Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)
Gerede ein. „Bei Karin und Klaus-Dieter. Vor ein paar Wochen.“
Es war für Herrn Schweitzer sehr schwer, sich in der momentanen Atmosphäre von Liebe und Erotik dem Satansbraten Klaus-Dieter Schwarzbach und dessen mysteriösen Ablebens zu widmen. Aber er versuchte es. Und konnte doch wirklich nichts dafür, daß er sich in diesem Zusammenhang an die Worte Frederik Funkals erinnerte. Nicht überall, wo Hessischer Ministerpräsident draufsteht, ist auch Hessischer Ministerpräsident drin. Er wußte um der makabren Wortwahl und grinste trotzdem.
„Was ist denn daran lustig?“ fragte Maria, sichtlich irritiert.
Jetzt wurde es kompliziert. Herr Schweitzer versuchte sich an das zu erinnern, was Maria zuvor gesagt hatte und woraufhin er an die falsche Verpackung des abgelebten Frankfurter Stadtverordneten hatte denken müssen. Allerdings spielte ihm sein Gedächtnis einen Streich, was sehr selten vorkam. So hielt er es für angebracht, auch um nicht noch mehr Gedankenchaos zu verursachen, Maria sein Grinsen zu erklären. Außerdem war es eine günstige Gelegenheit, den Humor seiner Herzensdame auszuloten. So geschah es. Mit ernster Miene rezitierte er den Polizeiobermeister Frederik Funkal, den sie ja auch schon das Vergnügen hatte kennenzulernen. Damals im Frühzecher.
Dann trat eine Stille ein, die dauerte. Unangenehm dauerte. Simon Schweitzer glaubte schon, einen die Harmonie zwischen ihnen störenden Humorunterschied konstatieren zu müssen, als sich Marias Gesichtszüge aufreizend langsam entspannten und sich zu einem heiteren Lächeln formierten. „Du bist mir vielleicht einer.“
Gott sei Dank. Herr Schweitzer war sehr erleichtert ob ihrer Reaktion und hatte das Gefühl, daß ihre noch junge und zarte Beziehung die Feuertaufe bestanden hatte. Er suchte nach Worten für sein Glück, fand keine und kam mit sich überein, daß Worte soviel Glück, wie er gerade empfand, sowieso gar nicht fassen konnten.
„Aber was ist jetzt mit Daniel Fürchtegott?“
Aha. Da war er wieder, der Gesprächsfaden von vorhin. „Ja natürlich. Habe ihn neulich nach über zwanzig Jahren wiedergetroffen. Daniel Fürchtegott, ein guter Mensch.“
Simon Schweitzer führte sein Glas an die Lippen. „Warum fragst du?“
„Weil mir Karin neulich erzählt hat, daß dieser Daniel Fürchtegott völlig unerwartet bei ihr aufgetaucht sei. Und ich hatte den Eindruck, daß sie das …, wie soll ich sagen?, etwas aus der Bahn geworfen hat.“
Seltsam, dachte Herr Schweitzer, warum hat mir Daniel Fürchtegott nichts davon erzählt? Im Café Windhuk wäre dafür doch genug Zeit gewesen. Oder war es, weil Apostel Guntram Hollerbusch dabei war und er in dessen Gegenwart aus Rücksicht nicht von Karin reden wollte. Simon Schweitzer blickte nicht mehr durch in dieser äußerst verworrenen Angelegenheit, in der die Gegenwart irgendwie mit der Vergangenheit verstrickt sein mußte. Aber wie? Und war sie das nicht immer, mit der Vergangenheit verstrickt? Herr Schweitzer merkte, wie er alles nur noch komplizierter machte und nahm sich vor, bei Gelegenheit mal darüber nachzudenken. Doch heute abend nicht. Da galt es, andere Wege einzuschlagen. Wie den der Liebe zum Beispiel. Trotzdem fragte er neugierig: „Hat Karin sonst noch was gesagt?“
Maria von der Heide überlegte kurz und meinte dann entschieden: „Nein. Aber bei Karin weiß man in letzter Zeit sowieso nicht, woran man ist und was sie wie gemeint hat. Ich glaube, ihre Schwester Hannelore kümmert sich prima um sie.“
„Armes Mädchen“, sagte Herr Schweitzer und hatte damit wieder einige Pluspunkte bei Maria auf der Sensibilitätsskala ergattert.
Ein Nachtfalter flog in die Flamme der Fackel und erstarb zischend. Maria verteilte den Rest des Portweins. Simon Schweitzer hatte, ohne es zu merken, einen Großteil der Chips in sich hineingefuttert.
Es war schon nach der mitternächtlichen Stunde, als man sich endlich zu Bette begab. Beiderseits stellten sich nochmals die in dieser Frühphase unvermeidlichen sexuellen Gedanken ein, die aber letztendlich nicht weiterverfolgt wurden. Kaum lag Simon Schweitzer, gab er Maria einen Gutenachtkuß, gähnte aus der Tiefe seines Leibes und schlummerte auch schon.
Im Mondlicht, das durch die Gardinen drang, besah sich Maria ihre Eroberung, und ihr ward ganz wohlig im Bauch ob Herrn Schweitzers seligen und unschuldigen Schlafs. Sie war sehr zufrieden mit der Welt.
Kurz nach Sonnenaufgang wachte Simon Schweitzer das erste Mal auf. Er mußte
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