Sind wir bald da
werde.
Montag, 29. Juni
Also. Ich habe inzwischen eine Geburtstagsparty hinter mich gebracht, die dann doch in Summe vierzehn Stunden gedauert hat. Von Freitag 16 Uhr bis Samstag 6 Uhr. Das ist relativ anstrengend, und ich war dann auch rechtschaffen müde. Noch bin ich nicht vierzig, aber es ist nur mehr eine Frage von Tagen. Die Menschen haben ja die letzten Tage hauptsächlich damit zugebracht, über die für die Jahreszeit sehr unüblichen Regengüsse zu lamentieren. Vornehmlich über Facebook oder Twitter . Erst hat Michael Jacksons Tod angeblich das Internet zum Erliegen gebracht (er ist völlig unpassender Weise am Tag meiner Geburtstagsparty verstorben), und dann haben die Menschen, zumindest in Österreich, offenbar nichts Wichtigeres im Kopf als den Regen.
Michael Jackson und Regen also. Das sind die zwei Dinge, die von der Menschheit in Erinnerung bleiben, wenn die Erde genau jetzt explodiert und Außerirdische den Datenverkehr unserer letzten Tage analysieren. Das Internet ist da ein bisschen wie die Blackbox bei einem Flugzeug. Es wird alles aufgezeichnet, und im Falle eines Crash kann man nachvollziehen, was wie wo wann passiert ist.
Ich verstehe eines nicht: Wenn man eine Blackbox so konstruieren kann, dass sie tausendprozentig jeden Unfall, jedes Inferno unbeschadet überlebt, damit man ihre Daten auswerten kann, wenn man minutiös jeden Pilotenfehler rekonstruieren kann, genau analysieren kann, wann welcher Passagier wie und wo im freien Fall zehntausend Meter in die Tiefe gestürzt ist... warum konstruiert man dann nicht gleich das ganze Flugzeug wie eine Blackbox? Wäre doch eine Idee. Die Menschen im Flugzeug genauso liebevoll zu beschützen wie die Daten in der Blackbox. Denke ich mir halt. Aber gut, ich bin ein Laie und eh schon wieder ruhig.
Sechzehn St. Jakobs habe ich gefunden!!!! 16!!! Wahnsinn. Und dabei habe ich nicht einmal besonders sorgfältig gesucht. Einfach ein bisschen gegoogelt .
Gut, zwei St. Jakobs liegen in Südtirol. Aber das ist praktisch eh wie Österreich. Ein bisschen zumindest. Für Italiener ist es wie Deutschland, für Deutsche wie Österreich, und die Südtiroler selbst werden fuchsteufelswild, wenn man irgendetwas anderes als Südtirol zu Südtirol sagt. Ist mir jetzt aber alles ein bisschen egal. Zwei St. Jakobs habe ich jedenfalls ob der Etsch gefunden, und ich werde auch in ihre Nähe kommen, vielleicht sogar bis ins Ortszentrum. Ich lerne: Vorfreude ist die schönste Freude.
Wenn die Menschen, die ihre plötzliche Liebe zu Michael Jackson entdeckt haben, auf Facebook nicht gerade darüber lamentieren, dass es draußen regnet (oder, das Schlimmste, ihre Profilfotos grün einfärben, um zu demonstrieren, dass sie mit den Menschen im Iran ur total und super solidarisch sind... (eine billigere, unverbindlichere Methode, sich in einer gerechten Sache als guter Mensch zu fühlen, gibt es ja wohl nicht)), dann hinterlassen sie bisweilen seltsame Nachrichten. Ja, auch ich. Ich gebe es zu. Ich wiederhole an dieser Stelle einen meiner letzten Status-Updates: »Warum leben Blumen nicht im Wasser, wenn sie so viel davon brauchen ?« Da war ich wohl gerade ein wenig genervt vom ausgiebigen Blumengießen und hatte mitten in der Hitzeperiode einen spontanen Anfall von kreativer Philosophie. Nachher ist man immer klüger. Und ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Jetzt, mit einigen Wochen Abstand, ist mir das schon wieder ein bisschen peinlich. Was soll’s.
Vorgestern habe ich beschlossen, zum Religionsgründer zu werden. Oder so ähnlich: »Clemens Haipl will eine Bande gründen. Wer macht mit ?« Zur Stunde habe ich mit dieser Verlautbarung siebenundsechzig Kommentare provoziert. Nicht schlecht, Herr Specht. Siebenundsechzig Kommentare, nur weil ich offenbar den passenden Unfug gepostet habe. Das ist deutlich mehr, als man bei einer durchschnittlichen Radiosendung Anrufer erwarten kann. Das ist definitiv viel mehr, als die meisten Printmagazine an Leserbriefen bekommen. Obwohl sie eine Woche bis einen Monat darauf warten. Insofern, ich bin begeistert. Ist das das lang ersehnte Signal für den großen Umbruch? It’s the end of the Medienwelt as we know it?
Während ich so vor mich hin fantasiere, trudeln Kommentar 68 und 69 ein. Wahnsinn! Ich fürchte nur, das liegt nicht an mir. Nicht ich bin so toll, die Welt ist so banal. Hm. Ich muss aufs Klo. Und meinen Tee austrinken. Beides erledigt. Die Welt und meine Sicht darauf haben sich nicht geändert. Aber in
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