sind große Klasse
konnte. Bald würde man sie bewundern. So, wie man Tessie bewunderte. Sicher spielten sie in Lindenhof auch Handball. In Handball war sie gut gewesen, hier würde sie noch besser werden. Die Beste!
Die erste Unterrichtsstunde am nächsten Morgen war Französisch. Mamsell, während der Nacht von Rheuma geplagt und deshalb schlechter Laune, ließ eine Arbeit schreiben. Als sie ihre Absicht verkündete, ging ein Stöhnen durch die Klasse, das in ergebener Resignation verebbte, wie eine Welle am Strand.
„Du schreibst natürlich auch mit, ma chère Beatrice“, sagte Mamsell und verzog das Gesicht, weil ihr Knie rumorte. „Selbstverständlich werde ich deine Arbeit heute nicht benoten, sondern mir nur ein Bild davon machen, was du kannst und was nicht. Jede neue Schülerin hat bei uns zwei Wochen Schonzeit.“
Trix nickte. „Danke, Mademoiselle, ich werde mich bemühen.“
„Sie heißt Mamsell bei uns, nicht Mademoiselle, das ist kürzer“, zischte ihr Carlotta zu, die hinter ihr saß.
Trix verstand sie nicht. Mamsell dagegen hörte das Flüstern und grinste mit ihren angegilbten Pferdezähnen.
„Keine Sorge, Carlotta, sie wird schnell genug lernen, wie ihr das nette französische Wort Mademoiselle verschandelt, weil ihr sogar für die eine kleine Silbe schon zu faul seid ...“
Sie war nicht ärgerlich. Seit so vielen Jahren hieß sie bei den Lindenhofer Mädchen Mamsell, dass sie beinahe traurig darüber gewesen wäre, hätte man sie auf einmal korrekt mit Mademoiselle angeredet. Sogar Frau Theobald nannte sie so, wenn sie von ihr sprach.
In der zweiten Stunde - es war Mathematik - brach der allgemeine Katastrophenzustand aus. Die Klassenarbeiten der vergangenen Woche wurden zurückgegeben. Außer Petra und Jenny hatten alle mehr oder weniger versagt. Hanni und Nanni trugen ihre schlechten Noten mit Fassung.
Erst nach der Pause heiterten sich die Gemüter auf. Der Sportunterricht fand diesmal ausnahmsweise im Sitzen statt. Jeden Sommer spielte Lindenhof gegen das Mädcheninternat der Nachbarstadt um den Handballpokal, den eine ehemalige Lindenhofer Schülerin und Hochleistungssportlerin gestiftet hatte. Inzwischen war diese Schülerin Anfang vierzig und mit drei Kindern sozusagen in Pension gegangen. Der Pokal war geblieben. Ein hässliches Silberding, aus dem die siegreiche Mannschaft nach dem Wettspiel Johannisbeersaft mit einem Schuss Sekt darin zu schlürfen pflegte. Es gab immer ein paar Mädchen, die nicht richtig tranken, sondern nur so taten als ob. Weil ihnen grauste. Sie behaupteten, einige würden in den Pokal spucken, sei‘s mit Absicht, sei‘s aus Versehen. Doch es war nur eine Minderheit, die sich zurückhielt, der große, hässliche Pokal wurde jedes Mal leer. Nach dem Festakt erhielt der Silberbecher einen Ehrenplatz in der betreffenden Schule. Bis zum nächsten Spiel.
Die Mädchen hockten in der Turnhalle auf dem Boden. Marianne, die „sportleitende Schülerin“ von Lindenhof, stürmte im Trainingsanzug herein. Sie lief fast immer im Trainingsanzug herum. Am liebsten wäre sie in dieser Aufmachung auch zum Essen erschienen, doch das hatte Frau Theobald ihr rasch abgewöhnt.
„Also, Kinder“, sagte Marianne und keuchte ein bisschen, denn sie war nicht nur gelaufen, sondern gerannt. Sie rannte gern, auch wenn es nicht nötig war, das gehörte zu ihrer Auffassung von Sportlichkeit. „Also, wir haben zwei Wochen Zeit bis zum Spiel gegen die Steinbergerinnen. Zwei Wochen, um unsere Mannschaft aufzustellen. Klar, dass ich mir schon Gedanken deswegen gemacht habe, ich kann mein Hirn schließlich nicht im Kühlschrank deponieren. Aber es steht noch nichts fest, jede von euch kann sich qualifizieren. Natürlich wisst ihr, dass bloß zwei oder höchstens drei von euch dabei sein werden. Die anderen Klassen der Unterstufe haben ein paar wirklich gute Spielerinnen. Ihr seid dieses Jahr nicht gerade in Topform. Hanni und Katrin, gut, aber die anderen? Was ich euch fragen wollte: Seid ihr einverstanden, wenn ich in den nächsten Tagen außer der Reihe einige Trainingsspiele ansetze?“
Sie waren einverstanden. Handball war der Sport in Lindenhof. Sicher, es gab auch Tennis und Schwimmen und die übliche Leichtathletik, Laufen, Springen, aber Handball war am wichtigsten. Vielleicht lag es an dem Silberpokal, den sie alle verspotteten und auf den sie doch unheimlich stolz waren, wenn er ein Jahr lang in der Vitrine im Aufenthaltsraum stand.
Trix hörte mit glänzenden Augen zu. Das war ihre
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