Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)
wird das wieder als kommunistischen Angriff auf ein deutsches Großreich interpretieren und dann den Vorschlag machen, dieses Gesocks doch bitteschön an die Wand zu stellen.“
„Hört sich nach Blockwart an.“
„Rybelka ist quasi ein Bilderbuchblockwart alter Schule.“
Oben hing der Seehund am Bord, und so schlichen sich die beiden in Simon Schweitzers Zimmer. Der Gastgeber trieb im Vorratsschrank noch eine Dose Erdnüsse und eine Flasche Tonicwater auf. Keinen Alkohol mehr, heute. In Unterwäsche machte man es sich auf dem Bett bequem, und Simon Schweitzer erzählte die Geschichte um den Tod Schwarzbachs, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Ganz vage umriß er den Umstand, daß der Startbahnmörder nun seinerseits von der Vergangenheit eingeholt und dahingemeuchelt worden ist. Und zwar von Polizeiorganen höchstselbst.
„Das ist ja ein Ding. Weiß Karin davon?“
„Nein, natürlich nicht. Auch ich weiß nichts davon. Keiner weiß davon. Es gibt nicht den geringsten Beweis, und den wird es auch nie geben. Das ist ja das Unheimliche.“ Herrn Schweitzer verlangte es stark nach ein paar Streicheleinheiten, aber das hätte zum jetzigen Zeitpunkt zu sehr nach Angst vor ebendiesem Unheimlichen ausgesehen. Das ging auf keinen Fall.
„Ach, du Ärmster“, sprach Maria und schmiegte sich geschlechterrollengerecht an Simon Schweitzer. „Das muß dich doch sehr mitnehmen.“
„Geht so.“
Späterhin, nach dem Verzehr der Erdnüsse, legte man noch einen formvollendeten Sexualakt hin, und dann war Ruhe im Karton. Das heißt, nicht ganz, denn Maria schlief zwar, doch Herr Schweitzer wurde von Gespenstern in Strohpuppenbekleidung heimgesucht und schreckte oft aus dem Schlaf auf.
Zum Sonnenaufgang schlief Simon Schweitzer dann doch noch ein. Als er aufwachte, begrüßte ihn ein nahezu elysischer Morgen. Keine Spur von Wolkenbildung oder blödem Regen. Sein Bijou schlummerte noch selig, jedoch mit ersten Anzeichen von Erwachen wie unruhiges Beinetreten. Herr Schweitzer lag auf dem Rücken und gönnte sich noch ein halbes Stündchen, in dem er der Schokoladenseite des Lebens gedachte. Der allgemeine Sittenverfall im einzelnen sowie der abgelebte Klaus-Dieter Schwarzbach im besonderen konnten noch warten. Ebenso der Apostel, der zwar noch Apostel, aber nicht mehr inhaftiert war, was Herr Schweitzer auch sogleich erfahren sollte. Das Telefon klingelte nämlich.
Es war Karin Schwarzbach, die ihm aufgeregt von der noch gestern abend erfolgten Freilassung Guntrams erzählte. Ob er noch keine Nachrichten gehört habe? Nein, habe er nicht. Dann wisse er auch noch nichts von der für morgen angesetzten Beisetzung ihres Gatten? Die forensische Medizin habe ihn jetzt freigegeben. Nein, auch davon höre er zum ersten Mal. Ob er denn wenigstens käme? Herr Schweitzer sagte Ja, um die psychische Genesung der labilen Karin nicht zu gefährden. Er war sich aber hundert pro sicher, daß er dieser verlogenen Veranstaltung fernbleiben würde. Auf zehn Uhr sei die Beerdigung terminiert. Er dankte, wünschte Guten Tag und legte auf.
Mit diesem Anruf war die Verbindung zu gestern und Frederik Funkal wieder hergestellt. Herr Schweitzer ging Kaffee kochen.
Bei der zweiten Tasse erschien die holde Maid. „Guten Morgen, Simon. Bist du schon lange auf?“
„Ein Stündchen vielleicht.“
„Gut, dann bist du ja ausgeschlafen.“
„Ja.“ Er erwähnte nichts von seinen Einschlafschwierigkeiten. Marias apartes Lächeln bereitete ihm Zuversicht.
„Was gibt’s zum Frühstück?“
Die Frage erinnerte ihn an die Unterschiedlichkeit der Menschen und die Kompromisse, die man in einer Beziehung einzugehen hatte. Während er, Simon Schweitzer, den Tag meist gemütlich begann, brauchte Maria sofort etwas Festes in den Magen, ansonsten konnte sie sehr unleidlich werden. Herr Schweitzer scheute keine Mühe: „Ich geh Brötchen holen. Du kannst ja derweil den Tisch decken.“
„Mach ich. Sag mal, hast du vielleicht eine Zahnbürste für mich?“
Anderthalb Stunden später, so gegen Mittag, war der Tisch krümelübersät, und Maria schenkte den letzten Rest Kaffee nach.
„Was machst du heute?“
„Ich weiß nicht.“ Herr Schweitzer hatte tatsächlich weder Plan noch Ahnung.
Maria hingegen schien in Schaffensfreude zu schwelgen. „Ich glaube, ich sollte mich heute künstlerisch austoben. Das Wetter ist traumhaft, meine Laune ist prächtig. Beste Voraussetzungen also.“
„Ja.“
„Du denkst immer noch an die Geschichte von
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