sind große Klasse
Namen, wenn man sie genau betrachtete. Sie war Beatrix. Sie hatte keine Feindinnen in ihrer Klasse gehabt, aber auch keine Freundinnen. Nein, das stimmte nicht ganz. Im letzten Jahr war sie mit Conny und Sandra befreundet gewesen. Sie waren neu dazugekommen. Drei Außenseiterinnen hatten sich zusammengetan. Manchmal war es nett gewesen mit den beiden, erinnerte sich Trix. Nett und lustig. Und manchmal ... Nein, daran wollte sie jetzt nicht denken. Das war vorbei. Vergessen. Hier in Lindenhof würde sie neu anfangen.
Trix schüttelte sich die kurzen Haare aus der Stirn. Warum dachte sie dauernd an die alten Geschichten?
Es war eine gute Idee der Eltern gewesen, sie nach Lindenhof zu schicken, fand sie. Sie war sofort einverstanden gewesen. Vielleicht konnte sie hier beweisen, dass sie gut war. Dass sie genauso gut war wie Tessie, die Ältere, die Hübschere, die Erfolgreichere, genauso gut wie Tessie, die von allen geliebt und bewundert wurde. Tessie konnte einfach alles.
Das Einzige, was sie und Tessie gemeinsam hatten, waren die großen, hellblauen Augen. Tessie war nicht stämmig, sondern groß und schmal. Sie hatte keine fettigen Haare und niemals einen Pickel. Sie war bildhübsch, sie war Klassensprecherin und Schulsprecherin. Sie hatte mehrere Pokale im Tennis nach Hause gebracht, die auf ihrem Schrank verstaubten, sie sang im Chor ab und zu ein Solo und im alljährlichen Theaterstück der Schule spielte sie natürlich die Hauptrolle. Tessie war die geborene Prinzessin. Sie glitzerte und glänzte überall. Dabei war sie ein lieber Kerl. Sie nahm alles, was ihr zufiel, nicht übermäßig ernst, und wenn ihr ausnahmsweise einmal etwas misslang, regte sie sich nicht darüber auf. Beinahe jeder hatte sie gern. Auch Trix. Sie liebte ihre Schwester. Und sie beneidete sie glühend. So sehr, dass es wehtat. Deshalb war sie glücklich, in Lindenhof zu sein.
Sie schaute sich um. Der Speisesaal war hell und freundlich, die Abendsonne schien durch die Sprossenfenster und bemalte die Tische mit goldenen Karos. Hier konnte es einem gefallen. Frau Theobald hatte sie herzlich empfangen. Die Mädchen waren nett. Ihr Zimmer hatte sie nur kurz gesehen, sie fand es gemütlich. Ja, dachte Trix und freute sich, hier wollte sie zeigen, dass sie genauso gut war wie Tessie. Natürlich auf andere Weise. Dass sie nie wie Tessie sein konnte, wusste sie. Sie war nicht so hübsch, nicht so musikalisch, fürs Theaterspielen hatte sie kein Talent und hatte auch gar keine Lust dazu. Aber sie war eine gute Sportlerin. Vor allem beim Handball hatte sie ausgezeichnete Leistungen gebracht. Leider hatte es nie dazu gereicht, dass sie die Beste oder die Zweitbeste geworden wäre. Im Sport war es wie in Englisch, Mathematik und Deutsch: Trix war gut, sehr gut sogar, aber nicht Spitze. Im letzten Zeugnis hatte sie eine Eins in Deutsch gehabt, als Anerkennung für ihre klaren, intelligenten Aufsätze. Doch niemals wurde einer ihrer Aufsätze vorgelesen. Und die Eltern belohnten die gute Note zwar mit einem freundlichen „Wunderbar“ und zehn Mark Prämie, aber gleich darauf sprachen sie wieder mit Tessie über das Tennisturnier, das die Schwester gewonnen hatte.
„Du träumst wirklich mit offenen Augen“, lachte Hanni.
„Wie bitte? Was hast du gesagt?“, fragte Trix verwirrt.
„Ich habe gar nichts gesagt. Aber das Essen ist vorbei. Und Bobby meinte, vielleicht möchtest du in dein Zimmer gehen und auspacken und dich häuslich einrichten. Sie zeigt dir gern alles, den Waschraum, die Toiletten und so weiter.“
„Klar“, nickte Bobby. „Ich bin nur mit meinem zarten Stimmchen nicht bis zu dir vorgedrungen.“
Die anderen lachten. Bobby hatte das, was man höflich als kräftiges Organ bezeichnet. Wenn sie guter Laune war, und das war sie meistens, schmetterte sie durchs Haus wie eine Posaune.
„Wenn du magst, begleite ich dich zur Hausmutter“, sagte Bobby. „Von der bekommst du Bettwäsche und Handtücher und all den Kram.“
Die beiden verschwanden, während die Mädchen sich verteilten. Die meisten setzten sich in den Aufenthaltsraum, um zu lesen, zu stricken, zu reden oder Musik zu hören; einige machten es sich auf der Terrasse bequem. Die Zwillinge, Carlotta, Jenny und Elli bevorzugten den Garten. Genauer gesagt, den Küchengarten. Hier hatte man seine Ruhe, hier wuselten die Erstklässlerinnen nicht herum, hier duftete es nach Salbei, Thymian, Majoran und Liebstöckel. Hier kam gelegentlich Schnurr vorbei, der schwarze Kater
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