Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)
real existierende Ministerpräsident Hessens lächelte sein Kalküllächeln, das kaum noch jemanden täuschte, und brabbelte etwas von guten Chancen bei bevorstehenden Wahlen. Im Schwarzbachfall hatte man eine dringlich der Tat verdächtigte Person inhaftiert. Der Wetterbericht sah schwere Gewitter für die Abendstunden voraus.
„Aha“, sagte Herr Schweitzer, „wenn die vom Wetterdienst in Offenbach einfach mal nur aus dem Fenster schauen würden, könnten sie ihre Trefferquote deutlich erhöhen.“
„Ja schon, aber was machen sie dann mit all den teuren Satelliten, die ihnen die Wetterlage senden?“
Da war selbst ein Simon Schweitzer überfragt, aber seine Gedanken beschäftigten sich sowieso schon mit der Frage, wer denn nun der Mörder Klaus-Dieter Schwarzbachs sein sollte, den man laut Nachrichtensprecher angeblich verhaftet hatte. Es würde ihn nicht wundern, wenn sich der Verdacht mal wieder als Schuß in den Ofen entpuppen sollte. Man hatte da so seine Empirie.
Herr Schweitzer freute sich schon auf einen weiteren Abend mit seiner Maria, als diese ihm mitteilte, daß ihr ein Geschäftsessen im Frankfurter Hof bevorstehe, bei dem ein Sondierungsgespräch über eine geplante Sonderausstellung ihrer Skulpturen im südafrikanischen Nationalmuseum von Kapstadt stattfinden sollte. Es gehe um sehr viel Geld. Aber so er, Simon, wolle, könne er ja mitkommen. Er lehnte dankend ab, solche Veranstaltungen seien in der Regel doch sehr steif und somit nichts für ihn, der zeit seines Lebens den mediterranen Frohsinn bevorzugte. In Wirklichkeit hätte er im Falle einer weiteren Dosis Kunst nicht für gute Laune seinerseits garantieren können. So verabredete man sich locker für später entweder im Weinfaß oder im Frühzecher. Vielleicht ließen sich dort auch nähere Umstände über die Verhaftung des Übeltäters im Schwarzbachfall erfahren. Hoffte Simon Schweitzer.
Doch zuvor mußte er noch mit Marias Haarfön seine Klamotten trocknen. Ein mühseliges Unterfangen.
Eine Stunde später tobte noch immer der Sturm, so daß Herr Schweitzer gezwungen war, ein Taxi zu ordern.
Zu Hause hatte Daniel Fürchtegott Meister die Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, daß man ihren gemeinsamen Freund Guntram Hollerbusch wegen Mordverdachtes an dem Frankfurter Stadtverordneten Schwarzbach festgenommen habe. Simon Schweitzer schüttelte ungläubig den Kopf und hörte sich die Nachricht ein zweites Mal an. Es bestand kein Zweifel, der Schwachsinn hatte Formen angenommen. Es wurde Zeit, befand Herr Schweitzer, Licht in das Dunkel zu bringen.
Er entledigte sich seiner noch immer klammfeuchten Klamotten und besah sich in Unterhose das Kühlschrankinnere. Ein paar eingefallene Salatreste von Lauras vorgestriger Geburtstagsfete ergaben im Verbund mit der gähnenden Leere ein definitiv unpittoreskes Bild von Tristesse. Herrn Schweitzers nach dem Beischlaf frisch zementiertes Selbstbewußtsein war damit aber nicht beizukommen. In jeder Leere liegt auch die Chance zu einem Neubeginn, sagte er sich fröhlich, schloß die Kühlschranktür und ging erst mal einkaufen.
Sein frugales Mahl bestand aus mit dünnen Salatgurkenscheiben belegtem Knäckebrot. Simon Schweitzer wollte damit ein Zeichen setzen und eine Diät beginnen, um dem Idealbild eines feurigen Liebhabers ein Stück weit entgegen zu gehen.
Für Laura hatte er spanische Chorizo und einen hundertundzwanzigprozentigen Fettkäse mitgebracht. Da Herr Schweitzer weder wußte wann und ob seine Mitbewohnerin nach Hause kam, legte er einen Zettel auf den Küchentisch, mit dem er auf die Leckereien im Kühlschrank hinwies. Er kam sich vor wie ein Schuft, schließlich hatte Laura auch so ihre Problemzonen. Und das war nicht gut so, er wollte kein Schuft sein. Er nahm sich die Hälfte der Chorizoscheiben, bestrich sie reichlich mit scharfem Löwensenf und verschlang sie ohne Beilage. Sein Magen dankte knurrend. Er erklärte die noch junge Diät für beendet, weil er felsenfest davon überzeugt war, dergestalt mit seinem Geiste zu brillieren, daß eine mögliche Adonisfigur sowieso vollkommen unbemerkt bliebe. Und da er schon mal dabei war, vertilgte er noch hurtig den Käse und den Rest der Chorizo. Er fühlte sich bestens. Laura blieben ja noch die Reste der kalorienarmen Salatgurke.
Punkt neun betrat Simon Schweitzer trockenen Fußes das Weinfaß. Er hatte eine Regenpause erwischt. Er war baß erstaunt, als er am Tresen eine heulende Karin erblickte, flankiert von Bertha
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