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Sind Sie hochsensibel?

Sind Sie hochsensibel?

Titel: Sind Sie hochsensibel? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: mvg verlag
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einem positiven Licht sehen. Am besten betrachtet man diesen Wesenszug als neutral. Er wird erst dann zum Vor- oder Nachteil, wenn man in ganz bestimmte Situationen gerät. Da erhöhte Reizempfänglichkeit bei allen höheren Tierarten vorkommt, ist anzunehmen, dass diese Eigenschaft durchaus in vielen Situationen ihre Berechtigung besitzt. Ich vermute, dass Hochsensibilität bei allen höheren Lebewesen in einem bestimmten Prozentsatz vorhanden ist, weil es immer notwendig ist, wenigstens ein paar Artgenossen um sich herum zu haben, die ständig auf der Hut sind und bereits kleinste Signale wahrnehmen können. 15 bis 20 Prozent scheint genau der richtige Anteil zu sein, den man braucht, um wachsam zu bleibengegenüber Gefahren, neuen Futterquellen, den Bedürfnissen der Jungen und Kranken und gegenüber den Gewohnheiten anderer.
    Selbstverständlich ist es ebenso gut, auch einige in der Gruppe zu haben, die nicht in jeder Situation eine Gefahr oder verhängnisvolle Folgen wittern. Sie stürmen vorwärts in der Absicht, alles Neue zu erforschen oder für die Gruppe oder ihr Gebiet zu kämpfen. Jede Gesellschaft braucht beide Typen. Vielleicht benötigen wir nur deswegen mehr von den Nichtsensiblen, weil tendenziell auch mehr von ihnen umkommen. Das sind natürlich alles Spekulationen.
    Ich nehme jedoch auch an, dass die menschliche Spezies von HSM mehr profitiert als irgendeine andere Tierart. HSM sind gerade in den Dingen gut, die Menschen eben von Tieren unterscheiden: Wir überlegen uns Auswege. Wir Menschen und besonders HSM sind uns der Vergangenheit und der Zukunft ganz deutlich bewusst. Wenn nämlich die Notwendigkeit Vater des erfinderischen Gedankens ist, dann müssen HSM häufiger Zeit damit verbringen Lösungen für menschliche Probleme zu finden, da sie ja gegenüber Hunger, Kälte, Unsicherheiten, Erschöpfung und Krankheiten viel sensibler reagieren als andere.
    Manchmal wird von Menschen mit unserem Persönlichkeitsmerkmal gesagt, dass sie weniger fröhlich sind oder sich weniger freuen können. 20 Natürlich können wir unglücklich und schlecht gelaunt erscheinen, zumindest in den Augen von Nicht-HSM, weil wir so viel Zeit damit verbringen, über den Sinn von Leben und Tod nachzudenken und darüber, wie schwierig alles ist – diese Gedanken sind aber alles andere als Schwarz-Weiß-Malerei. Da die meisten Nicht-HSM sich über solche Dinge nicht gerne Gedanken machen, nehmen sie an, dass wir so viel grübeln, weil wir unglücklich sind. Wir werden aber auch nicht gerade glücklicher, wenn sie uns sagen, dass wir unglücklich aussehen (ihrer Definition von Glücklichsein zufolge) und dass wir ein Problem für sie darstellen, weil wir uns nicht zu freuen scheinen. Solche Vorwürfe können jeden traurig stimmen.
    Aristoteles brachte es auf den Punkt, indem er die rhetorische Frage stellte: „Möchten Sie lieber ein glückliches Schwein oder ein unglücklicher Mensch sein?“ HSM bevorzugen das gute Gefühl, alles bewusst zu erleben, sehr menschlich zu sein, selbst wenn man nicht immer Grund zur Freude hat, weil man sich der Dinge genau bewusst ist.
    Allerdings bedeutet das nicht, dass Nicht-HSM Schweinen ähneln. Ich weiß genau, dass irgendjemand sagen wird, ich würde aus uns eine Elite machen wollen. Mit den meisten HSM würde das aber sowieso nur fünf Minuten lang gut gehen, weil sie sich schon sehr bald schuldig fühlen würden für ihr Überlegenheitsgefühl. Ich bin bloß da, um uns zu ermutigen, damit wir uns gleichwertig gegenüber anderen fühlen.
    Vererbung oder Erziehung
    Einige von Ihnen werden vielleicht überlegen, ob Sie dieses Persönlichkeitsmerkmal wirklich geerbt haben, besonders dann, wenn Sie sich an die Zeit erinnern, als Sie Ihre Sensibilität das erste Mal wahrnahmen beziehungsweise als diese sich zu verstärken begann.
    In den meisten Fällen wird Sensibiltät vererbt. 21 Die Beweislage dafür ist eindeutig und hauptsächlich anhand von Studien eineiiger Zwillinge belegt, die zwar getrennt aufwuchsen, aber ähnliche Verhaltensmuster zeigten – was die Vermutung nahe legt, dass Verhalten zumindest zum Teil genetisch bedingt ist.
    Auf der anderen Seite stimmt es nicht immer, dass nach einer Trennung beide Zwillinge denselben Wesenszug haben müssen, selbst wenn es sich um eineiige Zwillinge handelt. Beispielsweise

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