. So ließ er sich mit seinen Gedanken forttragen, malte sich aus, wie Maria und er die Kunstszene aufmischten und schlußendlich ihren verdienten Ehrenplatz im Guggenheim-Museum einnahmen.
    Er war gerade dabei die Lobrede des amerikanischen Präsidenten auf Maria und ihn auszuformulieren, als ein widerliches Summen seine Ohren erfüllte. Er schüttelte den Kopf und schlug gleichzeitig und blindlings mit der rechten Hand in die grobe Richtung des Geräuscherzeugers. Vergebens. Fünf Sekunden später summte es erneut, und Simon Schweitzer schlug zurück. Das ging eine Weile so, bis auf seine Reaktion keine neuerliche Aktion folgte. Er glaubte schon, den Störenfried auf die eine oder andere Weise besiegt zu haben, als sich eben jener auf dem Schoßbereich des Kimonos niederließ. Es war eine Stechmücke, von alten Lateinern auch Culex pipiens genannt. Provozierend langsam putzte sie sich die Flügel. Noch langsamer bewegte sich Herr Schweitzers Arm nach oben in Totschlagstellung. Die Welt um ihn herum hatte aufgehört zu existieren. Leise summte jemand das Wiegenlied vom Totschlag. Maria beobachtete gebannt das Handlungsgeschehen.
    Das Leben war auf diese eine, schon seit der Weltengeburt bestehende Kampfhandlung reduziert. Es galt, dem Moskito zumindest in der Sekunde des Todes klarzumachen, daß der Mensch der Gipfel der Schöpfung war, und man ihn nicht ungestraft zu molestieren habe. Selbstvergessen starrte Herr Schweitzer das Insekt an, das sich weiterhin putzte. Er nahm sich vor, den Todesstoß in zehn Sekunden durchzuführen. In Gedanken hatte der Countdown begonnen. Acht, sieben, sechs … Bei null schlug das Imperium zu. Kräftig. Und blitzschnell. Sich genau in die Eier.
    Simon Schweitzer schrie vor Schmerzen. Die Stechmücke konnte das Geschrei aufgrund fehlender Erfahrungswerte, wiederum bedingt durch zu kurze Lebensdauer, nicht einordnen und entfloh sicherheitshalber in das Halbdunkel des Nachthimmels. Man konnte sich ja schließlich auch woanders weiterputzen.
    Maria hatte erst laut gelacht, dann aber, als ihr Gast anfing epileptisch herumzuspringen, sehr rührend versucht, durch Klopfen auf den Rücken eine Linderung herbeizuführen. Da sich der Herr Schweitzer aber nicht verschluckt, sondern in die Eier gehauen hatte, half das natürlich nicht unmittelbar. Doch bewirkten die Schläge, respektive die Berührung seines Körpers durch seine Liebste eine quasi indirekte Beruhigung des aufgebrachten Nervensystems. Der Schreck war wieder einmal größer als der Schmerz gewesen.
    Kurz darauf lag Simon Schweitzer wieder in der Liege. Maria, die sich schon seit ihrer Kindheit auszumalen versuchte, was das wohl für eine Art von Schmerz sein mochte, die Jungs so markerschütternd aufheulen ließ, glaubte, Herrn Schweitzer ablenken zu müssen, auf daß sich seine Gedanken nicht mehr auf den noch vorhandenen Restschmerz konzentrierten. „Karin hat mir neulich erzählt, daß vor ein paar Wochen ganz überraschend ein alter Freund von ihr, den sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatte, aufgetaucht sei. Daniel Fürchtegott oder so heißt der. Kennst du den?“
    „Ja.“ Die Antwort war mechanisch gekommen, ohne groß darüber nachzudenken. Ein Flugzeug war auf der neuen Einflugschneise über ihre Köpfe hinweggedonnert, und der Geräuschpegel hatte Herrn Schweitzers Gedanken in eine Welt hinfortgetragen, in welcher der Mensch noch das Sagen hatte und solche enervierenden Fortbewegungsmittel sich entweder dezibelreduziert gen Äther erhoben oder mit schweren Eisenketten im Betonboden verankert wurden. Das waren natürlich die Träume eines naiven Weltverbesserers, und Simon Schweitzer war schlau genug, bei solchen Gedanken nicht allzu lange zu verweilen, wollte man von der Gesellschaft nicht als Spinner abgetan werden. Also widmete er sich wieder dem Hier und Jetzt und somit Marias Frage, die er vorschnell beantwortet hatte. „Ja, Daniel Fürchtegott. Ein guter Freund von mir. Wo ist der aufgetaucht?“
    Maria hielt diese geistige Verwirrung bei Simon Schweitzer für eine Folge der versehentlichen Selbstgeißelung und ging bereitwillig auf sein diffuses

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