Sine Culpa
Geld. Dann habe Wendy Smart aus ihrer Klasse Paul und Taylor im Wyndham Wood gesehen, wo sie »so Sachen« gemacht hätten. Nightingale musste bald eine Pause machen. Sie fühlte sich schon vom Anhören des Bandes irgendwie schmutzig. Nachdem sie noch mehr Wasser getrunken hatte, spielte sie den Rest der Aufnahme ab, der aber nur noch wenig hergab. Mit Sicherheit war auch Wendy befragt worden, aber auch diese Aussage war nicht ordnungsgemäß abgelegt worden und ruhte wahrscheinlich noch in einer der anderen Kisten.
Sie hatte einen steifen Hals, ihre Finger waren grau von Staub. Es war Zeit, nach Hause zu fahren, aber ihr graute vor der leeren Wohnung, und sie war sich nur allzu sehr des Schmerzes bewusst, den ihre Arbeitswut in Schach hielt. Sie starrte einen Moment auf die noch unbearbeiteten Akten, dann zwang sie sich, die nächste Kiste zu öffnen. Hier bestand der Inhalt größtenteils aus den Aussagen von Leuten, die behaupteten, Paul oder Bryan oder beide gesehen zu haben. Sie waren überwiegend uninteressant, und Nightingale überflog sie rasch; eine jedoch ließ sie aufmerken, da sie den Namen schon einmal gelesen hatte, und sie notierte sich Name und Anschrift des Zeugen.
Mit dem zweiten Aktenstapel kam sie deutlich schneller voran, und sie war schon halb durch, als die Tür aufflog. Sie dachte, es wäre jemand von der Nachtschicht, der wissen wollte, wieso hier noch Licht brannte, doch als sie aufschaute, sah sie Fenwick hereinkommen. Wäre sie nicht so verletzt gewesen, die Mischung aus Verblüffung und Bestürzung auf seinem Gesicht hätte komisch wirken können. So jedoch sah sie ihre Stimmung lediglich bestätigt.
»Was willst du?«
»Ich suche Blite. Er ist nicht auf seinem Handy zu erreichen und bei ihm zu Hause ist auch keiner. Der A.C.C. ist außer sich, weil die Medien etwas über den Fall Hill bringen, und jetzt hat er mich eingespannt, weil er Rodney nicht finden konnte. Wie weit ist der bei der Suche nach dem Verfasser der Briefe?«
»Weiß ich nicht.«
»Und wo steckt er?«
»Hier jedenfalls nicht.«
Sie wandte sich wieder ihren Akten zu, obwohl sie die kaum noch sehen konnte. Fenwick überging ihre Abfuhr und machte einen Schritt auf sie zu. Sie wandte den Kopf ab, damit er ihr Gesicht nicht sehen konnte.
»Nightingale … Louise. Hör mal, das mit heute tut mir leid. Ich wusste gar nicht, dass du da warst.«
»Ja klar.« Sie biss sich auf die Zunge, war wütend auf sich selbst, weil sie etwas gesagt hatte, wo sie doch wild entschlossen gewesen war, den Mund zu halten.
»Ehrlich. Ich war hinten im Garten mit den Jungs beschäftigt und hab erst hinterher gemerkt, dass du nicht gekommen bist.«
Seine Worte trafen sie ins Herz. Anscheinend merkte er selbst, was er da gerade gesagt hatte, und er stotterte eine Entschuldigung.
»Nicht, dass wir dich nicht vermisst hätten oder so, es ist nur … na ja, ich war wirklich so beschäftigt … und hör mal, hättest du morgen Mittag Zeit, mit mir zu essen, oder vielleicht besser abends auf einen Drink? Ich wollte dich schon die ganze Zeit fragen.«
»Meine Güte, Andrew«, sagte sie mit tonloser harter Stimme, »vergiss es, ja?«
Nightingale nahm die Akten, an denen sie gesessen hatte, und warf sie in die Kiste, dann knallte sie den Deckel drauf, traf aber beim ersten Mal daneben. Sie warf die leere Wasserflasche in den Mülleimer und verfehlte erneut.
»Und wieso, bitte schön, hat der A.C.C. dich angerufen und nicht mich, wenn er Blite nicht finden kann?«
Das war eine berechtigte Frage, und er war es ihr schuldig, keine Ausflüchte zu machen.
»Weil, um es krass zu sagen, die Kacke am Dampfen ist, und er will jemanden dafür haben, der einen höheren Rang hat als du. Wir haben ein Riesenproblem am Hals, Nightingale.«
Er erzählte ihr rasch von den Nachrichten und was am nächsten Tag in der Zeitung stehen würde. Das reichte, um ihren ersten Zorn zu dämmen, und ihre natürliche Professionalität gewann die Oberhand.
»Wie kann ich helfen?«
Er war erleichtert, Sie wieder als Verbündete zu haben, denn er würde ihre Intelligenz und Energie dringend benötigen, wenn er den Fall retten wollte.
»Wir haben eine lange Nacht vor uns. Ich muss die Presseerklärung für den A.C.C. vorbereiten, und es wäre eine große Hilfe, wenn du jemanden von der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit an die Strippe kriegen könntest. Wir müssen alles zusammentragen, was wir über den Briefschreiber wissen, und rausfinden, wie weit Rodney
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