Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)
Frederik Funkal ein Geheimnis mit sich trug, welches für die Aufklärung des Schwarzbachfalls nützlich sein könnte. Doch in dem Trunkenheitsgrad Funkals konnte ebenso Fährnis lauern wie in einer unbedachten Vorgehensweise Simon Schweitzers. Man war an einem Heikelpunkt angelangt.
Herrn Schweitzer blieb nichts anderes übrig, als seiner Intuition zu vertrauen. Und diese empfahl ihm dringend, einfach nur abzuwarten. Er bestellte ein neues Bier. Die Zeit nutzte er, indem er die letzten Begegnungen mit dem Polizisten Revue passieren ließ. Und so peu à peu erarbeitete er ein paar Fragen, die einer Klärung bedurften. War es zum Beispiel die Regel, daß einem simplen Polizeiobermeister Ermittlungsergebnisse vom Bundeskriminalamt bekannt sein konnten, bevor die Presse davon erfuhr? Wenn er, Herr Schweitzer, sich richtig erinnerte, wußte Frederik schon letzten Donnerstag, daß die vor einundzwanzig Jahren an der Startbahn West ermordeten Polizeibeamten mit derselben Waffe wie der Frankfurter Stadtverordnete erschossen worden waren. Funkal hatte sich darüber lustig gemacht, wie Klaus-Dieter Schwarzbach es fertiggebracht haben mochte, sich erst zu erschießen, dann in alte Kleidung zu nähen und sich schließlich noch aufzuhängen. Simon Schweitzer wußte wenig über Polizeiarbeit an sich und über das besondere Verhältnis des Bundeskriminalamtes zu den einzelnen Polizeirevieren, aber trotzdem ahnte er, daß hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Und wenn er jetzt die falsche Frage stellte, würde sich Frederik möglicherweise in sein Schneckenhaus zurückziehen und auf ewig schweigen. Und dann könnte er, Simon Schweitzer, die Kastanien womöglich nie aus dem Feuer holen, und Apostel Hollerbusch wäre für den Rest seines Lebens bei Wasser und Brot im Kerker eingepfercht. Dazu durfte es nicht kommen. Ihm deuchte, daß er jetzt sehr, sehr behutsam vorgehen mußte, um die Aufklärung nicht zu gefährden.
Also nahm Herr Schweitzer den Faden wieder auf: „Scheißjob.“
„Was?“ Funkal war sichtlich irritiert.
„Na, Polizei. Wenn man nicht mal unschuldige Pfarrer auf freien Fuß setzen darf.“
„Wer sagt das denn?“
„Na du. In gewisser Weise.“
Der Polizeiobermeister fing an nachzudenken. An der furchigen Stirn erkannte Simon Schweitzer die Intensität des Vorganges. Nach einer Weile beäugte Funkal den Herrn Schweitzer und schien ihn abermals auf Vertrauenswürdigkeit zu prüfen. Dann sprach er: „Das mit dem Pfarrer ist scheiße. Daran ist nur der Hansen schuld.“
Who the fuck is Hansen? „Wer ist Hansen?“
„Hansen. Paule Hansen. Unser Revierleiter.“ Frederik beugte sich ganz nah an Simon Schweitzers Ohr und flüsterte: „Der hat nämlich den Schwarzbach abgemurkst, verstehst du?“
Das war ungeheuerlich. Augenblicklich richtete sich Herr Schweitzer kerzengerade auf, als könne er damit weiteres Unheil von seinem linken Ohr fernhalten, und blickte in die leicht rot geäderten Augen Funkals. Das rechte zwinkerte ihm kumpelhaft zu. Die Neugier marginalisierte den Schrecken. Jetzt war es Simon Schweitzer, der sich zu dem Polizeiobermeister beugte und im Flüsterton sprach: „Du meinst, Paule Hansen hat Schwarzbach, zack, abgemurkst?“
„Sag ich doch.“
So, das wäre also geklärt. Herr Schweitzer bemühte sich um einen Gesichtsausdruck, der signalisieren sollte, daß es sehr dumm von ihm war, nicht schon eher drauf gekommen zu sein. „Soso, der Paule Hansen also. Alter Schlingel aber auch. Warum eigentlich?“
„Warum was?“
„Na, warum hat Paule den Schwarzbach ins Jenseits befördert. Doch nicht aus Jux und Dollerei.“
„Nee, natürlich nicht. Aber das jetzt zu erklären, würde den Rahmen sprengen“, dozierte Frederik erstaunlich nüchtern und auch ein wenig genant.
„Versuch’s doch einfach mal.“
„Aber nicht weitersagen, okay?“
„Wenn du dafür sorgst, daß man den Guntram frei läßt.“
Herr Schweitzer war gespannt wie ein Flitzebogen. Der Polizeiobermeister verfiel erneut ins Grübeln. Dann sagte er: „Versprechen kann ich das nicht, aber ich werde mir Mühe geben, okay?“
Simon Schweitzer nickte.
„Paule Hansen hatte mal zwei Kumpels. Prima Kumpels. Wurden leider ermordet. Vor einundzwanzig Jahren. Draußen an der Startbahn West. Du erinnerst dich?“
Und ob. Herr Schweitzer bejahte.
„Ich war ja damals noch nicht bei dem Verein. Auf alle Fälle kam vor ungefähr zwei Wochen ein anonymer Anruf, der uns mitteilte, daß Klaus-Dieter Schwarzbach
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